12.44

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Vizepräsi­dent! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren zum einen den Grünen Bericht und zum anderen die Maßnahmen, die die Landwirtschaft in Zu­kunft braucht, um sich positiv entwickeln zu können. – Ich bin dankbar für alle guten Vorschläge, die in Richtung Stärkung der bäuerlichen und der ökologischen Landwirt­schaft gehen, ich stelle nur fest, dass Sie von der SPÖ und Sie von den Grünen, wenn es dann konkret um einen Beschluss – beispielsweise den vorigen betreffend 23 Millio­nen Euro – geht, dagegenstimmen. Bei Ihnen geht es immer darum, große Visionen in den Raum zu stellen, aber bei den kleinen Umsetzungen nicht dabei zu sein.

Ich möchte jetzt einige Gedanken äußern. – Wir sind in Diskussion um eine Neugestal­tung der europäischen Agrarpolitik; die Verhandlungen um die GAP-Reform sind im Laufen. Gerade die Landwirtschaft und der agrarische Bereich sind europäisch zu dis­kutieren, deswegen möchte ich einige Gedanken in diesem Zusammenhang einbrin­gen.

Europa soll vor allem die großen Themen lösen, und ein großes Thema haben wir schon in der vorigen Debatte behandelt, nämlich den Klimawandel und den Klima­schutz. Wir müssen dem Klimawandel entgegenwirken, aber das ist eine europäische, ja eine globale Aufgabe.

Um die Landwirtschaft in diesem Zusammenhang zu unterstützen, gilt es zu überlegen: Wie gehen wir mit Trockenphasen um? Was tun wir bei Überschwemmungen? Was tun wir vor allem gegen Schädlinge? – Es sind auch bereits Lösungsansätze genannt worden. Kollege Appé hat gesagt, dass wir in Bewässerung investieren müssen. – Ich glaube, es ist gut, wenn wir überlegen, wie wir Bewässerungssysteme verstärkt un­terstützen, ich hoffe nur, dass wir dann auch Unterstützung bekommen, wenn es um Wasserrechtsverhandlungen vor Ort geht!

Wir brauchen – das haben wir auch diskutiert – eine stärkere Risikoabsicherung in Form von Versicherungsmodellen.

Außerdem brauchen wir, wie auch schon angesprochen wurde, einen effizienten Pflanzenschutz. – Pflanzenschutz in der Landwirtschaft wird immer negativ dargestellt, Pflanzenschutz in der Landwirtschaft ist aber manchmal bei notwendigen Indikationen einfach eine Maßnahme, um die Pflanzen zu schützen und damit die Ernährung in Österreich, die Ernährung unserer Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln, sicher­zustellen.

Ich darf Ihnen ein Beispiel geben: Der Drahtwurm hat heuer dem österreichischen Kar­toffelbau sehr stark zugesetzt. Wir werden so viele Kartoffeln wegwerfen beziehungs­weise entsorgen, wie 2 Millionen Menschen essen könnten. Wenn Sie das wollen, dann verzichten Sie auf ein paar Gramm eines Pflanzenschutzmittels! All das ist mög­lich, wir sollten den Leuten aber auch sagen, was daraus entsteht, damit der Pflanzen­schutz nicht generell schlechtgeredet wird!

Wir brauchen in der Landwirtschaft durchaus auch eine verstärkte Orientierung in Rich­tung Bioökonomie und Bioentwicklungen. Es ist sehr viel Geld in Richtung Forschung unterwegs, weil für nachwachsende Rohstoffe innerhalb der Landwirtschaft viel Platz ist.

Wir müssen uns anschauen – das ist ebenfalls eines der generellen Themen –, wie wir junge Landwirte in den ländlichen Regionen halten können, denn es ist auch ein euro­päisches Problem, dass es eine Wanderung von den ländlichen Gebieten in die urbanen Räume gibt. Wenn wir die ländlichen Gebiete besiedelt halten wollen, müssen wir den ländlichen Raum für junge Menschen und vor allem für junge Frauen attraktiv erhalten. In diesem Zusammenhang geht es um Infrastrukturmaßnahmen, auch im so­zialen Bereich, und um den Ausbau der Digitalisierung, um auch dezentral qualitativ hochwertige Arbeitsplätze zu haben.

Letztlich aber ist es die Landwirtschaft, welche die Basis des ländlichen Raums dar­stellt. Daher gilt es, die Chancen für die jungen Landwirte auszubauen. – Ich bin dabei! Wir brauchen weniger Zwang in Richtung: Wachsen oder Weichen, wir brauchen mehr Diversifikation innerhalb der Landwirtschaft, also eine breitere Produktpalette, wir brau­chen mehr Verarbeitung sowie einen stärkeren Einstieg in die Vermarktung und auch in die Dienstleistung. Manchmal kann es sogar interessant sein, auch eine Vermittlung von bäuerlichem Wissen durchzuführen, weil viel, was in der Gesellschaft gesprochen wird, nicht mehr der Realität auf den Höfen entspricht.

Dazu brauchen wir auch eine Vereinfachung des Rechtsrahmens. Wir brauchen weni­ger Bürokratie, weniger rechtliche Maßnahmen und eine klarere Handhabung. So braucht es zum Beispiel im Bereich der Investitionsförderung und der ländlichen Ent­wicklung sicherlich entsprechende Vereinfachungen.

Außerdem brauchen wir – du, Frau Bundesministerin, sprichst das immer wieder an – gegenüber dem Handel eine stärkere Stellung auf dem Markt. – Dazu ein Beispiel: Es mag gut sein, wenn mehr Tierwohl gefordert und gefördert wird und die Handelsun­ternehmen das auch entsprechend bewerben. Es ist aber nicht positiv, wenn damit genau jene kleinen Tierhaltungsbetriebe, die nicht die Möglichkeit haben, 365 Tage im Jahr einen Auslauf herzustellen, von der Vermarktung ausgeschlossen werden.

Wir haben gehört, dass wir eine stärkere Unterstützung der Landwirtschaft brauchen. Dazu ist es auch notwendig, dass der Finanzrahmen beibehalten und keine Reduktion der Zahlungen seitens Brüssels vorgenommen wird. Die Flächenzahlungen im Rah­men der ersten Säule dienen nämlich nicht nur dazu, das Einkommen der Landwirt­schaft zu stärken, sondern sie dienen auch dazu, den Konsumenten Zugang zu heimi­schen Lebensmitteln zu ermöglichen, die einen hohen Umweltstandard, die einen ho­hen Tierschutzstandard, aber auch einen hohen Sozialstandard haben, weil sie nicht in Drittländern erzeugt wurden, wo soziale Gerechtigkeit keinen Platz hat. Diese Produkte aus Drittländern können aber durchaus nach Österreich importiert werden, weil der Agrarmarkt ein weltweit offener Markt ist. Die österreichische Landwirtschaft kann und will sich jedoch nicht so verhalten, wie der Weltmarkt sich verhält!

Weiters brauchen wir auch eine starke, kräftige zweite Säule – die wir nicht kürzen sollen –, um Umwelt, Innovation und in diesem Zusammenhang Junglandwirte zu un­terstützen.

Es ist sicherlich auch notwendig, einen entsprechenden regionalen und nationalen Spielraum zu ermöglichen. Die EU soll mehr Richtlinien vorgeben und weniger kon­krete Verordnungen machen, damit auf nationaler Ebene entsprechend gestaltet wer­den, man sich auf die regionalen Möglichkeiten einstellen und den Gegebenheiten an­passen kann.

Wir haben gestern etwas sehr Interessantes gehört: Wir haben uns im EU-Ausschuss den Bericht des Europäischen Rechnungshofes zu Gemüte geführt und dabei erfahren, dass es eine Vielzahl an Fehlerquellen gibt, die sich bei der Abwicklung dieser Aus­gleichszahlungen auftun und vorhanden sind, wobei es aber nur selten zu einer Rück­zahlung kommt. Das heißt, es geht nicht um die Beanstandung von Formalfehlern, sondern wir brauchen eine bessere und effizientere Abwicklung. Vielleicht wäre es auch gut, wenn wir uns nicht immer von den Aussagen des Europäischen Rechnungs­hofes leiten lassen, sondern das auch manchmal entsprechend politisch bewerten.

Es geht darum, die Landwirtschaft als Gesamtes zu sehen. Wenn wir aber Bio als die einzige Lösung sehen, Herr Kollege, dann wird das, glaube ich, nicht ganz funktionie­ren! Wir sind bereits Europameister beziehungsweise Weltmeister betreffend Anteil des Biolandbaus und wir können und wollen uns auch in diesem Bereich weiterentwickeln, aber nicht in zwei Jahren auf 100 Prozent! Die Konsumenten dürften da wahrscheinlich auch entsprechend gefordert sein. (Bundesrat Schabhüttl: 2020 Glyphosatverbot!) – Okay: 2020, das geht auch! Aber 2020 wäre ein sehr hehres Ziel für 100 Prozent Bio­landbau.

Ich sage Ihnen, wir haben einen nicht geringen Anteil an Biomilch, die aber nicht als Biomilch vermarktet werden kann, weil der Konsument das nicht annimmt. Daher bitte ich, hier vernünftig zu sein und Biolandwirtschaft – ich bin selbst Biobauer – so zu ent­wickeln, wie es der Markt verträgt und die Konsumenten das annehmen.

In diesem Sinne hoffen wir auf die Umsetzung einer GAP-Reform, die den Bauern und auch den Konsumenten entsprechend hilft. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.53

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Rei­singer. Ich erteile dieses.