10.46

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Werter Herr Präsident! Mitglieder des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, es ist uns allen klar, dass wir auf dem Weg der Digitalisierung möglichst viele Menschen mitnehmen müssen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass jene, die in den Schulen sind oder kurz vor der Schule stehen, mitkommen, dass jene, die in den Schulen sind, die notwendigen Ausbildungen bekommen, dass wir bei jenen, die in den Betrieben sind, das sogenannte Reskilling, also das Weiterlernen unterstützen und dass auch die Generation 60 plus, die vielleicht bei den Möglichkeiten der Digitalisierung noch nicht so sicher ist, mit dieser gut und sicher umgehen kann. – Deshalb ist das unsere gemeinsame Aufgabe.

Ich freue mich sehr, dass ein breiter Schulterschluss auch mit Ihnen, mit dem Natio­nalrat und auch mit den Bundesländern möglich ist, damit wir die digitalen Kompe­tenzen stark nach vorne bringen. Worum geht es dabei? – Es geht dabei darum, jeden dort abzuholen, wo er gerade ist, und jedem zu helfen, einen nächsten Schritt gehen zu können. Hierfür haben wir ein Programm aufgesetzt, Fit4Internet – das Programm, das nächste Woche, am 18. Oktober, startet –, womit wir zum Beispiel für die Ge­neration 60 plus dafür sorgen werden, dass es in jedem Bezirk in Österreich in jeder Woche ein „Kaffee Digital“ gibt, wo man ohne Vorkenntnisse, ohne Geräte, ohne irgendetwas, das man braucht, und ohne Kosten hingehen kann, um sich zwei Stunden austauschen zu können und beraten zu werden. Da gibt es einen Schulterschluss von Wirtschaft und Politik, von Bundesländern und Bezirken, damit wir das über Ge­samtösterreich ausrollen können.

Es gibt solche Aktionen und Maßnahmen bereits, wir bauen auf diesen auf, werden diese einbinden. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie skalieren oft nicht, sie erreichen nicht die Größe, dass wir wirklich in jeder Woche in jedem Bezirk so etwas anbieten können und eine Möglichkeit dazu haben. Wir sind dabei auch gemeinsam mit den VertreterInnen der Seniorinnen und Senioren unterwegs und werden das bereits in diesem Jahr mit einer Zielgruppe von 1 000 Menschen umsetzen. Einige Pilotprojekte sind schon gelaufen. Alles ist vorhanden, alles ist gut aufgesetzt, und wir können bis zum Jahresende 1 000 Menschen diese Möglichkeit bieten und dann im nächsten Jahr wirklich kontinuierlich in jeder Woche in jedem Bezirk.

Warum ist das so wichtig? – Es wurde kurz genannt: Wir sind in Österreich durchaus im Mittelfeld, was den Digitalisierungsindex betrifft, aber wir sind ganz weit hinten, was die Internetnutzung betrifft, da liegen wir auf einem der hintersten Plätze. Da haben wir eine ganz klare Aufgabe, auch was die demografische Entwicklung Österreichs betrifft, wirklich alle auf diesem Weg mitzunehmen.

Zweite Zielgruppe sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen. Ich mache mir nicht so sehr Gedanken um jene, die in großen Betrieben oder in IT-Firmen sind, sondern um jene in mittelständischen Unternehmen. Es sind immerhin 99,8 Prozent der österreichischen Unternehmen mittelständische Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Sie sind zur Hälfte Familienbetriebe, das heißt, sie sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Es ist eine ganz wichtige Aufgabe, diesen Mitar­beiterinnern und Mitarbeitern zu helfen, diese digitalen Kompetenzen aufzubauen. Es ist etwas, was wir auch mit diesem Pakt für digitale Kompetenz tun werden. Wir haben die Maßnahmen diesbezüglich schon in Vorbereitung.

Das heißt, es wird sehr bald die Möglichkeit geben, sich selbst in einem Self-Assess­ment zu probieren, festzustellen, wo ich denn bei diesen digitalen Kompetenzen liege. Das gibt es zum Beispiel im Moment in keinem europäischen Land, wir werden das erste Land sein, das das einführt. Da gibt es einen guten Rahmen, da geht es um Kommunikation, es geht auch um Problemlösungsfähigkeit, und dann sehe ich – so wie zum Beispiel bei den Sprachen, bei Englisch oder Französisch –, wo ich mit meinen digitalen Kompetenzen liege. Das kann man allen Österreicherinnen und Österreichern anbieten, jenen, die in Ausbildung sind, und jenen, die in den Firmen arbeiten. Von dort aus kann man dann genau sehen, welche Ausbildungsmaßnahmen es braucht.

Ich bin gerade dabei, sehr viele Unternehmen dafür zu gewinnen, ihre Ausbildungs­kurse, wie sie SAP oder IBM für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt ha­ben, zur Verfügung zu stellen, sodass das jedem ermöglicht wird, der in einem mittel­ständischen Unternehmen arbeitet, sodass jeder Zugang zu diesen Möglichkeiten bekommt.

Mir persönlich ist das sehr, sehr wichtig, und ich verwende sehr viel meiner Zeit darauf, dass wir in dem Bereich sehr stark weiterkommen. Da braucht es keine zusätzlichen Papiere, es braucht keine zusätzlichen Studien, sondern es braucht das entsprechen­de Umsetzen, und dafür fühle ich mich zuständig und dafür bin ich gemeinsam mit Ihnen da.

Ein ganz wichtiger angesprochener Punkt sind eben die mittelständischen Unterneh­men. Wir haben die Digitalisierungsagentur geschaffen, deren Hauptziel es ist, die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen. Während wir uns im Pakt für digitale Kom­petenz ganz stark um das Thema Bildung und Kompetenzen in allen Gesell­schafts­schichten außerhalb des Schulsystems kümmern, kümmern wir uns auf der anderen Seite mit der Digitalisierungsagentur ganz stark um die mittelständische Wirtschaft, um diese eben bei diesem Prozess mitzunehmen.

Warum ist das so wichtig? – Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Wir haben unter­schied­lichste mittelständische Unternehmen in Österreich, und mein Lieblingsbeispiel ist immer das Unternehmen, das in Innsbruck Glocken herstellt, das sind Glockengießer in 14. Generation. Der Eigentümer sagt zu mir: Wir machen jedes Monat einen Tabubruch. – Ich habe gesagt: Geh, was ist das? Ein Tabubruch jedes Monat? – Was er gesagt hat, ist genau das: Wir versuchen, neue Methoden, neue Dinge auszu­probieren, wir tun das seit 14 Generationen, und deshalb gibt es uns noch; heute ist es der 3D-Druck, heute ist es das Thema Blockchain, heute ist es das Thema Artificial Intelligence.

Wir müssen diesen innovativen Unternehmen Zugang und Möglichkeiten verschaffen, und das sind diese Innovation Hubs. In jedem Bundesland soll es einen geben. Die Ausschreibung wird es jetzt geben, wir starten mit drei. Die sollen als Anlaufstellen miteinander vernetzt sein, sie sollen mit jenen vernetzt sein, die es in der EU und international gibt. Es muss nicht jeder das Rad immer wieder neu erfinden, sondern es geht darum, dass wir uns auch auf unterschiedliche Schwerpunktsetzungen konzen­trieren.

Ich freue mich sehr, das in allen Bundesländern umzusetzen. Warum in allen Bundes­ländern? – Wenn ich Mittelständler bin, dann gehe ich nicht von Kärnten nach Ober­öster­reich, sondern ich brauche eine direkte Anlaufstelle. Auch diese Erfahrung habe ich persönlich in der Wirtschaft gemacht – ich habe immer Unternehmen mit sehr vielen Niederlassungen in Österreich geleitet –: Du musst so nahe wie möglich bei deinem Kunden sein. Diese Innovation Hubs werden vor allem den Mittelständlern intensiv helfen, nach vorne zu kommen.

Die Digitalisierung ist eine weitere große Chance. Ich spreche von der Reindus­tria­lisierung Europas, und wenn ich hier von Industrie spreche, spreche ich von sauberer, cleaner Industrie. Das ist eine Industrie, wie wir sie zum Beispiel sehen, wenn die Voest ihr digitalstes Stahlwerk der Welt nicht in China und nicht in den USA baut, sondern in der Steiermark, wenn Speck Handl die neueste Produktionsstätte im Speck­bereich in den Bergen in Tirol baut, dort 60 neue Arbeitsplätze schafft und nicht irgendwo anders. Das heißt, die Digitalisierung ermöglicht uns, dass wir viele verloren­geglaubte Arbeitsplätze wieder zurückholen.

Oftmals gibt es den Irrtum, dass geglaubt wird, je mehr Roboter wir haben, umso höher ist die Arbeitslosigkeit. – Gerade das Gegenteil ist der Fall: Zum Beispiel in Griechen­land gibt es 70 Industrieroboter pro 10 000 Beschäftigte, bei uns circa 155, in Deutsch­land 300, in Südkorea 600. Je mehr wir davon haben, je moderner wir sind, je innova­tiver, technologisch weiter wir sind, umso mehr Arbeitsplätze schaffen wir und umso geringer ist die Arbeitslosigkeit.

Da haben wir bei der Digitalisierung eine ganz besondere Aufgabe. Wir müssen bei dem Thema Fachkräfte darauf achten, dass auch die Ausbildungen so stattfinden, wie unsere Jugend es braucht. Darum gibt es in der Lehre einen Schwerpunkt auf Digita­lisierung der Lehrberufe. Wir haben 200 verschiedene Lehrberufe, davon ist zum Beispiel der Dachdecker das letzte Mal 1973 überarbeitet worden. Es gibt ganz neue Aufgaben, die unsere Jugend zu erfüllen hat, und wir müssen sie mit den Fähigkeiten dazu ausstatten. Da braucht es gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Überarbeitung dieser Lehrberufe. Da dürfen wir gerne ein bisschen an Geschwindigkeit zulegen.

Und es braucht neue Lehrberufe: Ich gebe Ihnen als Beispiel E-Commerce-Kaufmann und E-Commerce-Kauffrau. Erst vor Kurzem – am 1. September – eingeführt, gibt es bereits 52 Lehrlinge, davon 40 Prozent Frauen, und wir sprechen eine weitere Zielgruppe an, nämlich einige, die Matura gemacht haben. Es braucht auch neue Formen der Lehre, wie eine duale Akademie, wie sie gerade in Oberösterreich sehr erfolgreich getestet wird, und die viele Bundesländer übernehmen möchten. Ich möchte Sie bitten, das auch in Ihr Bundesland mitzunehmen. Duale Akademie be­deutet zwei Jahre Lehre nach der Matura. Besonders die technischen Lehrberufe sind auch sehr geeignet dafür; sie sind auch dazu geeignet – je mehr Software sie ent­halten -, mehr Frauen anzuziehen und in diese hochwertigen Arbeitsprozesse hinein­zubringen.

Wir haben also große Aufgaben in der Wirtschaft und in der Bildung, da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein. Wir haben eine dritte große Aufgabe, die in der Verwaltung liegt. Verwaltung und Regierung müssen in der Digitalisierung Vorbild sein, Impuls­geber. Wenn sie das tun, dann können die Unternehmen davon profitieren, die Start-ups, die unterschiedliche Lösungen entwickeln. Wir können uns da sehr rasch nach vorne bewegen.

Darum ist der dritte Schwerpunkt bei mir das digitale Amt: oesterreich.gv.at ist in Vorbereitung, wir sind im nächsten Jahr so weit. Meine Projekte gehen oft nicht so schnell, da geht es nicht nur um eine Veränderung des Gesetzes – was als Rahmen notwendig ist –, da sitzen Menschen dahinter, die programmieren, die Ideen zur kreativen Umsetzung haben. Wir werden sehr bald so weit sein, dass man die wich­tigsten Behördenwege, wenn man das mag, von zu Hause aus – im Sinne von E-Government zu Mobile Government –, von mobilen Endgeräten aus machen kann; man muss nicht, aber man kann, es ist eine Möglichkeit.

Da schließt sich der Kreis: Wenn wir solche Services anbieten, müssen wir auch dafür sorgen, dass alle auf diesem Weg mitkommen und es entsprechend leichter haben. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. Wir haben gemeinsam in den ersten Mona­ten einiges weitergebracht: Digitalisierungsagentur, Pakt für digitale Kompetenz, Überarbeitung von Lehrberufen, unterschiedlichste Themen. Die Digitalisierung ist ein Matrixthema, sie kommt überall vor. Wir tun es für diese und für die nächste Generation. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung, wenn Sie mir dabei helfen, eine digitale Vertrauensgesellschaft zu bilden, indem wir gemeinsam alle auf diesem Wege mitnehmen. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

10.59

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank, Frau Bundesminister.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren TeilnehmerInnen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht über­steigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Doris Schulz. Ich erteile es ihr. – Bitte.