12.34.36

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsidiums­vorsitzender! Werte Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, auch wenn die Ge­sinnungsgemeinschaft ÖVP hier mit ruhiger Stimme spricht, so ist diese Entscheidung tatsächlich eine historische. Eines muss uns nämlich klar sein – und das war auch der Grund für unseren Antrag, das von der heutigen Tagesordnung zu nehmen –: Wenn wir beziehungsweise die zwei Regierungsparteien das heute beschließen, dann nimmt sich Österreich aus allen weiteren Vorbereitungsgesprächen, vor allem aus jenen zu den Schiedsgerichten, heraus. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wie wir wissen, enthält Ceta, das ja als Blaupause für TTIP gilt, eben nicht nur die ge­nannten Sonderklagsrechte für ausländische Konzerne, sondern gefährdet auch die österreichischen Standards in sehr sensiblen Bereichen, nämlich in der Gentechnik­gesetzgebung, der Lebensmittelsicherheit oder dem Konsumenten- und Konsumentin­nen­schutz. Das heißt wiederum, dass es angefangen bei der europäischen Ebene bis hin zu den Ländern und Gemeinden demokratische Entscheidungsspielräume ein­schränkt. Ich verstehe nicht, dass Sie hier im Bundesrat für diese Einschränkung plä­dieren können.

Auch das in der EU geltende Vorsorgeprinzip ist in Ceta nicht verankert, wie wir wis­sen. Das bringt die Gesundheitsvorsorge oder die genannte Gentechnikfreiheit in ganz Europa in Bedrängnis. Man kann es nicht oft genug festhalten: Letztlich wird es genau diesen Schiedsgerichten überantwortet, ob eine staatliche Maßnahme, die zuvor de­mo­kratisch zustande gekommen ist, als legitim anerkannt wird.

Mit der Unterschrift der letzten Bundesregierung im Oktober 2016 wurden überhaupt erst die Weichen dafür gestellt. Leider müssen wir da nicht nur den Umfaller der FPÖ nennen, sondern auch die Verantwortung der SPÖ am Zustandekommen. Dieser Rollen- und Positionstausch ist insofern erschreckend, als er sichtbar macht, dass die mehrheitsfähigen politischen Kräfte dem Druck der Wirtschaftsinteressen weichen. Angesichts der europaweiten – Sie kennen die Bürgerinitiative –, der regionalen – Sie kennen die Landtagsbeschlüsse –, aber auch der kommunalen Widerstände und auch angesichts der knapp 600 000 Unterschriften oder Unterstützungserklärungen für das Volksbegehren ist es wirklich erstaunlich, wie wenig darauf eingegangen wird und wie auch Sie, die Sie das ehemals gefordert haben, liebe FPÖ, jetzt nichts mehr davon wissen wollen.

Die schwarz-blaue Bundesregierung leitet dieses Ratifikationsverfahren jedenfalls sehr überstürzt ein, obwohl, wie wir gehört haben, wirklich wesentliche Entscheidungen weiterhin ausständig sind und insbesondere die genannten Konzernklagerechte weiter­hin unverändert bleiben. Sogar der von der FPÖ nominierte Experte beim Hearing bestätigte, dass es bei den Konzernklagerechten zu einer Paralleljustiz kommen wird, die nicht mit den österreichischen Gerichten vergleichbar ist.

Halten wir also nochmals fest: Erst durch Ihre Zustimmung heute hier im österreichi­schen Bundesrat werden diese Konzernklagen gegen die österreichischen Standards möglich gemacht.

Frau Bundesministerin, Sie haben in entsprechenden Debatten selber zugegeben, dass weder Strache noch Hofer mit Ihnen gesprochen hätte und dass Sie selber nicht sagen können, wie diese Konzerngerichte dann ausgestaltet sind, geschweige denn, ob es dort so etwas wie einen Verhaltenskodex gibt.

Jedenfalls ist es tatsächlich eine historische Entscheidung, weil Ceta nicht nur Kon­zernen weitreichende Rechte einräumt, sondern das alles zugunsten von Profiten und zulasten von allgemeinen gesellschaftlichen Interessen erfolgt. Genau das ist der Punkt: Es geht dabei nicht um die Wirtschaft. Es geht darum, dass Sie den Profit über alles stellen. Sie ignorieren die Interessen der Bevölkerung und Sie stehen mit Ihrer ungeahnten Wirtschaftshörigkeit für den totalen Ausverkauf ohne Rücksicht auf Um­weltstandards – und erzählen Sie mir nichts, erst gestern haben wir gehört, was mit den UVP-Verfahren in Zukunft passieren soll! –, ohne Rücksicht darauf, wie viel Wider­stand das in der Bevölkerung auslöst, und ohne Rücksicht darauf (Zwischenruf des Bundesrates Mayer), was es für unsere Standards in Österreich bedeuten wird!

Schämen Sie sich wirklich, dass Sie hier im österreichischen Bundesrat nicht mehr auf die Auswirkungen auf die Gemeinden und auf die Länder eingehen, sondern die Wirt­schaftsprofite über alles stellen! – Vielen Dank. (Beifall des Bundesrates Stögmüller und bei der SPÖ.)

12.40

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile dieses.