16.07.37

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher via Live­stream! Zunächst zu meinem Vorredner: Ein berühmter Philosoph hat einmal gesagt: „Beleidigungen sind die Argumente jener, die über keine Argumente verfügen.“ – Ich glaube, das passt bei Ihnen sehr gut. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Ich möchte mich in meinem Redebeitrag aber Tagesordnungspunkt 5 widmen, nämlich dem Forschungsförderungsgesellschaft mbH-Errichtungsgesetz. Schon die Jugend ist sich heute ja weitgehend bewusst, welch enorme Bedeutung die Digitalisierung für ihren späteren Beruf, aber auch für das tägliche Leben als Erwachsener haben wird. Wis­sen ist so leicht zugänglich und Kommunikation so unkompliziert wie noch nie.

Unbestritten ist: Die digitalen Technologien bieten viele Chancen und Möglichkeiten, Stichwort Smarthome, Stichwort Internet der Dinge, Stichwort autonome Fahrzeuge, Stichwort Artificial Intelligence, Augmented Reality, E-Government und vieles, vieles mehr. Neue Berufe, neue Berufsfelder entstehen, neue Herangehensweisen werden notwendig. Es ist mehr und mehr die Rede von Influencern, von Game Changern; sie sind das neue Maß aller Dinge.

Gleichzeitig – und das dürfen wir nicht vergessen – bergen digitale Technologien aber auch zahlreiche Herausforderungen und Risiken für uns als Gesellschaft und damit auch ganz besonders für die Politik in sich; Risiken, die in ihrer gesamten Dimension oft noch gar nicht ganz erfasst werden können. Welche Berufe werden sich radikal verändern oder unter Umständen gänzlich verschwinden? Wie kann in der Bildung, aber auch bei der Aus- und Weiterbildung bereits darauf Rücksicht genommen wer­den? Welche Bevölkerungsgruppen werden ohne entsprechende Gegenmaßnahmen von einer digitalen Partizipation möglicherweise gar nicht profitieren oder gar Nachteile haben? Welche ethisch-moralischen Fragen gilt es zu lösen? Es gibt Fragen wie Cyberkriminalität, Hasspostings im Netz, künstliche Intelligenz im Gesundheitsbereich und, nicht zu vergessen, den Digital Gap, also die Kluft zwischen jenen Personen, die Zugang zu digitalen Technologien haben, und jenen, die keinen Zugang dazu haben.

Alles in allem liegt damit eine Fülle von zum Großteil noch ungeklärten Fragen auf dem Tisch. Demzufolge ist die Errichtung einer Digitalisierungsagentur, wie hier geplant, durch­aus begrüßenswert und zu unterstützen. Auch wir SozialdemokratInnen beken­nen uns dazu, dass es im Bereich der Digitalisierung eine zentrale Stelle braucht, um ganzheitliche und vor allem zukunftsgerichtete Lösungsansätze entwickeln zu können.

Was für uns daher aber nicht nachvollziehbar ist, ist die Tatsache, dass die Agentur offensichtlich wider besseres Wissen auf zwei Ministerien aufgeteilt werden soll. Es kann also vom vielzitierten Sparen im System, das ja die Regierung so gerne in den Mund nimmt, keine Rede sein, wenn hier ein paar Kompetenzen und dort ein paar Kompetenzen verteilt werden, die dann erst recht wieder mühsam koordiniert werden müssen. Es ist, gerade weil es um die Digitalisierung geht, mehr als unverständlich, dass hier bewusst Doppelgleisigkeiten erzeugt werden, die in Summe 13 Millionen Euro kosten werden.

Aus meiner Sicht wären diese 13 Millionen Euro im Sinne von Effizienz an einem Standort mit gebündelten Strukturen sicher besser investiert.

Zu hinterfragen ist ebenso der in weiterer Folge einzurichtende Beirat, der, wie es von Ministeriumsseite heißt, mit „hochrangigen Wirtschaftsvertretern und Experten besetzt werden“ soll. Der Wirtschaftsstandort soll gestärkt werden, Unternehmen sollen wettbe­werbsfähig bleiben, es sollen Anreize und Fördermodelle für Betriebe geschaffen werden, das und Ähnliches ist da zu hören – so weit, so gut, aber wieso wird da ganz bewusst auf Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerseite verzichtet? Wieso wird beispielsweise auch auf eine Teilhabe der Pädagoginnen und Pädagogen verzichtet? Die bilden ja letztendlich auch die  Basis für unsere Jugend.

Selbst die Ministerin und auch die niederösterreichische Landesrätin Bohuslav haben wiederholt darauf aufmerksam gemacht; ich zitiere Landesrätin Bohuslav: „Digitalisie­rung ist eine Querschnittsmaterie, die in alle Lebensbereiche hineinspielt“.

Daher ist für uns klar: Ein Haus der Digitalisierung gehört unter ein Dach, und es muss nicht nur die Technologie mit all ihren unterschiedlichen Facetten, wie ich sie ange­sprochen habe, darin abgebildet sein, sondern auch die gesamte Gesellschaft. Der Mensch muss nichtsdestotrotz im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen, um den Digital Gap beim Zugang zu digitalen Technologien nicht zu vergrößern. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung nicht erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eduard Köck. Ich erteile es ihm.