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Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Gestatten Sie auch mir, auf einige Anmerkungen, die von Ihnen, sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte, gemacht worden sind, einzugehen. Vielleicht zum Stichwort bundes­weite Regelung, Föderalisierung oder Föderalismus: Ein weiteres aktuelles, gerade aufpoppendes Thema ist, wie man mit aggressiven Hunden umgeht. Da darf ich das oberösterreichische Hundehaltegesetz erwähnen. Interessanterweise hatten wir aus diesem Bundesland mehrmals Beschwerden, haben sie bearbeitet und dort auch das rechtmäßige Vorgehen von Gemeinden beziehungsweise Hundehaltern gefordert, und daraufhin hat eben zum Beispiel Oberösterreich das Gesetz verschärft. Ich glaube, es ist auch medial genannt worden, dass es als Beispiel gelten könnte.

Es ist so, dass vor allem Kinder, betroffene Spaziergängerinnen und Spaziergänger, Menschen vor Hunden in den Bundesländern vom jeweiligen Hundehaltegesetz und von der Regelung unterschiedlich geschützt oder eben nicht geschützt sind. Ich weiß schon, dass es im Bundesrat immer eine besondere Herausforderung ist, wenn ich an bundeseinheitliche Regelungen denke, aber vielleicht gelingt es gerade Ihnen, in den jeweiligen Ländern, aus denen Sie kommen, Wege zu finden, damit die Standards des Schutzes einigermaßen gleichgestellt sind.

Ich darf nun zu den angesprochenen Themen wie folgt Stellung nehmen:

Justizwache und Justiz insgesamt: Ja, das Leben in den Anstalten ist nicht einfacher geworden, für niemanden – für die Justizwache nicht, für die Ärzte nicht, für das Fach­personal nicht. Da ist eine Unterdotierung mit Personal natürlich besonders heraus­fordernd. Ich darf Ihnen die aktuellen Zahlen vom 13. September nennen: 3 422 Plan­stellen. Wenn ich davon jetzt noch die besetzten Karenzierungen und reduzierte Arbeitszeit wegrechne, sind 214 Planstellen nicht besetzt. Das Ministerium und wir gehen davon aus, dass die derzeit 186 Personen, die in der Grundausbildung stehen und im März 2019 fertig werden, dann auch wieder eine Verbesserung bringen, sodass wir für den Sommer nächsten Jahres von einem Minusstand von 80 Personen aus­gehen. Da muss aber alles seinen Lauf nehmen und es müssen sich auch genügend Personen bewerben. Die Aufnahmeprüfung, das Aufnahmeverfahren ist sicher selektiv, aber niemand, weder das Ministerium noch die Volksanwaltschaft, will Qualitäts­ab­striche machen, weil das schon gar nicht mit der herausfordernden Lage zusammen­passt.

Ein weiterer Aspekt: Ja, es ist durch die Internationalisierung des Publikums – ich sage es jetzt einmal so –, der Betroffenen, der Inhaftierten, auch der U-Häftlinge, die ja weniger Recht auf Bewegung haben und daher unter besonderen Herausforderungen die Aggression betreffend stehen, nicht einfacher geworden. Die Aggression ist ge­stiegen. Gott sei Dank, können wir sagen, hat das insofern noch nicht auf das Personal durchgeschlagen, als wir Meldungen von Aggressionshandlungen gegenüber der Justizwache nicht steigend sehen können. 2016 waren es 19,3 Angriffe bei 100 000 Haft­tagen, 2017 dann 10,2, 2018 liegen naturgemäß nur Rumpfmeldungen vor. Wenn es also gelingt, weiter in Antiaggressivitätstrainings beim Personal zu inves­tieren, Super­vision anzubieten – das ist einfach heute in jedem Sozialberuf schon Standard –, dann kann es gelingen, auch diese Herausforderung in diesem anstren­genden, aber gesell­schaftspolitisch so wichtigen Beruf gut zu meistern.

Frau Bundesrätin Ecker, glaube ich, war diejenige, die Asten angesprochen hat. In der Tat, das ist ein Musterbeispiel für gelingenden und vorbildlichen Straf- beziehungs­weise Maßnahmenvollzug. Im Maßnahmenvollzug sind die Menschen, die eigentlich ihre Haft erledigt haben und dort als psychisch Kranke therapiert werden. Das ist in Asten der Fall.

Die Gesellschaft muss nur aufpassen, dass Asten nicht derart sozusagen zum guten Beispiel gemacht wird, dass es dann zu einer Überfüllung, zur Herabsetzung und zur Absenkung der besten Bedingungen und so weiter kommt. Auch dort muss eine be­stimmte Größe, ein bestimmter Personalschlüssel und so weiter eingehalten werden. Aber nach dem Muster Asten soll es ja – so der Minister, der das noch für vor Jah­resende 2018 angekündigt hat – therapeutische Zentren geben und dort soll behandelt werden.

Leider steigt auch diese Zahl, und es rätseln die Wissenschaftler auch darüber, warum die Zahl von Tätern, die jetzt noch geistig abnorm heißen, die also psychisch krank Straftaten begehen, steigt.

Ich darf zu meinem Geschäftsbereich noch sagen, weil das Sie als Bundesräte viel­leicht interessiert, dass ein Drittel der Prüffälle aus dem Gemeinde- und Landesver­waltungsbereich kommt, das heißt, wir sind auch Landesvolksanwälte. Das betrifft in meinem Bereich in hohem Maße Flächenwidmung, Bauordnung, Raumordnung, Straßen­recht, Kanalgesetze.

Sie als diejenigen, die aus den Regionen kommen, können sich vorstellen, dass das manchmal auch zu – sagen wir es einmal so – Missverständnissen auf allen möglichen Seiten führt. Dennoch lade ich Sie auch als Bürgermeister oder Gemeinde­verantwort­liche ein, mitzuhelfen, die Bodenversiegelung zu stoppen. Täglich werden 20 Hektar Boden, Grünland versiegelt. Das hat Auswirkungen auf landwirtschaftliche Flächen, aber im Zusammenhang mit dem Wandel des Klimas auch auf die Beschaffenheit der Böden, also die Möglichkeit, Oberflächenwasser im Boden versickern zu lassen, die Bodenqualität der Gärten, der Wälder, der Grundstücke. Helfen Sie also bitte mit! Österreich ist da im negativen Sinn Vorreiter.

Ich darf Sie auch noch einladen – Gewaltschutz ist angesprochen worden –: Ja, wir machen im Herbst wieder die interdisziplinäre Lehrveranstaltung, bei der der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, die Medizinuniversität Wien und die Volks­anwaltschaft zusammenarbeiten. Heuer geht es um Kinder und Jugendliche als Mit­betroffene von häuslicher Gewalt. Ich darf Sie zur Auftaktveranstaltung am 26.11. um 16 Uhr in der Volksanwaltschaft einladen, das ist eine öffentliche Diskussion und ein Einstieg ins Thema, oder zum Abschluss am 13.12., wieder um 16 Uhr, in der Volks­anwaltschaft.

Ich bin sicher, ich habe einige Dinge offen gelassen, und Sie erwarten vielleicht noch mehr.

Abschließend eine mir wichtig erscheinende Information im Zusammenhang mit dem neuen Erwachsenenschutz-Gesetz: Im Ausschuss bin ich betreffend die Vorsorge­vollmacht befragt worden. Ich werbe dafür: Achtung, präzise Vorsorgevollmachten! Das heißt, Sie disponieren bei vollem Bewusstsein, geben jemandem eine Vollmacht für ganz bestimmte Dinge, und niemand kann sie ausnutzen, das Gericht muss das Frei­zeichen geben. Bitte schließen Sie sie korrekterweise beim Notar, beim Rechtsanwalt oder in einem Erwachsenenschutzverein ab, und sorgen Sie dafür, dass sie ins zen­trale Register kommt. Nur so sind Sie sicher, dass im Fall von Unfall, Krankheit, Demenz und so weiter das geschieht, was Sie sich wünschen.

Jetzt kann ich – ich glaube, Martin Preineder hat es schon angesprochen – mit dem schönen Zusammenhang von Gerechtigkeit und Recht schließen: Die Bürger wün­schen sich, wenn sie zu uns kommen, Gerechtigkeit. Das ist eine unlösbare, unend­liche, aber dennoch immer anzustrebende Aufgabe. Wir sorgen dafür – wir schauen und stellen halt in 15 Prozent der Fälle fest, dass nicht einmal das Recht eingehalten wurde; also: Recht und Gerechtigkeit –, wir kümmern uns um das Recht und um das Grundrecht auf gute Verwaltung, das im Vertrag von Lissabon als Grundrecht verankert ist, und dabei sollten möglichst wenige Rechtsverletzungen und Missstände herauskommen. – Danke für die Aufmerksamkeit und Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)

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