17.19

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Brunner: Was ist denn los? Fleißig! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ein Multiredner!)  Zuerst war ich freundlich und jetzt bin ich Contraredner. Ich habe mich raufgearbeitet.

Wenn wir heute über das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sprechen, dann ist das ja nicht das erste Mal, dass wir darüber diskutieren. Ich glaube, dass wir uns eigentlich grundsätzlich einig sind, dass die Maßnahmen zur Beschleunigung von Verwaltungs­verfahren grundsätzlich positiv sind, da kürzere und effizientere Verfahren für alle Ver­fahrensbeteiligten und die befassten Behörden nicht nur Zeit-, sondern auch Kosten­ersparnis bewirken. Verfahrensdauern von mehreren Jahren bei Großprojekten werden im Grunde genommen immer wieder als Negativbeispiele zitiert. Ja, solche Verfahren gibt es, sie sind aber – und das muss man wirklich betonen – keinesfalls die Regel.

Wenn die Regierung – jetzt sage ich es einfach einmal so – unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung die Ursachen für diese langen Verfahrensdauern bei UVP-Verfahren in der Teilnahme von Umweltorganisationen sieht, so greift das wahrschein­lich ein bisschen zu kurz. Es ist in höchstem Maße anzuzweifeln, dass darin die Schuld für die Verschleppung von Verfahren zu finden ist. Eine genaue Ursachenanalyse wäre in diesem Fall angebracht.

Dass Verfahren länger dauern, liegt häufig auch an mangelhaften Unterlagen des Pro­jektwerbers oder schlicht an der Überlastung der Behörden selbst. Das habe ich nicht nur als Bürgermeister erlebt, sondern das habe ich auch von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bestätigt bekommen. Es gibt sicher Optimierungsmöglichkeiten in der Verfahrensabwicklung selbst, ohne dass dabei Umweltstandards geopfert werden müssten, wie es mit den derzeit geforderten Maßnahmen zu befürchten ist. Die Einfüh­rung von Hürden für die Teilnahme anerkannter Umweltorganisationen ist ein allzu durchsichtiges Manöver, um Umweltbedenken von Verfahren auszuschließen und der Wirtschaftslobby entgegenzukommen.

Wirtschaftslobby ist genau das, was ich ausdrücken wollte. Ich denke da an einen Spruch von Herrn Stronach, der einmal gesagt hat: Wer das Gold hat, macht die Re­geln. – Wenn ich mir diesen Wahlkampf oder die Wahlauseinandersetzung anschaue – von wo überall Gelder zum Beispiel bei der ÖVP hergekommen sind; im Wirtschafts­bereich Großspenden über Konzernmanager, Immobilienunternehmer und von wo auch immer –, dann frage ich mich wirklich, wem man da verpflichtet ist. (Bundesrat Schus­ter: Mit dem Silberstein war nichts? Immer auf die anderen!)

Dass Vereine, die sich für Umwelt- und Naturschutz einsetzen und sich daher an UVP-Verfahren beteiligen, künftig eine gewisse Mitgliederzahl nachweisen müssen, stellt ei­ne Schikane für alle dar, die sich gesellschaftlich und umweltrelevant engagieren. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Schauen wir uns die Abänderungsanträge, Initiativanträge, die Begutachtungsfristen oder die Nicht-Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern in letzter Zeit an! (Bundesrätin Zwazl: Was heißt „die Nicht-Zusammenarbeit“?) Wenn man im Umweltausschuss in der ersten Phase darüber nachgedacht hat, Adresslisten anzulegen, dann hätte ich gerne gesehen, wie zum Beispiel der Österreichische Alpenverein mit 500 000 Adres­sen angelegt wird oder die Naturfreunde mit 150 000 Mitgliedern – es seien nur zwei genannt. Dass das dann datenschutzwidrig ist, dass das europarechtswidrig ist, dass das verfassungsrechtswidrig ist, ja, das kann ich behaupten, das wäre auch nachzu­weisen.

Als dann schlussendlich dabei herausgekommen ist, dass NGOs nachweisen müssen, dass sie über 100 Mitglieder haben, und dass sie diese bei Rechtsanwälten oder Nota­ren zu nennen haben, haben wir in weiterer Folge alle gesehen, dass mindestens ein Drittel beziehungsweise die Hälfte dieser NGOs das einfach nicht zusammenbringt und da im Regen stehen gelassen wird.

Jetzt sagen Sie mir bitte: Was bringt es der Natur, wenn weniger NGOs mitreden dürfen? Das müssen Sie mir bitte beantworten! Was, glauben Sie, wird passieren? – Jene NGOs, die nicht dabei sind und keine Stellungnahme abgeben können, werden protestieren, die werden Bürgerinitiativen organisieren, die werden Demos vor Ort ver­anstalten. Das ist ja zum Beispiel von Greenpeace schon so angesprochen worden. Glauben Sie mir: Wenn sie noch so klein sind, sie lassen sich das nicht gefallen! Ein großer Teil der jetzt anerkannten Umwelt-NGOs verliert dadurch den Zugang zum UVP-Verfahren.

Auch die Einführung dieses sogenannten Standortanwalts, der das öffentliche Interes­se bei den jeweiligen Projekten unterstützen soll, ist dem massiven Wunsch der Wirt­schaftsinteressen geschuldet und sicher kein Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung.

Da brauche ich nur auf diese Wunschliste zu schauen, die ich vorher schon angespro­chen habe: Da gehören halt die WKO, die Landwirtschaftskammer und die Industriel­lenvereinigung dazu, die jetzt, nach einem halben, dreiviertel Jahr, diese Wünsche für das, was sie dazu beigetragen haben, erfüllt haben wollen.

Ja zur Verkürzung der Verfahrensdauer, zur Verfahrensbeschleunigung, aber nicht auf Kosten der NGOs und nicht auf Kosten der Umwelt! Vielmehr braucht es eine verbes­serte und ausreichende Ausstattung der UVP-Behörden und echte Reformen im Ver­fahrensmanagement statt reiner Scheinlösungen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Meine Damen und Herren, ich bringe folgenden Antrag ein:

Antrag

der BundesrätInnen Todt, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird

„Die unterzeichneten Bundesräte stellen im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmungen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (275 d.B. und 282 d.B.) einen Einspruch zu erheben.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR wie folgt begründet:

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates [...] führt auf Grund der Änderungen in den Ziffern 28 und 29 dazu, dass anerkannte Umweltorganisationen künftig aus min­destens einhundert Vereinsmitgliedern bestehen müssen und dieser Umstand alle drei Jahre bzw. auf Verlangen der UVP-Behörde gegenüber dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus glaubhaft zu machen ist. Diese Regelung bewirkt, dass die Anzahl der derzeit 57 anerkannten Umweltorganisation, die Parteistellung haben, drastisch reduziert wird. Diese Vorgangsweise steht in Widerspruch zu den Zielen der Aarhus Konvention und der UVP-Richtlinie eines weiten Zugangs der Öffentlichkeit zu Verfahren und gefährdet deren friedensstiftende Wirkung, sodass die Länder als maß­gebliche UVP-Behörden künftig mit konfliktreicheren Verfahren und somit längerer Ver­fahrensdauer zu rechnen haben.“

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Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

17.28

Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den BundesrätInnen Todt, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Oktober 2018 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird, mit der beigege­benen Begründung Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es.