14.53

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Zuhörerinnen und Zu­hörer! Das Entstehen dieser Artikel-15a-Vereinbarung, die wirklich wichtig ist, gestalte­te sich ein bisschen schwierig: zuerst eine Ankündigung, dass die Mittel für den Aus­bau der Kinderbetreuung massiv gekürzt werden, dann konnte durch großen politi­schen Druck doch noch erreicht werden, dass es nicht zu einer Kürzung kommt. Das alles war dann noch ein bisschen im letzten Atemzug vor Auslaufen der vorhergehen­den Vereinbarung und zu Beginn leider auch mit einer sehr ausgrenzenden Verhand­lungskultur praktiziert.

Die schwarz-blaue Bundesregierung hat eine Ausweitung der Arbeitszeit und eine Ver­kürzung der Ruhezeiten beschlossen. Für die Frauen, die einen Großteil der Betreu­ungspflichten in Österreich übernehmen, ist es damit noch schwieriger geworden, Beruf und Familie zu vereinbaren. Jede zweite Frau in Österreich arbeitet Teilzeit, sehr viele nicht freiwillig, weil die Kinderbetreuung einfach nicht im erforderlichen Ausmaß gegeben ist. 19,9 Prozent Einkommensunterschied und ein Pensionsunterschied von 42 Prozent zwischen Frauen und Männern – das alles sind Zahlen, die zum Handeln zwingen und Rahmenbedingungen erfordern, um Beruf und Familie wirklich gut verein­baren zu können.

Frau Bundesministerin! Um vor allem Frauen eine Chance auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie geben zu können, braucht es eine wirkliche Ausbauoffensive in der Kin­derbetreuung, und deren Ziel muss über das Erreichen des Barcelonaziels hinausge­hen. Es braucht eine Ausbauoffensive sowohl für die unter Dreijährigen als auch für die über Dreijährigen.

Nicht vergessen darf man, dass in allen Statistiken, die jetzt zur Kinderbetreuung vor­liegen, auch die guten Werte, die Wien hat, mit eingerechnet werden. In Wien haben fast 95 Prozent der Kinderbildungseinrichtungen über 9 Stunden am Tag geöffnet bei durchschnittlich 4,4 Schließtagen, und fast alle Kindergärten haben mehr als 47 Wo­chen jährlich geöffnet. (Beifall bei der SPÖ.)

Das schaut im ländlichen Raum leider ein bisschen anders aus, und ich kann mich nur dem Redebeitrag der Kollegin aus Vorarlberg anschließen: Es ist ganz, ganz schwierig, Beruf und Familie im ländlichen Raum zu vereinbaren, und dort einen noch stärkeren Ausbau der Kinderbetreuung zu forcieren, wäre ein ganz, ganz wichtiger Punkt, um die Regionen zu stärken. Ich glaube, da sind wir in alle Richtungen ganz einer Meinung. (Bundesrat Bader: Und den Betreuungsschlüssel schaffen wir auch ab!) – Nein, den brauchen wir nicht abzuschaffen, wir brauchen einen besseren Ausbau der Kinderbe­treuung. Das ist eine der Grundvoraussetzungen. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bader.)

Ein Argument würde ich ganz gern noch mitgeben, weil ich glaube, es ist ein nicht un­wichtiges: Derzeit ist die Betreuung, die private Betreuungsstruktur noch sehr stark da­rauf ausgerichtet, dass man damit rechnet, dass vor allen Dingen Großmütter Betreu­ungspflichten übernehmen. Das faktische Pensionsantrittsalter steigt und wird in Zu­kunft noch mehr steigen. Dadurch ist der Ausbau der Kinderbetreuung noch mehr ge­fordert, denn diese Möglichkeit der Betreuung wird zukünftig immer mehr wegfallen.

Die dauerhafte Finanzierung ist für die Gemeinden natürlich eine ganz wesentliche Frage. Daher ist es besonders schlimm, dass die Aufgabenorientierung aus dem Fi­nanzausgleich mit November dieses Jahres rückwirkend gestrichen wurde. Die Aufga­benorientierung sah vor, dass die gesamten Mittel für Kindergärten ab 2018 kriterien­gebunden vergeben werden, wie zum Beispiel nach Anzahl der Kinder, Öffnungszeiten et cetera. Die Ertragsteile hätten in jenem Verhältnis verteilt werden sollen, in dem die Gemeinden im Bereich der Elementarbildung Aufgaben übernehmen. Es ist wirklich bedauerlich, dass die Vergabe der Mittel nach dieser Vorgangsweise nun nicht mehr möglich ist.

Einen besonderen Fokus möchte ich noch auf die ElementarpädagogInnen legen; das haben schon meine VorrednerInnen getan, aber es ist so wichtig. Auch in diesem Be­reich sind hauptsächlich Frauen beschäftigt, und sie leisten wirklich tolle Arbeit. Sie sind gut ausgebildet, und ihre Arbeit mit den Kindern ist pädagogisch ganz wesentlich für die Zukunft unserer Kinder.

Ich möchte die Geschichte eines Buben erzählen, der in einer Familie ohne migranti­schen Hintergrund aufgewachsen ist, mit dem aber einfach nicht viel gesprochen wur­de. Seine Sprachkompetenz war dadurch sehr gering. Er kam – und das war sein Glück – in einen Kindergarten, wurde von einer Elementarpädagogin gefördert und wurde von den anderen Kindern auch angeleitet. Damit hatte dieser Bub dann die Chance, mit dem gleichen Sprachniveau wie Kinder, die eine gute Förderung erhalten, in die Schule einzusteigen. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig.

Ich habe leider viele verärgerte und enttäuschte Rückmeldungen von Elementarpäda­gogInnen bezüglich des Wertekatalogs erhalten. (Bundesrat Steiner: Ja, bei den Kin­derfreunden!) – Nein, nein! (Bundesrat Schuster: Es geht die ganze Zeit um die Kin­derfreunde!) Ihre Aussagen waren unisono: Wir setzen die Inhalte des Wertekatalogs schon längst um. Das war ihre Antwort: Wir setzen die Inhalte des Wertekatalogs schon längst um! Weiß das die Regierung denn überhaupt nicht? Von uns wird immer mehr gefordert, aber unsere Arbeitsbedingungen verbessern sich nicht.

Frau Bundesministerin! Bitte setzen Sie sich im Interesse der Beschäftigten in der Ele­mentarpädagogik und im Interesse der betroffenen Eltern für ein bundeseinheitliches Rahmengesetz für Kinderbildungseinrichtungen ein. (Bundesrätin Mühlwerth: Fangt einmal in Wien an!) Das ist wie viele Aufgaben der Politik im Interesse der Frauen nicht ganz leicht, aber es ist sehr wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Österreichweit gleiche Regelungen der Kinderbildung, der Arbeitsbedingungen, der Be­zahlung und der Umsetzung der VIF-Kriterien zu erreichen, ist ein wesentlicher Schritt zu einer modernen und zukunftsgerichteten Betreuungsstruktur. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Georg Schuster. – Bitte.