12.25.06

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark)|: Geschätzter Herr Präsi­dent! Liebe Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren hier im Saal, vor den Fernsehgeräten und via Livestream! Auf­grund einer Dringlichen Anfrage haben wir uns am 30. Mai in diesem Haus bereits mit dem Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada auseinan­der­gesetzt. Bereits damals hat die Frau Bundesministerin in einer, wie ich meine, sehr kom­petenten und sympathischen Art und Weise darauf hingewiesen, dass dieses Han­delsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada ein sehr fortschritt­liches Handelsabkommen ist, das den österreichischen Unternehmungen viele Mög­lich­keiten einräumt und darüber hinaus auch auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, aber auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten in unserem Lande Auswirkungen hat.

Ich bin seit vielen Jahren sehr oft bei Betrieben zu Gast. Ich habe im vergangenen Jahrzehnt über tausend Betriebe in meinem Heimatbundesland, der Steiermark, be­suchen können, dort hinter die Kulissen blicken können. Ich habe mit den Firmen­inhabern, auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und dort, wo es Belegschafts­vertreter gab, auch mit den Belegschaftsvertretern Gespräche geführt. Ich habe ge­spürt und gesehen, wie innovativ diese Unternehmungen arbeiten – nicht nur die großen industriellen Leitbetriebe unseres Landes, sondern insbesondere die vielen Tausenden KMUs, die klein- und mittelständischen Betriebe –, wie kreativ in diesen Unternehmungen gearbeitet wird und wie hart am heimischen Markt gerungen wird, wie hart aber auch insgesamt am europäischen und am Weltmarkt mit diesen Pro­duk­ten und Dienstleistungen agiert wird.

Wenn man sich das vor Augen führt, dann spürt und weiß man, dass zum Beispiel in der Steiermark jeder zweite Arbeitsplatz unmittelbar mit den Exporterfolgen unserer Wirtschaft zusammenhängt. Schaut man sich die österreichische Wirtschaft an, dann sieht man, dass 6 von 10 Euro, die erwirtschaftet werden, aus den internationalen Wirtschaftsverflechtungen kommen und dass von den 2,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in unserem Lande sehr, sehr viele mittelbar und unmittelbar mit diesem Freihandelsabkommen konfrontiert sind und auf die fairen Wettbewerbs­bedin­gun­gen zwischen den Vertragspartnern angewiesen sind.

Wenn Sie sich Kanada mit seinen 37 Millionen Einwohnern anschauen und wenn Sie sich die Europäische Union mit ihren rund 510 Millionen Einwohnern anschauen, dann spüren Sie schon aufgrund dieses Größenverhältnisses, dass Kanada kein Land ist, das ein anderes Land über den Tisch ziehen möchte, sondern dass es darum geht, einen fairen Wettbewerb zwischen leistungsfähigen Unternehmungen aufzubauen, dass es darum geht, die Warenexporte und den Dienstleistungsexport zu fördern und die entsprechenden Vorteile aus solchen Wirtschaftsbeziehungen zu ziehen.

Betrachtet man, wie die Europäische Union diese Verhandlungen geführt hat, kennt man die Handelskommissarin Cecilia Malmström, dann muss man sagen, dass das, was sie im Zuge dieser Verhandlungen gesagt hat, nämlich dass Kanada kein böses Land ist – Canada is not an evil country –, auf dieses Vertragswerk zutiefst anzu­wenden ist. Die Kanadier haben höchstes Interesse daran, gute und faire Wettbe­werbs­bedingungen zu haben, und wir müssen diese in einer Weltwirtschaft, die sehr komplex geworden ist, die von vielen Unwägbarkeiten abhängig geworden ist, auch haben. Wenn Sie sich die Äußerungen von Staats- und Regierungschefs außerhalb der Europäischen Union anschauen, dann wissen Sie, was ich meine.

Dieses Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist seit dem Herbst des vergangenen Jahres in Wirkung. Die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, zeigen, dass eine Steigerung von mehr als 24 Prozent bei den Warenexporten von österreichischen Unternehmungen nach Kanada aufgetreten ist, dass dies im Zeitraum von Okto­ber 2017 bis Februar 2018 einen Wert von 510 Millionen Euro gebracht hat. Man sieht schon anhand dieser Zahlen, dass diese Wirtschaftsbeziehungen und dieser Vertrag positive Wirkungen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Exportwirtschaft ist überhaupt ein Asset für die österreichische Wirtschaft, weil sich da in den vergangenen 25 Jahren Enormes entwickelt hat. Wir haben seit 1989 rund 375 000 zusätzliche Arbeitsplätze in unserer Republik Österreich. Die Zahl der Exporteure ist von 12 000 auf 55 000 export­orien­tierte Unternehmungen, überwiegend KMUs, gestiegen. Es ist für diese Wirtschaft einfach notwendig, gute, faire Handelsbeziehungen und rechtliche Rahmenbedin­gun­gen zu haben, um mit den Produkten und Dienstleistungen auf den Zielmärkten ent­sprechend agieren zu können.

Es wurde vom Kollegen Novak angeführt, dass Ceta eine neue Generation von Han­dels­verträgen einleitet. Ich glaube, dass es gut und richtig ist, dass diese neue Gene­ration von Handelsverträgen kommt. Im Gegensatz zum Kollegen Novak glaube ich aber schon, dass die Umwelt- und Sozialstandards gut definiert sind, dass die kultu­relle Vielfalt trotz dieser Verträge gewahrt bleibt und auch die Streitbeilegung durch eine Sondergerichtsbarkeit durchaus eine neue Qualität gewonnen hat, und darauf hat Frau Bundesministerin Schramböck am 30. Mai in ihren Ausführungen auch ganz besonders hingewiesen.

Bei genauerer Betrachtung des Vertrags sehen wir, dass es zwei Wesensmerkmale gibt. Einerseits gilt es, tarifarische Hemmnisse, vulgo Zölle, abzubauen. Dabei sollen am Ende der Ausbaustufe dieses Vertrags rund 99 Prozent der Zölle entfallen, was ein Fortschritt ist und auf die Konsumenten insbesondere auch kostenmäßig Auswirkun­gen hat. Andererseits – und das wird mir bei den Betriebsbesuchen immer wieder ge­sagt – sollen auch bürokratische Hemmnisse, also außertarifarische Handelshemm­nis­se, abgebaut werden. Das sind jene Bereiche, die Betriebe besonders belasten, weil sie Mehraufwand und zeitliche Verzögerung mit sich bringen, und wenn wir das hint­anstellen oder gar beseitigen können, dann ist das, glaube ich, ein Handelsabkommen, das gute Wirkungen entfaltet. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Gesinnungsgemeinschaft, die Öster­reichische Volkspartei, tut sich bei dem Thema der Handelsabkommen und auch beim Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada leicht. Wir sind immer auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch auf der Seite der Arbeitgeber und insbesondere auf der Seite der Konsumentinnen und Konsu­men­ten gestanden. Wir wollen gute vertragliche Rahmenbedingungen, weil es dem Wirt­schaftsstandort Österreich nutzt, und wir sind in dieser Frage nie einen Zickzackkurs gegangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist, glaube ich, für die österreichische Wirtschaft entscheidend, dass wir gute Handelsabkommen abschließen, und die Zeit, in der eine kleine, feine Volkswirtschaft wie die österreichische allein solche Vertrags­werke abschließen konnte, ist vorbei. Wir sind Mitglied der Europäischen Union. Es findet da ein Trade-off zwischen den noch 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Vertragspartnern, in diesem Fall Kanada, statt, und wir sollten solche Ver­trags­werke im Interesse unserer Betriebe, im Interesse der Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten, und in letzter Konsequenz auch im Interesse der Konsumenten ent­sprechend gut begleiten.

Der Entschließungsantrag, der eingebracht worden ist, ist ein Aufguss, und zwar ein zweiter Aufguss. Sollte ich es richtig gesehen haben, ist er ziemlich wortident auch im Nationalrat eingebracht worden. Er ist selbsterklärend und wird von meiner Fraktion nicht mitgetragen. Das, was wir wollen, ist wirtschaftliche Dynamik, das, was wir wol­len, ist die Entwicklung des - - (Bundesrat Novak: ... im Bundestag warten die auf den Beschluss des EuGH! Warum warten wir nicht darauf? Sind wir gescheiter?! – Ruf bei der FPÖ: Warum hat der Kanzler Kern das unterschrieben? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Schau, Kollege Novak, ich wollte nicht in Wunden wühlen. Euren Zick­zackkurs kann die Bevölkerung nicht nachvollziehen, das schadet dem Wirtschafts­standort, das schadet den Arbeitsplätzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich will da aber kein politisches Kleingeld münzen, ich will nur sagen: Dieses Handels­abkommen hat eine positive Wirkung. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Novak.)

Meine Gesinnungsgemeinschaft, die Österreichische Volkspartei, unterstützt grund­sätz­lich Handelsabkommen und jenes zwischen der Europäischen Union und Kanada aus tiefster Überzeugung. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Novak.)

12.34

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Dr.in Ewa Dziedzic. Ich erteile dieses.