20.42
Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuhörer! Zuerst möchte ich zu meinem steirischen Kollegen Krusche etwas sagen: Die Grünen oder Kollegin Ewa Dziedzic im Speziellen leben nicht auf dem Mars, sie warnen uns nur davor, dass wir hier auf der Erde bald marsähnliche Zustände haben werden. Das möchte ich einmal klarstellen. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller. – Bundesrätin Mühlwerth: Aber die handeln ganz anders in Wien als sie reden! Das ist eine Wiener Bundesrätin – überall interessiert sie die Bürgerinitiative - -! – Bundesrat Stögmüller: Geh doch ans Rednerpult!) – Frau Fraktionsvorsitzende, Sie dürfen selbst reden, Sie können sich zu Wort melden. (Bundesrat Pisec: In Wien zersägen die Grünen jeden Baum! Jeder Baum wird zersägt! – Bundesrat Schererbauer: Kettensägenmassaker! – Bundesrätin Mühlwerth: Ich nenne das heuchlerisch!)
Zum Zweiten möchte ich sagen, dass UVP-Verfahren nicht immer dafür ausschlaggebend sind, dass etwas nicht passiert. Beim Semmeringbasistunnel war es Ex-Landeshauptmann Pröll, der ihn viele, viele Jahre verhindert hat; das heißt, es gibt auch andere Gründe, und nicht nur das UVP-Verfahren, wie es bis jetzt durchgeführt wurde. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)
Unsere Fraktion, und das hat Kollege Novak bereits ausgeführt, hat natürlich Verständnis für das, was hier aufgezählt wurde und was Sie, Frau Ministerin, gesagt haben: für kürzere Verfahren, für effizientere Verfahren, für bessere Entscheidungsprozesse. Dieses Gesetz dient aber nur dazu, die Interessen der Wirtschaft zu befriedigen. Ein ÖVP-Politiker hat es in den Medien gesagt: Es ist Erntezeit!, und das trifft es, glaube ich, ganz genau. Deshalb werden wir diesem Gesetz auch nicht zustimmen, da dieses Gesetz wirklich nur der Aushebelung demokratischer Standards dient. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, anstatt eine bessere Abstimmung der Planung der Projekte – wie wir es heute schon gehört haben – mit anderen Interessen zu stärken und die Projektwerber in den Verfahren besser zu führen und zu begleiten, anstatt einer Aufstockung der Behörden mit Expertise und Personal, also anstatt dieser sinnvollen Forderungen, geht man in Richtung Abschreckung: mit der Drohung der Verfahrensförderungspflicht mit Kostenersatz, der Beschränkung der Äußerungsfrist und der Reduzierung der Veröffentlichungsstandards.
Meine Damen und Herren, auch wenn, wie Sie gesagt haben, die Begutachtung vieles im Erstentwurf beseitigt hat, so war es schon besorgniserregend, dass man so etwas überhaupt vorlegt, obwohl so viele darin enthaltene Dinge eigentlich rechtswidrig waren. Die rechtswidrigen Dinge wurden zum Teil entfernt, aber es bleibt immerhin der bittere Beigeschmack, dass in diesem Gesetz die Verfahrensbeschleunigung mit der Einschränkung der Verfahrensrechte gleichzusetzen ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)
Alle rechtswidrigen Normen sind unserer Ansicht nach – Frau Kollegin Dziedzic hat es schon gesagt – nicht entfernt worden, sodass das Gesetz verfassungs- und EU-rechtlich anfechtbar bleibt. Mit dieser Ansicht stehen wir nicht alleine da – das wurde heute schon geäußert –: Der Bundesverwaltungsgerichtshof, der Rechnungshof, der Dachverband der Verwaltungsrichter, ja, sogar die Land- und Forstbetriebe Österreich, alle haben an diesem Gesetz Kritik geübt, haben gravierende Bedenken geäußert, auch bezüglich des hohen Verwaltungsaufwandes.
Dass vor der Entscheidung im Nationalrat noch kurzfristig ein Abänderungsantrag seitens der Regierungsparteien eingebracht wurde, der den Landes-Wirtschaftskammern durch einen Standortanwalt aus dem übertragenen Wirkungsbereich des Bundes Parteistellung bei allen UVP-Verfahren verschafft, war von dieser Regierung der Industrie fast zu erwarten. (Bundesrat Stögmüller: Schande! – Bundesrätin Mühlwerth: Ja, schämt euch in Wien! – Ruf bei der ÖVP: Genau!)
Zum Schluss möchte ich noch – es wurde ja sonst alles ausgeführt – etwas zur Verfahrensförderungspflicht mit Kostenersatz sagen: Einerseits kann ich dem ja beipflichten, dass diese Kosten für unnötige Verfahrensverzögerungen durch Einwände beziehungsweise Forderungen von diversen Gutachten, die schlussendlich keine Verfahrensrelevanz haben, in Zukunft dem Verursacher überwälzt werden sollen, andererseits soll aber dadurch nicht der Umstand eintreten, dass es durch diese Androhung zu einer Einschränkung der Verfahrensrechte kommt – auf den Punkt gebracht: dass sich Beteiligte mit Parteistellung, also auch NGOs, mit berechtigten Einwänden in Zukunft zurückhalten, da sie mögliche Kostenübertragungen fürchten. Das wäre nicht zweckdienlich für eine sachlich korrekte und gute Verfahrensführung im Sinne der Projekte. Deshalb werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)
20.47
Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. Ich erteile es ihm.