10.32.37

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Es geht bei dieser Novellierung des Universitätsgesetzes nicht nur um faire Arbeitsbedingungen für junge Menschen – was ein Grund dafür ist –, sondern es geht auch um die Zukunft der medizinischen Versorgung in Österreich.

Grund für die Novellierung ist, dass die Österreichische Hochschülerschaft, die ÖH, zurzeit die Medizinische Universität klagt, weil Studierende der Zahnmedizin und Medi­ziner, die gerade im klinisch-praktischen Jahr sind, in ihrem 72 Wochen dauernden Prak­tikum keinen Cent verdienen. Es gibt jetzt eine Gesetzesänderung, um die Universitä­ten nicht haftbar zu machen.

Grundsätzlich ist es natürlich gut, dass die Universitäten nicht für die Arbeit eines priva­ten Betriebes aufkommen müssen. Ich glaube, das ist unbestreitbar, das ist klar, dass das ein guter Weg ist. Es kann aber nicht sein, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, dass junge Menschen, die arbeiten und ein Praktikum absolvieren müssen, für ihre Leistungen nichts bezahlt bekommen. Das ist eigentlich unglaublich, wenn man sich das Ganze durchdenkt, gerade auch deshalb, weil man immer wieder von den Re­gierungsparteien hört: Wer etwas leistet, hat sich auch Geld verdient, wer arbeitet, der soll für seine Arbeit etwas bekommen. – Das gilt hier wohl nicht.

Es ist daher auch mit weitreichenden Auswirkungen zu rechnen, denn im Gesundheits­bereich wird es in den nächsten Jahren, wenn er nicht bereits besteht, einen Ärzteman­gel geben. Erst vor Kurzem gab es eine Statistik von der GKK Oberösterreich, wonach 26 Ärztestellen allein in Oberösterreich unbesetzt sind – oder 16, da bin ich mir jetzt nicht ganz sicher. Wie gesagt: Es ist bereits angekommen und ist gerade jetzt auch ein massives Problem.

Gerade im ländlichen Bereich liegt bereits jetzt eine extreme Belastung auf den Haus­ärztinnen und Hausärzten. Allein im Bezirk Braunau, dem Bezirk, aus dem ich bin, sind knapp 20 Prozent der Hausärzte über 65 Jahre alt – schon über 20 Prozent! Das ist re­lativ viel, das heißt, wir brauchen in Zukunft dringend Hausärzte. Wir müssen dafür sor­gen, dass dieser Beruf wieder attraktiv wird, dass dieser Beruf von den jungen Ärztin­nen und Ärzte wieder angenommen wird und diese sagen: Jawohl, das will ich werden! Ich bin mit voller Überzeugung dabei, mich für meine Mitbürger in meiner Gemeinde ein­zusetzen!

In der letzten Ausbildungsnovelle wurde zumindest eine sechsmonatige Ausbildung in der hausärztlichen Lehrpraxis verpflichtend eingeführt. Das finden wir schon einmal sehr gut, das war wirklich ein wichtiger Schritt, um diesen Beruf den jungen Ärzten auch wirklich näherzubringen. Die Ausbildung wird aber in den meisten Bundesländern noch immer nicht finanziert. Das ist ein großes Problem, gerade im ländlichen Raum, denn man muss sich ja nebenbei auch noch eine Wohnung besorgen und so weiter und so fort. Dies hat auch massive Auswirkung auf die Zukunft der ländlichen Daseins­vorsorge, denn die Nachbarländer haben auf dieses Problem schon reagiert, und das sieht man auch in der Statistik, die Sie, Herr Minister, hoffentlich kennen. Jeder zehnte österreichische Medizinstudent verlässt Österreich, um im Ausland zu arbeiten – jeder zehnte! Allein in Deutschland praktizieren mehr als 2 300 Österreicherinnen und Öster­reicher als Ärzte – und da rede ich noch gar nicht davon, dass die Deutschen oder die Studierenden aus anderen EU-Ländern nicht in Österreich bleiben, sondern wieder zu­rück in ihre Heimatländer gehen oder woandershin –, und ein Großteil davon sind Jung­mediziner in Ausbildung. Die Migration nach Deutschland wird in Zukunft zunehmen – das zeigen auch die deutschen Statistiken –, denn die deutschen Kollegen haben er­kannt, dass man bei der Attraktivität der Ausbildung beginnen muss.

Mit diesem Gesetz hilft diese Regierung leider nicht mit, den drohenden Ärztemangel in Österreich irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Es ist viel zu kurz gefasst, da müsste schon ein Maßnahmenpaket auf Schiene gebracht werden. Wir würden uns erwarten, dass Sie sich für die jungen Menschen, die sich als Mediziner ausbilden lassen, einset­zen. Ich glaube, es wäre an der Zeit, einen Schritt auf die Jugend zuzugehen und ih­nen Perspektiven zu bieten.

Mit diesem Gesetz, Herr Minister, schaffen Sie genau das Gegenteil! Sie schaffen da­mit für die Arbeitgeber die Möglichkeit, Studierende voll in den Arbeitsablauf einzubin­den, ohne sie jedoch adäquat zu bezahlen; im Endeffekt werden sie meistens ohne Be­zahlung heimgeschickt. Das geht leider in eine andere Richtung als eigentlich notwen­dig, daher haben wir uns entschlossen, diesem Gesetz heute nicht zuzustimmen. – Dan­ke. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

10.37

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile es ihr.