13.37.38

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ein herzliches Grüß Gott an alle vor den Bildschirmen zu Hause! Herr Kollege Lindner, man kann nicht alles so stehen lassen, was du oder auch die Kollegen Dziedzic und Stögmüller – um euch wie­der zu einer Gemeinsamkeit zu bringen; manchmal seid ihr euch sehr nahe, manchmal auch wieder weniger nahe, aber das ist offensichtlich politisches Spiel, das von euch so betrieben wird – uns jetzt Länge mal Breite erklärt haben. Es wird nämlich immer anders, wenn man euch einen Spiegel vorhält. Das habt ihr dann überhaupt gar nicht gerne.

Kollege Steiner hat schon in seiner bekannt tirolerischen Art versucht, euch zu er­klären, dass es doch nicht so ist und dass ihr doch nicht ganz unschuldig seid. Dass Kollege Kern als Bundeskanzler gekämpft hat, ist ein absolutes Märchen. Er hat nicht gekämpft, er hat unterschrieben. Er hat unterschrieben, dazu muss man einfach stehen. Er hat den Prozess in Gang gesetzt, aus und Schluss! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich habe schon noch ein paar Zitate von eurer Partei, bei denen es auch darum geht, dass man nach diesem Prozess des Volksbegehrens, als man nachgeschärft hat – und man hat wirklich nachgeschärft; das gab es auch, wie gesagt, nach dem Volksbe­geh­ren, nach diesen 550 000 Unterschriften –, als man diesen Verhandlungsprozess in Gang gesetzt hat, wirklich einige Punkte in diesem Vertrag essenziell geändert hat, was unüblich ist. Es ist unüblich, einen an und für sich fertig paraphierten Vertrag herzunehmen und nachzuverhandeln. Das haben die österreichische Situation und die Kritik in diesem Umfang erreicht, das muss man sagen, aber es gibt auch von euch einige Zitate, den Spiegel muss man euch schon vorhalten.

Da hätte ich noch etwas vom Kollegen Kern, etwas, das du nicht auf deiner Agenda hattest. Er hat in einer Diskussion mit EU-Abgeordneten gesagt: „Es gibt in der Tat genug Kritikpunkte. Die EU-Abgeordneten können mit ihrem Nein den Protest zum Ausdruck bringen. Ich als Regierungschef habe die Gesamtverantwortung. Ich wollte nicht zulassen, dass die Interessen der Österreicher in Europa mit einem Veto zu Ceta geschädigt werden. Das bliebe nicht ohne Konsequenzen. Jeder, der das glaubt, irrt.“ – Ihr irrt alle. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.) „Es geht um Fördermittel, um Jobs etc.“ – Das war ein Zitat von Christian Kern, „Kleine Zeitung“, 16.2.2017.

Am 1.2.2017 wird Christine Muttonen, Präsidentin der Parlamentarischen Versamm­lung der OSZE, in einer APA-OTS-Meldung wie folgt zitiert: „Klar ist, dass wir als Exportland zum Schutz unserer Wirtschaft, dem Sozialsystem und den Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern auf gute wirtschaftliche Beziehungen mit internationalen Part­nern angewiesen sind [...]. Entweder wir suchen uns gleichgesinnte Verbündete oder andere werden die Regeln bestimmen [...]. Kanada sei ein Partner mit gemein­samen Interessen und Standards [...]. Egoistische Abschottungspolitik à la Trump kann nicht der Weg sein!“

In der „Presse“ vom 19.2.2017 wird dann Minister Thomas Drozda wie folgt zitiert: „Ich glaube, dass man prinzipiell nicht gut beraten ist, gegen Freihandel zu sein.“ – Das seid ihr auch nicht, das gebe ich zu! – „Ich verstehe die Kritik am Zustandekommen des Abkommens, am Investorenschutz. Ich glaube aber, dass wir in intensiven Ver­handlungen hier die nötigen Vorkehrungen getroffen haben.“ – Genau das ist ein Punkt, den Minister Drozda richtig erkannt hat.

Zitat vier: Muna Duzdar, Bundesrätin und Staatssekretärin außer Dienst, wird in einer APA-OTS-Meldung vom 1.2.2017 wie folgt zitiert: „Zu Beginn wurden unsere For­derungen noch als ‚österreichischer Klamauk abgetan, schlussendlich haben wir wichtige Verbesserungen erreicht.“ Ich wiederhole: „[...] schlussendlich haben wir wich­tige Verbesserungen erreicht. [...] Es stand der Ruf Österreichs als Wirt­schafts­standort und europäischer Partner auf dem Spiel, erinnerte die Staatssekretärin. Die wichtigste Verbesserung, die wir erreichen konnten, ist, dass CETA den nationalen Parlamenten überhaupt zur Entscheidung vorgelegt wird. [...] Darüber hinaus haben wir mit der rechtlich verbindlichen Zusatzerklärung zu CETA erreicht, dass die EU und vor allem ihre Mitgliedstaaten weiterhin umfassend regulieren können. Zudem haben wir den Schutz öffentlicher Dienstleistungen sichergestellt.“

Zitat fünf: „Wir wissen aus der Geschichte, dass der Protektionismus ein Brandbe­schleuniger in Richtung Zweiter Weltkrieg war. Auch wenn ich jetzt nicht den Teufel an die Wand malen will, aber die Tendenz ist unübersehbar, dass wir wieder in die Natio­nalstaatlichkeit zurückfallen könnten [...].“ Und weiter: „Wir brauchen mit CETA in Wirklichkeit nichts zu fürchten [...].“ – 14.1.2017, APA, Heinz Schaden, damals noch Bürgermeister von Salzburg.

Zitat sechs: „Aber bei dem, was jetzt nach langen Bemühungen zwischen Kanada und Europa – zuletzt unter zahlreichen sehr kritischen Augen – ausverhandelt wurde, habe ich keine Bedenken.“ – Heinz Fischer, Bundespräsident außer Dienst, zitiert aus dem „Kurier“ vom 26.10.2016.

Jetzt das siebente und letzte Zitat: „Wäre ich noch Abgeordneter im EU-Parlament, würde ich CETA zustimmen.“ – Das sagte Hannes Swoboda, ein glühender Europäer, einer, der die europäische Idee wirklich kennt und sie jahrzehntelang gelebt hat, zitiert aus dem „Kurier“ vom 20.10.2016.

Das waren die Zitate, die ich euch bringen wollte, und ich habe noch zehn für euch, von unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Kollege Buchmann hat es gut gesagt. Er hat gesagt: „Canada ist not an evil country.“ Kanada ist ein Rechtsstaat mit allen aus­gelebten Rechten. Das kann man mit der EU hundertprozentig vergleichen. Wir waren mit dem Bundesrat, einige können sich noch erinnern, in Kanada und haben dort mit kanadischen Parlamentariern die Situation besprochen.

Ganz überraschend hat sich dann Chrystia Freeland, Ministerin für Wirtschaft, Handel und Entwicklung, bei uns eingefunden. Sie hat zur Mittagszeit extra einen Termin mit der kleinen Bundesratsdelegation und Präsidenten Saller beantragt, hat sich hinein­reklamiert und gesagt: Wir wollen ein Freihandelsabkommen mit der EU, mit allen Staaten der EU. Wir wollen nicht eure Daseinsvorsorge, wir wollen nicht mit euch streiten, wir wollen mit euch Handel betreiben und wirtschaftliche Beziehungen stär­ken. – Chrystia Freeland. Das muss man schon in aller Deutlichkeit sagen.

Auch der EU-Ausschuss des Bundesrates hat sich intensiv und sehr frühzeitig mit Ceta auseinandergesetzt. Da haben alle noch gar nicht gewusst, dass es Ceta gibt, weil man immer über TTIP gestritten hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Genau!) – Genau, so ist es. Jetzt kam plötzlich Ceta auf die Tagesordnung, und plötzlich war alles schlecht. Europa stürzt zusammen, die Welt stürzt zusammen, wir werden alle nur noch hungern, wir werden die schlechten Lebensmittel bekommen und alles, was in Amerika schlecht ist, sozusagen zur Kenntnis nehmen.

Der EU-Ausschuss hat sich kritisch geäußert. Ich habe mich mit diesem Thema kritisch auseinandergesetzt, und nach der Kanada-Reise habe ich mich überzeugen lassen, dass es ein Abkommen ist, das Europa weiterbringen wird, das die Wirtschaft, die gegenseitigen Handelsbeziehungen weiterbringen wird, sodass die KMUs davon pro­fitieren werden. Es wird ein guter Vertrag. Eure Schreckensszenarien mit diesen ganzen Investitionsgerichten, die übrigens adaptiert wurden – das haben auch eure Minister und Staatssekretäre so befunden –, dieses Den-Teufel-an-die-Wand-Malen (Bun­desrat Pisec: Die gibt’s ja gar nicht!), all das wird es meiner Meinung nach nicht geben. Wir werden gemeinsam mit Kanada ein gutes Handelsabkommen umsetzen und unsere Wirtschaftsleistung steigern. Deshalb werde ich diesem Vertrag meine Zustimmung erteilen.

Noch ein letzter Satz: Wenn der Europäische Gerichtshof dieses Vertragswerk Ceta mit Kanada aufheben wird, dann ist dieses Vertragswerk gestorben. Dies sei euch nur ins Stammbuch geschrieben. Sonst brauchen wir keinen Europäischen Gerichtshof. Wir sind aber guter Dinge, dass dieses Vertragswerk den Europäischen Gerichtshof passieren wird. Es wäre nicht angebracht, auf diese Entscheidung, auf 2019 zu warten. In Deutschland ist es im Vorabprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof. Wir werden sehen, wie Deutschland hier entscheiden wird. – Ich danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.46

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste gelangt Frau Bundesminis­terin Dr. Schramböck zu Wort. Ich erteile es ihr. – Bitte.