13.06.03

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frauen Bundesministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der Frau Wirtschaftsministerin für die Klarstellungen und werde einiges davon auch wie­derholen, um es für jene, die es noch nicht ganz verstanden haben, ein bisschen zu verdeutlichen. (Bundesrat Todt: Danke!)

Ich habe mir einige Redebeiträge angehört und bin bass erstaunt, weil einiges davon in meinem Kopf nicht ganz zusammengeht. (Bundesrat Novak: Das ist das Problem!) Herr Kollege Koller, Sie stehen hier und sprechen ganz einfach davon, dass Zeit weg­genommen wird, wenn es 12 Stunden zu arbeiten gilt. Ich verstehe nicht, wo der Unter­schied ist, wenn das ein Betriebsrat mit seinem Arbeitgeber für die gesamte Mann­schaft vereinbart oder wenn es der Arbeitnehmer in Eigenverantwortung selbst mit dem Arbeitgeber ausmacht. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Dziedzic und Schabhüttl.)

Sie stehen hier und sprechen davon, dass die Gesundheit auf einmal in massivstem Maße gefährdet wäre, wenn einmal 12 Stunden an einem Tag gearbeitet werden, wenn es der Arbeitnehmer in Eigenverantwortung entscheidet. Ich frage mich, was der Unter­schied ist, wenn es der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber entscheidet und vereinbart. (Bundesrat Schennach: Dass die Menschen eingebunden sind!) Ich verstehe nicht, dass jetzt auf einmal das Ehrenamt so groß in Gefahr ist, wenn sich ein Arbeitnehmer dafür entscheidet, in seinem Unternehmen mehr Stunden zu arbeiten, und wo der Un­terschied ist, wenn es der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber vereinbart. Das geht ganz einfach nicht zusammen.

Es ist auch eine massive Übertreibung, wenn es heißt, dass das ein Frontalangriff auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Ich halte das für total überzogen und bin mir auch sicher, dass es nicht die Industrie ist, die von dieser Flexibilisierung am meis­ten profitieren wird, sondern es werden in erster Linie die KMUs sein. (Bundesrat No­vak: Die gesamten Pierers! Die kriegen das Geld!) Die Beispiele dafür hat ja unsere niederösterreichische Wirtschaftskammerpräsidentin auch schon hinlänglich angeführt. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Wenn Sie die Bischofskonferenz erwähnen, so kann ich Ihnen versichern, dass es mit dem Heiligen Stuhl und mit der Bischofskonferenz eine klare Übereinstimmung dahin gehend gibt, dass die Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen in den Handelsbetrie­ben nicht ausgeweitet werden. Das war eine Sorge, die bestand, aber diese konnte ausgeräumt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln ein Thema, das sowohl für die Arbeit­nehmer als auch die Arbeitgeber von Bedeutung ist. Leider muss ich feststellen, dass dieses Thema von einer Seite sehr emotionalisiert worden ist, obwohl es nur um zeit­gemäße Anpassungen geht. Bundeskanzler Kurz hat im Nationalrat auch klar gesagt und deutlich gemacht, dass die Reform, die hier durchgeführt wird, keine allzu große ist. Die Realität der modernen Arbeitswelt soll in Teilbereichen ganz einfach einen ge­setzlichen Rahmen bekommen. Beispiele wurden angeführt, wo es zu Problemen kommt, wo es zu Strafen kommt, wo nicht ehrlich abgerechnet und aufgezeichnet wird, weil man ganz einfach Arbeiten fertig machen möchte. Ich verstehe daher nicht, warum hier Arbeitnehmer und Bevölkerung gleichermaßen so verunsichert werden.

Ich möchte schon anmerken, dass leider Gottes einige von der Realität in der Wirt­schaft weit entfernt sind, es gibt viele Beispiele. Ein Beispiel, das zeigt, dass Sie von der Sozialdemokratie leider schon lange von der Realität weg sind, möchte ich auch anführen. Wir leben in neuen Zeiten, und neue Zeiten brauchen auch neue Antworten. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.) Das ist auch ein Slogan, den der ÖAAB Niederösterreich jetzt schon seit einiger Zeit verwendet, und wir wissen ganz genau, dass in unserem Leben nichts so fix ist wie die Veränderung. Ich möchte an einem Beispiel, das jetzt schon einige Jahre zurückliegt, zeigen, dass die SPÖ nicht am Puls der Zeit ist.

Es war um das Jahr 2000, als der ÖAAB ein neues Abfertigungsmodell präsentiert hat, das sogenannte Rucksackmodell, ein Modell, das darauf abgezielt hat, die Situation fairer zu machen. Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben davor keine Abfertigungen bekommen, wenn sie selbst den Betrieb verlassen haben. Hier ist es um Fairness und Gerechtigkeit gegangen. Ich erinnere mich noch an den Aufschrei des AK-Präsidenten Tumpel in Wien und seines Kollegen Staudinger in Niederösterreich. Heute ist das ein anerkanntes, faires und gerechtes Abfertigungsmodell für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer. Alle profitieren gleichermaßen davon und keiner ver­liert Ansprüche, die er sich hart erarbeitet hat. Sie waren dagegen – leider Gottes, es ist schade darum!

Ich denke, dass es jetzt auch mit den flexiblen Arbeitszeiten in einer ähnlichen Form sein wird. Es ist ein ausgewogenes und auch faires Modell, das hier beschlossen wer­den soll. Tun Sie bitte nicht so – auch mit Ihren Taferln –, als müsste in Österreich mit der Kundmachung dieses Gesetzes ab dem 1. September jeder täglich 12 Stunden, 60 Stunden in der Woche arbeiten! (Bundesrat Schabhüttl: Das sagt ja keiner!) Tun Sie nicht so und reden Sie das den Menschen nicht ein! Das ist nicht fair, das ist nicht verantwortungsvoll, das ist eine Kampagne und nicht mehr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Schabhüttl: Dann machen Sie das Gesetz nicht! – Bundesrätin Grimling: Das hinten und vorne nicht stimmt!)

Neue Zeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen neue Antworten. (Bundesrat Schennach: Die Glaubwürdigkeit des ÖAAB ist schwer angeschlagen!) Ich bin sehr viel in der Bevölkerung unterwegs und ich war jetzt auch in einem Betrieb in meinem Bezirk Lilienfeld – einem Betrieb, der einen Betriebsrat hat, der von der FSG gestellt wird. Dieser Betriebsrat ist mit mir durch diesen Betrieb gegangen. Wir sind gemein­sam durchmarschiert und haben dieses Thema auch angesprochen. Ich habe ihn ge­fragt, wie er dazu steht. Es war klar: Ich habe das gehört, was ich heute von Ihnen ge­hört habe – gewerkschaftlich gut gebrieft. (Bundesrätin Grimling: Nein, das ist die Über­zeugung!) Ich habe ihm dann vorgeschlagen, dass wir durch diesen Betrieb gehen und zehn willkürlich ausgewählte ArbeitnehmerInnen fragen, was sie dazu sagen, wenn sie einmal 12 Stunden arbeiten müssten und dann vielleicht mehr in Freizeit abgegolten be­kommen oder sich das auch entgelten lassen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, es war kein einziger Arbeitnehmer dabei, der dieses Modell schlecht gefunden hätte. Sie haben gesagt: Ja, wenn ich am Stück drei Tage Freizeit habe und in vier Tagen meine Arbeitszeit erledigen kann, dann bin ich gerne dazu bereit. – Das ist die Realität und nicht das, was Sie den Men­schen vormachen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Hahn und Schabhüttl.)

Ein weiteres Thema ist durch einen SPÖ-Gewerkschafter berühmt geworden: Pflaste­rer Günther. Dieses Beispiel mag sich schon gut zur Mobilisierung innerhalb der Ge­werkschaft eignen, dieses Beispiel mag auch Klassenkampftöne erzeugen und stär­ken, aber es widerspricht der Realität und es ist eine Beleidigung für Unternehmerin­nen und Unternehmer, auch für Pflasterer. (Bundesrat Schabhüttl: Das ist die Reali­tät! – Bundesrätin Dziedzic: Sie leben in anderen Realitäten!) Neue Zeiten brauchen neue Antworten. Was da gezeichnet wurde, ist nicht real. Jeder Arbeitgeber, der Pflas­terer beschäftigt, weiß, dass diese Arbeit nicht 12 Stunden lang auszuhalten ist. Diese Verantwortung hat jeder Arbeitgeber. Zeichnen Sie nicht ein Bild von Arbeitgebern, das es nicht mehr gibt! (Bundesrat Schabhüttl: Sie machen das Gesetz! Wird da zwischen einem Pflasterer und anderen unterschieden?)

Außerdem stehen diese Pflasterer nicht vor der Tür Schlange und warten, bis einer ab­gearbeitet ist und krankheitshalber wieder nach Hause gehen muss, und klopfen schon an, weil der Unternehmer darauf wartet. Die gibt es nicht! Viel zu wenige Arbeitnehmer haben wir in diesem Bereich. Daher: Zurück zu den Fakten, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Es besteht bei dieser Sache auch eine Scheinheiligkeit des Herrn Kern, wenn wir hier Maßnahmen, die im Plan A stehen, beschließen. (Bundesrat Weber: Sie müssen le­sen, was dort drinnen steht!) Der wird ja nicht mehr ernst genommen – das ist des Pu­dels Kern –, er wird mit dieser Heuchelei nicht mehr ernst genommen. (Bundesrätin Hahn: Sie müssen vollständig lesen, was da drinnen steht!)

Wir bleiben bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche, bei einer Tagesarbeits­zeit von im Schnitt 8 Stunden, Gleitzuschläge bleiben, Überstunde bleibt Überstunde, wird bezahlt, die Wahlfreiheit – Abgeltung in Geld oder Freizeit – ist gesichert, die Ar­beitnehmerInnenrechte und auch die Eigenverantwortung werden gestärkt – die Frau Bundesministerin hat es vorhin ausgeführt. Es mag sein, dass Ihnen das vielleicht da und dort nicht passt, weil die Abhängigkeit vom Betriebsrat geringer wird. Das ist aber nicht das Thema.

Das Thema ist, dass der Arbeitnehmer für das entschädigt werden muss, was er leis­tet. Dieses gute Miteinander hat unsere Frau Ministerin angesprochen, und dafür wol­len wir die Arbeitszeitflexibilisierung mit diesem Beschluss umsetzen. Wir werden das tun, und ich denke, dass wir auf der einen Seite für die Zukunft des Wirtschaftsstand­ortes Österreich, aber vor allem für ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen gleicher­maßen eine faire und gerechte Regelung schaffen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Schennach: Der ÖAAB ringt um die Glaubwürdigkeit!)

13.16

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. – Bitte.