19.14.35

Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Minister! Geschätz­te Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Mit dem Heimopferrenten­gesetz 2017 wurde eine „Geste der Versöhnung“ mit Menschen, denen in massivster Weise Unrecht zugefügt worden ist, gesetzt. Die Frau Präsidentin hat es erwähnt: Es handelt sich um ein ganz, ganz wichtiges Gesetz in Österreich. Wiedergutmachung, meine Damen und Herren, gibt es nicht. Verletzungen physischer Art können vielleicht weitgehend Heilung finden, seelische Wunden aber bleiben. Der Start ins Leben war für viele ein Fehlstart, was sich bis heute auswirkt. Dieses Gesetz, das im Zusammen­hang mit dieser Geste auch die Schaffung eines Anspruchs auf eine monatliche Rente beinhaltet, ist ein wirklicher Schritt hin zu dieser Versöhnung.

Der Kreis der Bezugsberechtigten wurde nun so definiert: Opfer von Misshandlungen in Heimen und Pflegefamilien können bei Zutreffen der Voraussetzungen seit 1. Juli 2017 eine monatliche Rente in der Höhe von 300 Euro beziehen. – Nicht viel, aber es ist eine Gutmachung.

Bezugsberechtigt sind Personen, die eine Entschädigung als Missbrauchsopfer erhal­ten haben und eine Pension beziehen beziehungsweise das Pensionsalter erreicht ha­ben, sowie jene, die eine Dauerleistung aus der Mindestsicherung aufgrund der dauer­haften Erwerbsunfähigkeit beziehen.

Mit der Änderung des Gesetzes wurde der Kreis der Personen, die Anspruch auf eine Zusatzrente haben, ausgeweitet. Auch Personen, die in Krankenanstalten, Psychia­trien, privaten Trägereinrichtungen zu Opfern von Misshandlungen und Missbrauch wur­den, und solche, die sich einer Malariatherapie unterziehen mussten, haben nun An­spruch auf symbolische – ich wiederhole: auf symbolische – Entschädigung. Das ist gut so, weil nicht mehr unterschieden werden muss zwischen Opfern gewisser Einrich­tungen, die diese Entschädigungen bekommen, und solchen, die kein Recht darauf haben. Vor diesem Gesetz müssen alle Opfer, meine Damen und Herren, die gleiche Behandlung erfahren.

Wir müssen uns dabei vor Augen halten, dass es für die Einrichtungen, die diese Ent­scheidung über das Zusprechen einer Entschädigung treffen müssen, nicht immer leicht ist, da zu einem gerechten Urteil zu kommen. Unsere ehemalige Landeshaupt­frau Waltraud Klasnic war und ist noch heute in dieser Kommission, bei der sich immer noch Frauen und Männer melden. Das ist keine einfache, es ist eine schwierige Arbeit, deshalb müssen wir diesen Personen sehr dankbar dafür sein, dass sie dazu bereit sind, die Anträge gewissenhaft zu überprüfen. Dazu kommt jetzt, dass Anträge, die vor dem Hintergrund der derzeitigen Gesetzeslage abgelehnt wurden und die zur Nach­besserung aussichtsreich erscheinen, nun neu begutachtet, aber auch neu beurteilt wer­den müssen – eine Menge Arbeit.

Eine weitere Verbesserung zeigt sich darin, dass sich Betroffene in Zukunft direkt an die Rentenkommission der Volksanwaltschaft wenden können. Die betroffenen Men­schen müssen sich damit nicht wie bisher an verschiedene Stellen mit dem Ansuchen um eine Entschädigung wenden, um dann eine Zusatzrente erhalten zu können. Sie brauchen ihre Geschichte somit nicht an verschiedenen Stellen mehrmals vorzubrin­gen und müssen somit ihre Entwürdigung nicht immer wieder in der Erzählung neu er­fahren.

Meine Damen und Herren! Die Gefahr einer Retraumatisierung, die durch das oftmali­ge Befragen und das wiederholte Erzählen der Erniedrigungen gegeben ist, wird damit verringert. Dies ist ein wichtiger Punkt, obwohl die Arbeit der Kommission dadurch nicht eben erleichtert wird. Die Achtung der Würde rechtfertigt aber diesen Mehrauf­wand.

Weiters ist als positiv anzuführen, dass nunmehr auch Beziehern einer mit der Invalidi­tätspension vergleichbaren Leistung oder Personen, die aufgrund einer Behinderung arbeitsunfähig sind, diese Zusatzpension zugestanden wird.

Mit dieser Zusatzpension und mit dem Geld ist es aber nicht schon getan. Meine Da­men und Herren, so ist es wichtig, wie wir mit den Betroffenen umgehen: vielleicht zweifelnd, ob es wirklich so arg war, vielleicht sogar abschätzig und mit dem Vorwurf, die wollen sich doch nur etwas herausholen – was man verschiedentlich auch in den Medien gehört hat. Ich möchte deshalb besonders betonen: Es handelt sich um Men­schen, denen größtes Unrecht zugefügt worden ist, Menschen, denen ein wichtiger Teil der Zukunft genommen wurde (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ sowie bei der FPÖ), die Einschränkungen ihrer Entwicklungsmöglichkeiten schon in frühester Jugend erfahren haben. Es sind Menschen, meine Damen und Herren, deren Start ins Leben einem Fehlstart – und dies nicht aus eigenem Verschulden – gleichkommt. Es ist wichtig, diesen Menschen wenigstens symbolisch einen Teil dessen, was ihnen ge­nommen worden ist, zurückzugeben: einen Teil ihrer Würde – in der Anerkennung des­sen, was ihnen zugefügt wurde, und in der symbolischen Geste des Ausgleichs des Unrechts. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Mit dem Allparteienantrag – ich danke dafür – ist auch sym­bolisch dokumentiert, dass das Parlament geschlossen hinter dem Gesetz und dem jet­zigen Abänderungsantrag steht. Mit dieser Einigkeit wird zum Ausdruck gebracht, dass es das Anliegen aller ist, unser aller Anliegen, einen Beitrag zur Wiedergutmachung zu leisten, einer Wiedergutmachung, die nie zur Gänze möglich ist.

Meine Damen und Herren, mit dieser Geste muss zugleich die Bereitschaft verbunden sein, alles zu tun, damit sich diese Erniedrigungen und Entwürdigungen von Menschen nicht wiederholen. Die Achtung der Menschenwürde fordert unsere ganze Aufmerk­samkeit. Nehmen wir alle diese Herausforderung an! – Danke schön. (Allgemeiner Bei­fall.)

19.20

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. – Bitte.