13.21.59

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich einiges aus der Praxis der mittelständischen Wirtschaft – das ist ja das Thema dieses Handelsvertrags – erzählen möchte.

Vorweg vielleicht nur eine Anregung an die österreichische Ratspräsidentschaft – es kursiert ja, wie man seitens SPÖ und ÖVP in den letzten Wochen und Monaten permanent gehört hat, eine Reihe von Mythen und Irrtümern herum –, sich vielleicht einfach mit dem Begriff Handelsvertrag auseinanderzusetzen, denn archiviert wird dieses Thema unter internationaler Vereinbarung oder Handelsverträge, aber nicht unter Ceta; dass man vielleicht die Begrifflichkeit ändert und einfach immer von einem Handelsvertrag zwischen der EU – in Klammer: Österreich – und Kanada spricht, wozu zum Beispiel auch die Doppelbesteuerungsabkommen zählen, damit es nicht immer zu begrifflichen Verwechslungen kommt.

Handelsverträge gibt es seit 1860. Die Cobdengasse in Wien – ich empfehle der SPÖ und den Grünen, sich diese anzuschauen, sie ist ein paar hundert Meter von hier entfernt – erinnert an den ersten Handelsvertrag zwischen Großbritannien und Frank­reich und ist Synonym für Tausende und Abertausende Handelsverträge, die Öster­reich beziehungsweise international alle Länder wechselseitig abgeschlossen haben. Diese Handelsverträge, 60 existieren in Österreich noch, sind Basis für den Erfolg unserer Exportwirtschaft; das darf man nicht vergessen.

Warum sind Handelsverträge in Österreich in den Hintergrund getreten? – Weil die EU, und das ist der entscheidende Faktor, 1992 den Europäischen Binnenmarkt etabliert hat, und dieser Binnenmarkt stellt nichts anderes als die realisierten, praktizierten und umgesetzten Handelsverträge dar. Dort gibt es diese Schiedsgerichtsbarkeit schon, und deswegen floriert die europäische und damit die österreichische Exportwirtschaft. Je größer ein Markt ist, desto besser ist das für die Wirtschaft und desto besser ist das auch für die Beschäftigungseffekte hier in Österreich, keine Frage.

Kurz zu einem wichtigen Thema, weil die Schiedsgerichte so oft angesprochen worden sind: Ich kann aus der eigenen Praxis, und diese Praxis wird seit Jahrzehnten so gehandhabt, nur dazu raten, in grenzüberschreitenden Verträgen immer arbitration courts zu vereinbaren; das ist auch Usus so. Die mittelständische Wirtschaft versucht damit, die ordentliche Gerichtsbarkeit, für den Fall, dass das Worst-Case-Szenario eintritt, wenn möglich zu vermeiden. Warum? – Ordentliche Gerichtsbarkeit ist extrem teuer, dauert lange, ist mit Gutachten bestückt und findet oftmals in einem fremden Land statt. Also ich würde niemandem empfehlen, in einem fremden Land – zum Beispiel als Österreicher in Kanada – vor ein ordentliches Gericht zu gehen. Das dauert lange, lange Zeit und ist extrem teuer.

Wenn diese wahren Schiedsgerichte dann mit gemischten Kommissionen seitens Kanada und Österreich besetzt werden, ist das besonders gut, denn dann gibt es nicht die Diskussion, auf welches Land man sich einigen soll, wo dieser arbitration court stattfindet, in Kanada oder in Österreich; auch darüber kommt es oft zu Auseinan­der­setzungen. Also etwas Besseres als ein gemischtes Schiedsgericht kann es für die österreichische Exportwirtschaft und die mittelständischen Unternehmen gar nicht geben.

Kurz zu den Konzernen, weil immer gesagt wird, es ist ein Konzern-Handelsvertrag: Also Konzernen, um es einmal so zu definieren, ist dieser Vertrag eigentlich gar nicht so wichtig. Magna ist in Österreich und hat Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen, Bombardier ist in Österreich und hat mittlerweile eine Betriebsstätte mit über 1 000 Mit­arbeitern geschaffen; die können genauso gut ohne Ceta leben. Wichtig ist Ceta für die mittelständische Wirtschaft, für den Export nach Kanada. Und der Export nach Kanada ist bereits – noch vor Ceta – drei Mal so hoch wie der Import aus Kanada nach Österreich, der übrigens ganz marginal ist, er liegt bei 0,25 Prozent. Also kanadischen Konzernen ist Österreich, mit oder ohne Ceta, relativ wurscht, das sage ich ganz ehrlich.

Dieses Gesetz, dieser Vertrag, dieser Handelsvertrag abseits des Europäischen Bin­nen­markts ist wichtig für die österreichische Exportwirtschaft, um Absatzmärkte zu erweitern. Ein Konzern kann sich vor Zöllen schützen, kann sich auch vor tarifären Handelshemmnissen schützen, indem er einfach einen Standort in einem anderen Land aufbaut und dann vor Ort produziert, so wie es die Voest macht. Sie hat zu Recht gesagt, ob Ceta oder TTIP existieren, plus, minus, ist nicht so wichtig, sie hat bereits einen Standort in den USA gebaut und ist unabhängig. – So viel dazu, um mit dem Mythos, das sei ein Konzernvertrag, aufzuräumen. Es ist ein Vertrag für die öster­reichische mittelständische Wirtschaft und daher extrem wichtig.

Wer wirklich leiden würde – und es ist interessant, dass gerade die SPÖ so gegen dieses Freihandelsabkommen ist –, das sind die Verbraucher in Österreich, denn wie wir alle wissen, führen Marktabschottung, Protektionismus immer zu Monopolbildungen im eigenen Land, zu Kartellbildungen und letztlich zu höheren Preisen. Wir brauchen den Wettbewerb, wir brauchen Internationalität, damit eben Konkurrenz entsteht und sich keine Monopole bilden können.

Negatives Beispiel: Der Lebensmittelhandel in Wien liegt in der Hand von zwei Groß­konzernen. Ich verstehe nicht, warum es in Österreich keine Bioläden mehr gibt. Wo sind die Grünen? – Beschäftigt euch doch mit den Bioläden! In Österreich gibt es kaum Märkte mehr, es gibt nur mehr Supermärkte, überall Supermärkte mit extrem hohen Preisen! Die Arbeiterkammer hat zu Recht festgestellt, dass die Preise hier um 30 Pro­zent höher sind als in Deutschland, und das ist – da hat sie vollkommen recht – ein Produkt von einer Markt- und Kartellbildung vor allem in Wien.

Ein anderes Beispiel – als Kontrastück –: Ein Land, in dem es keinen Handelsvertrag gibt, in dem vieles schiefläuft – gerade jetzt aufgedeckt, das muss man dem ameri­kanischen Präsidenten zugutehalten –, ist China. China ist Mitglied der WTO, China ist als Vertragsstaat des Internationalen Patentsystems durch die Pariser Verbands­über­einkunft von 1883 geschützt und China exportiert nach Österreich drei Mal so viel, wie Österreich nach China exportiert. Das ist genau der gegenteilige Effekt, und dort gibt es keine Handelsverträge. Die österreichische Spielzeugindustrie gibt es nicht mehr, die Spielzeuge stammen alle aus China, made in China.

Es gibt ein ganz offizielles, von China ausgegebenes Paradigma, Made in China 2025, da steht sogar das Wort Technologietransfer, da wird Technologietransfer propagiert. China kauft mit staatlichen chinesischen Beihilfen europäische, amerikanische und kanadische Unternehmen auf, um am Weltmarkt mit Raubkopien, mit intellektuellem, geistigem Eigentum, das aber nicht den Chinesen gehört, mitzupartizipieren. Und in China gibt es keine Handelsverträge. Also das wäre das Kontrastück, das Beispiel eines Landes, das in Zukunft sicherlich noch Probleme machen wird, insbesondere der österreichischen Wirtschaft, weil die österreichische Industrie, der österreichische Han­del sehr wohl unter Zugzwang, unter Druck geraten. Vielleicht kann die österreichische Ratspräsidentschaft mit auf ihren Vorhabensplan setzen, mit China anders zu ver­fahren, als es derzeit Usus ist, weil es eben keine Handelsverträge gibt, weil es keine Abkommen gibt und das, was China unterschreibt, nicht das Papier wert ist, auf dem es geschrieben steht.

Dieses Abkommen mit Kanada – ein ganz banaler Handelsvertrag – ist ein sehr gutes und fördert die österreichische Exportwirtschaft. Es ist daher in jeder Hinsicht zu unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.29

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Michael Lindner. Ich erteile dieses.