13.06.53

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich)|: Wertes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Schieds­gerichte – Anti-Atom: Wegen des deutschen Atomausstiegs fordert der schwedische Energiebetreiber Vattenfall knapp 5 Milliarden Euro auf Basis seiner Investitionspri­vile­gien von der Bundesrepublik Deutschland.

Umweltschutz: Ecuador führt einen Rechtsstreit gegen den US-amerikanischen Öl­konzern Occidental und hat verloren. Dieser hat ein riesiges Gebiet im Amazonas mit Öl verseucht und Tausenden Menschen die Lebensgrundlage genommen, nichts­desto­trotz hat das zuständige Schiedsgericht entschieden, dass Ecuador dem US-Konzern 1,8 Milliarden Dollar als Entschädigung für den durch das Gericht bewirkten Konzes­sionsentzug zu zahlen hat.

ArbeitnehmerInnenrechte: Der französische Konzern Veolia, der die Müllentsorgung in Alexandria übernommen hat, verklagt Ägypten wegen Anhebung der ägyptischen Min­dest­löhne.

Österreich: Die Meinl Bank fordert von Österreich gut 200 Millionen Euro, weil sie von Justiz und Finanzmarktaufsicht geschädigt worden ist. Dafür ist die Meinl Bank nur für diese Klage – nur für diese Klage! – von Holland nach Malta übersiedelt, weil Holland über kein Investitionsschutzabkommen mit Österreich verfügt.

In mehr als 10 Prozent aller Schiedsgerichtsklagen weltweit geht es um Entschä­di­gun­gen von mehr als 1 Milliarde Dollar. Die höchste Entschädigungszahlung, das sollte man wissen, hat ein ISDS-Schiedsgericht dem russischen Milliardär Chodorkowski zugesprochen. Das Schiedsgericht entschied, dass ihm eine Entschädigung von 60 Milliarden Euro aus russischem Steuergeld zu zahlen ist.

Es geht hier ganz klar um mehr Macht für Konzerne, und zwar nicht für alle Konzerne, sondern für Konzerne, die sowohl in der EU als auch in Kanada sesshaft sind, also Großkonzerne. Ceta gewährt den internationalen Konzernen in mehrfacher Weise Vorteile in Österreich, auch gegenüber unseren eigenen Unternehmen da draußen.

Der Investitionsschutz bietet neben dem Schutz vor Enteignung auch einen allge­mei­nen Schutz im Hinblick auf eine faire Behandlung, der zu immensen Entschädigungen für diese Konzerne führt. Ceta schützt breitflächig Gewinnerwartungen, die erst in Zukunft eintreten, Ceta kennt keine gestaffelte Entschädigung – entweder alles oder gar nichts –, und auch betreffend die Reichweite des eingeführten Regulierungsrechts, mit dem Österreich nach Ceta öffentliche Interessen wahren könnte, ist hochgradig unklar, wie diese dann genau ausschaut.

Was wir hier heute beschließen, ist nichts anderes als eine Katze im Sack – Kollegin Grossmann hat das super bildlich beschrieben –, die unsere Zukunft zerstört und irgendwann einmal vielleicht eine Raubkatze wird. Ceta ist ein Angriff auf Demokratie, VerbraucherInnenschutz, Umweltschutz und Sozialschutz, zumindest auf das, was nach dieser Regierung gerade im Sozialbereich überhaupt noch übrig ist.

Mit Ceta wird den privilegierten Großunternehmen ein weiteres Druckmittel gegenüber Staaten in die Hand gegeben, und im Endeffekt sind die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler diejenigen, die dann draufzahlen – für die Prozesskosten, die Verfahren und die Entschädigungen. Und wir Jungen – ja, wir! – sind es, die dank euch mit diesem Ab­kom­men dann leben müssen.

Wenn Österreich dann doch noch irgendwann einmal eine sozialökologische Steuer­reform planen würde oder plant und endlich konkrete Maßnahmen gegen die Klima­krise durchsetzen oder die Sozialstandards erhöhen möchte, haben Großkonzerne wie Monsanto dank dieser Regierung sogar eine rechtliche Möglichkeit, gegen den Rechts­staat, gegen das Parlament, gegen den Abgeordneten und gegen den Willen der Bür­ge­rinnen und Bürger vorzugehen.

Das ist doch wirklich der Skandal an dieser ganzen Sache, nämlich auch in die Zukunft geschaut! Selbst der EuGH ist sich noch immer nicht sicher, ob das Ganze euro­parechtlich überhaupt okay ist, ob das überhaupt durchgeht. Wir erwarten Ergebnisse im Jahr 2019, aber es wird einfach einmal beschlossen. Ob der Konzerngerichtshof im Ceta-Abkommen mit den Europäischen Verträgen überhaupt irgendwie konform ist, ist noch gar nicht klar. – Und nein, diese Regierung wartet nicht die Prüfung des EuGH ab, so wie es zum Beispiel Deutschland oder die Niederlande machen, nein, Sie, die Wirtschafts- und Konzernpartei ÖVP und die Umfallerpartei FPÖ fahren drüber, auch über den Willen der Österreicherinnen und Österreicher, denn es gab mehr als 550 000 Unterschriften gegen Ceta – 550 000 Unterschriften einfach ausgeblendet! (Beifall der Bundesrätin Dziedzic sowie bei der SPÖ.)

Das Ganze passiert nur, um ein paar Superreiche, vielleicht die überhaupt reichsten 3 Prozent in Österreich, noch reicher zu machen, aber nicht für die Bürgerinnen und Bürger. Die EU selbst hat ausgerechnet - - (Zwischenruf des Bundesrates Seeber.) – Na ja, Herr Kollege, Sie sind ja einer dieser Reichen, Sie brauchen gar nicht - - (Bun­desrätin Mühlwerth: Sie aber auch!) – Na, ich nicht! Ich glaube, der Kollege hat we­sentlich mehr; aber ich will keine Neiddebatten, um das geht es mir gar nicht.

Die EU selbst hat ausgerechnet, dass Ceta Österreich nach zehn Jahren nur 0,016 Prozent Wachstumseffekt bringt. 0,016 Prozent, das ist gar nichts! (Zwischenruf des Bundesrates Köck.) Dafür profitieren die Superreichen und nicht die Arbeitneh­merInnen, nicht die Umwelt und auf keinen Fall wir Jungen, wir Leute, die dann mit diesen Standards irgendwie weiterleben.

So, wie geht es jetzt weiter? – Wir werden das heute dank der Konzernpartei ÖVP und der Umfallerpartei FPÖ beschließen – daran wird sich nichts ändern, das wird heute so durchgewunken, das ist Faktum –, aber wir werden uns das sicher nicht gefallen las­sen, und zwar gerade hier im Bundesrat, wo Sie, werte Bundesrätinnen und Bun­des­räte, heute am Abend nach Hause in Ihre Gemeinden fahren dürfen zu den Leuten, die nämlich gegen Ceta gewesen sind – gerade in der FPÖ-Schiene.

Ich erinnere mich noch an die Kampagne! Das Ceta-Volksbegehren ist sogar von Ihnen, von GemeinderätInnen aus Niederösterreich, initiiert beziehungsweise mitinitiiert worden (Bundesrätin Mühlwerth: Das kann Ihnen ja wurscht sein!), und Sie dürfen sich ruhig für diese heutige Entscheidung verantworten.

Wir werden eine Subsidiaritätsklage vorbereiten und einbringen, dessen können Sie sich jetzt schon einmal sicher sein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für mich stinkt dieses Vorgehen dieser Bundesregierung sowieso zum Himmel, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Ratifizierung eines so wichtigen Abkommens mit einer einfachen Mehrheit hier im Bundesrat und auch im Nationalrat überhaupt irgendwie verfassungskonform ist. Ich bin auch der festen Auffassung, dass es nicht verfas­sungskonform ist (Ruf bei der FPÖ: Sagt der Sozialarbeiter!), aber seit wann ist diese Regierung eigentlich an einem verfassungskonformen Vorgehen überhaupt inter­es­siert? – Hier seien nur die Ehe für alle, die Mindestsicherung und so weiter ange­teasert.

Ich lade hier auch die SPÖ ein, dieses Gesetz gemäß Artikel 140a Bundes-Verfas­sungs­gesetz gemeinsam überprüfen zu lassen. (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Bun­desrätin Mühlwerth: Weil man alleine nicht mehr kann! Oje!) Der Bundesrat kann Gesetze vom Verfassungsgerichtshof auf ihre Rechtswidrigkeit prüfen lassen. Liebe SPÖ, machen wir das! Heraus aus eurer Oppositionsstarre! Kämpfen wir gemeinsam für die Rechte der Menschen und nicht für die Konzerne, wie die türkis-blaue Regie­rung!

So leicht werden wir unsere Verfassung und den Rechtsstaat sicher nicht aufgeben, dessen können Sie sich sicher sein. Wir werden dafür kämpfen, gemeinsam mit allen Parteien. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic. – Bundesrat Samt: Das Wahlergebnis hättest du dir anschauen sollen, ..., das wäre gescheiter gewesen!)

13.14

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt geht es aber rund! – Bundesrat Mayer: Jetzt gibt es Saures auf die Mütze!)