18.38.41

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehr­te Frau Präsidentin! Ich freue mich sehr, dass ich Sie heute zum ersten Mal so anspre­chen darf. Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Fast 70 Prozent der Österreicherinnen und Öster­reicher haben eines. Ich würde sagen, hier herinnen ist der Anteil sogar noch höher. Bei manchen von Ihnen liegt es gerade auf dem Tisch, andere haben es in diesem Mo­ment in der Hand. Es begleitet uns vom Aufstehen bis zum Schlafengehen, und im Schnitt benutzt es jeder von uns dreieinhalb Stunden am Tag. Die Rede ist – Sie ah­nen es vermutlich schon – vom Smartphone.

Was das Smartphone mit der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes zu tun hat, das haben wir heute schon mehrfach gehört. Mit dieser Novellierung beschließen wir heute drei Änderungen. Es geht um die Videoüberwachung von Objekten, zu deren Schutz Österreich völkerrechtlich verpflichtet ist, es geht um Waffenverbotszonen und es geht – und darauf möchte ich mich heute noch einmal konzentrieren – um die Schau­lustigen, um den Gafferparagrafen.

Wir halten fest, dass künftig gegen Menschen vorgegangen werden kann, die den Ein­satz von Hilfsmannschaften erschweren. Wir schaffen eine Rechtsgrundlage – wir ha­ben es vom Kollegen vorhin gehört – für eine wirklich effektive Wegweisung. Das heißt, Verwaltungsstrafen dürfen verhängt werden, wenn jemand Rettungseinsätze, wenn je­mand Notfalleinsätze behindert.

Ich habe im Vorfeld mit einem Rot-Kreuz-Mitarbeiter aus meinem Bezirk gesprochen, und der hat mir gesagt: Weißt du, neugierige Menschen hat es bei Einsätzen immer schon gegeben, aber der Unterschied zu früher, das Neue, das ist das Smartphone. Wer früher Zeuge eines Unfalls wurde, hat das Erlebte am Stammtisch oder seiner Fa­milie zu Hause erzählt; heute werden Unfälle quasi in Echtzeit in den Sozialen Medien geteilt. Was früher die Bilder waren, die man im Kopf hatte, die sich eingebrannt ha­ben, sind heute die Videos, die Fotos, die auf YouTube und Facebook gepostet und geteilt werden. Noch zusätzlich befeuert – ich glaube, das ist an dieser Stelle auch wichtig, zu sagen – wird das sicherlich durch die Boulevardisierung der Massenme­dien. Aus jedem Unfall werden heute Schlagzeilen gemacht, und besonders eifrige Schaulustige werden dann oft noch als sogenannte Leserreporter prämiert.

Ich komme aus einem Bezirk mit vielen Autobahnen und vielen Straßenkilometern. In meinem Heimatbezirk, im Bezirk Mödling, sind unsere freiwilligen Feuerwehren im ver­gangenen Jahr zu 770 Verkehrsunfällen gerufen worden. Ich habe nicht mit jedem ein­zelnen unserer aktiven Feuerwehrmänner und -frauen gesprochen, aber ich glaube, fast alle der 1 680 Mitglieder können ihre ganz eigenen Erfahrungen im Umgang mit Schaulustigen erzählen. Das ist aber nicht nur in meinem Bezirk so. Landauf, landab haben die Feuerwehren mittlerweile spezielle Sichtschutzwände angeschafft, um Han­dykameras Einhalt zu gebieten. Sie stellen eigene Posten ab, um die Sicherheit und den weiteren Verkehrsfluss überhaupt noch gewährleisten zu können.

Ich denke, all diese Beispiele zeigen deutlich, wie wichtig dieser heutige Beschluss ist. Wir geben damit unseren Sicherheitskräften und allen Einsatzkräften ein notwendiges Mittel in die Hand. Wir schaffen Rahmenbedingungen, damit Unfallopfer rasch versorgt werden können, und – und ich glaube, das ist ganz wichtig und in diesem Zusammen­hang noch nicht erwähnt worden – wir setzen auch eine wichtige Maßnahme, um den Schutz der Privatsphäre von betroffenen Menschen zu gewährleisten, von Betroffenen, die sich in einer Ausnahmesituation befinden und dann womöglich auch noch den neu­gierigen Blicken und den Smartphonekameras ausgesetzt sind.

Genau deswegen verbinde ich mit diesem Gesetz auch die Hoffnung, an das Gewis­sen der Menschen appellieren zu können. Keine Frage, das Gesetz allein wird nicht reichen, sondern es braucht begleitende Maßnahmen, es braucht vertiefte Öffentlich­keitsarbeit, und im Kampf gegen das Smartphone braucht es sicherlich auch digitale Kampagnen.

Es geht dabei um eine ganz wesentliche Frage, die wir uns meiner Meinung nach stel­len sollten: Wollen wir, dass man Fotos oder Videos von uns macht, wenn wir verletzt sind, wenn wir auf Hilfe angewiesen sind oder sogar um unser Leben kämpfen? – Wenn wir uns diese Frage beantworten – und ich glaube, sie ist leicht zu beantwor­ten –, dann werden wir das Smartphone wieder dazu nutzen, wozu es im Notfall ei­gentlich genutzt werden sollte, nämlich um einen Notruf abzusetzen, um Hilfe zu rufen. In Niederösterreich geht das übrigens mittels einer innovativen Notruf-App; im Zwei­fel – das sei auch gesagt – kann man das Smartphone aber natürlich auch nutzen, um zu telefonieren.

Ich möchte abschließend die Gelegenheit nutzen, um jenen Menschen zu danken, die nicht stehen bleiben, um das Smartphone zu nutzen, sondern die stehen bleiben, um zu helfen und um Zivilcourage zu zeigen. Ich möchte vor allem auch den Einsatzkräf­ten, die in ihrer Freizeit unter großem physischen und psychischen Druck stets höchst professionell, vielfach auch ehrenamtlich Hilfe leisten, Danke sagen. Ich denke, all die Blaulichtorganisationen haben unseren Respekt und unsere Unterstützung verdient. Mit dem heutigen Beschluss verstärken wir diese Unterstützung, deshalb darf ich ab­schließend noch einmal um breite Zustimmung bitten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Novak.)

18.44

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte.