9.57.15

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich)|: Geschätzte Frau Minister Hartinger-Klein! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Bildung beziehungsweise Wissen kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene.

Ich habe über die Inhalte von zwei Strukturreformen gelesen: die eine von unserer blau-türkisen Koalition, und die andere ist eine von Minister Alois Stöger beauftragte Studie der LSE. Diese beiden Vorhaben unterscheiden sich nicht sehr stark, denn auch in der von Minister Stöger beauftragten Studie steht: Zehn Krankenanstalten sollten auf eine - - (Bundesrätin Mühlwerth: Ex-Minister!) – Ex-Minister, ja genau! Auch in dieser Studie steht jedenfalls: Die zehn Krankenanstaltengesetze sollten zu einem zusam­men­geführt werden; 10 Prozent Einsparung in der Verwaltung; gleiche Leistung für gleiche Beiträge; Abbau der Selbstbehalte und vieles mehr.

Ich verstehe jetzt aber die Diskussion nicht, warum die jetzige Reform auf einmal schlecht sein sollte und die von Ex-Minister Stöger positiv gewesen wäre. (Bundesrätin Mühlwerth: Falsche Regierung aus Sicht der SPÖ!)

Wir von der Landwirtschaft hätten uns schon 2005 eine Strukturreform gewünscht. Leider war damals die Ärztekammer dagegen, weil sie einfach bei den Beiträgen nicht mit uns mit wollte. Es ist jetzt aber sinnvoll, diese Strukturreform zu beschließen.

Ich erinnere an ein Zitat von Markus Hengstschläger, der einmal den Birkenspanner erwähnt hat: Der weiße Birkenspanner, der sich auf eine weiße Birke setzt, wird vom Vogel nicht gesehen. Der weiße Birkenspanner, der sich auf eine dunkle Birke setzt, wird hingegen gefressen. Somit haben sich auch die Birkenspanner verändert.

Ich glaube, es ist auch in der Politik und in der Sozialversicherung notwendig, in Zeiten wie diesen Veränderungen einzuleiten – und diese Veränderungen leitet die Bundes­regierung ein. Strukturreformen hat es immer schon gegeben, und wenn ich gerade vom Kollegen Pfister, den ich wirklich sehr schätze, höre, es würde eine Umfärbung stattfinden: Dann müsste ja schon etwas eingefärbt gewesen sein, oder? (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Genau, rot nämlich!)

Mir als Ländervertreter ist es wichtig, dass genau mit dieser Reform die Landärzte wieder aufs Land kommen. Derzeit haben wir das Problem, dass viele Ärzte in Zentren in Wien, in Salzburg, in den Städten sind – aber der Landarzt wird in Zukunft eine andere Aufgabe haben.

Wir sehen, dass in der entsprechenden Reform, wie Sie gesagt haben, hinsichtlich der Zusammensetzung der Gebietskörperschaften nun 5 : 5 vorgesehen ist. Im Vorstand war es bisher 1 : 4 – ein Arbeitgeberanteil und vier Arbeitnehmeranteile – und im Kon­trollausschuss 4 : 1 – vier Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer –; nun ist die Zusam­mensetzung 5 : 5. Wie schauen die Beiträge aus? – Sie wissen es: Bei den Sozial­versicherungsbeiträgen zahlen jeweils der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber die Hälfte. Daher, glaube ich, ist das gerecht: Wer zahlt, soll auch mitbestimmen.

Zu diesen Verunsicherungen, denn es sind ja wirklich viele Meldungen draußen: Diese Dinge sind ja teilweise auch schon in euren Ideen verankert gewesen, als ihr noch mit uns in einer Koalition gewesen seid, aber auf einmal sind diese Ideen negativ besetzt. Ich glaube, es ist wichtig, in Zeiten wie diesen, in denen Österreich auch hinsichtlich der Demografie einen Wandel vollzieht (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), sicher­zustellen, dass die Aufgaben der Landärzte erfüllt werden. Schon Frau Minister Oberhauser ist das Thema Primärversorgung angegangen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weshalb ich der verstorbenen Ministerin ein Dankeschön sagen möchte, denn es war ein Meilenstein, ein historischer Schritt für Österreich, entsprechende Reformen zu setzen.

So sind auch nun wieder Reformen wichtig, um das Funktionieren des Sozialsystems sicherzustellen, um Ärzte in den ländlichen Raum zu bringen und um die Menschen zu versorgen, damit nicht, wie der Kollege erwähnt hat, Betten in den Gängen aufgestellt werden müssen. Die Menschen sollen auf gleiche Art und Weise versorgt werden. Es soll keine Zwei- oder Dreiklassenmedizin geben – der eine hat vielleicht noch eine Beziehung zum Arzt, der andere keine Zusatzversicherung und noch ein anderer ist nur bei der Gebietskrankenkasse versichert. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Ich finde, dass wir uns da auf einem guten Weg befinden, es liegt aber noch viel vor uns. Es wäre wichtig, diesen Weg gemeinschaftlich zu beschreiten, in sozialpart­ner­schaftlicher Gemeinschaft, aber auch in koalitionärer Vielfalt. Wir haben sicherlich noch einen weiten Weg, bis wir am Ziel anlangen.

Im Sozialversicherungsbereich hat es in der Geschichte Veränderungen gegeben, so wie es auch in Zukunft Veränderungen geben wird. In diesem Sinne: Danke schön, Frau Minister! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.02

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. – Bitte.