9.04

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Grüß Gott, Frau Ministerin Hartinger-Klein! Wir Grüne erheben heute Einwendungen gegen die Tagesordnung, und diese beziehen sich auf den Tagesordnungspunkt 13. Es geht um das Bundes-Verfassungsgesetz, der Arti­kel 12 der Bundesverfassung soll geändert werden. Dieser Artikel regelt die Kom­petenzverteilung zwischen Bund und Ländern.

Ein Punkt, der heute beschlossen werden soll, ist unter anderem die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe. Auf die inhaltliche Kritik dieser Gesetzesnovelle will ich jetzt gar nicht eingehen, sondern vielmehr auf das Prozedere hinsichtlich der Vorgangs­weise.

Mir geht es heute um das Grundlegende, um die Wertschätzung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament und auch dem Bundesrat. Der Bundesrat steht immer wieder in der Kritik: Wofür brauchen wir ihn? Was bringt er überhaupt, er kann nur ein Veto einlegen, er kann eh nichts tun?! – Diese Fragen muss man sich im Bundesrat auch manchmal stellen, wenn solche Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes wie jene des Artikel 12, die vorgestern ohne irgendeine Debatte durch den Ausschuss geschleust worden ist, vorgenommen werden.

Ich möchte schon daran erinnern, dass der Bundesrat die Länderkammer dieser Re­publik ist. Er diskutiert und vertritt die Interessen der Bundesländer und entscheidet für die Bundesländer, welche Gesetze, welche nationalen Gesetze für sie gut oder nicht gut sind. Ein Gesetz, mit dem die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ver­schoben werden – und das bei einem so umstrittenen Punkt wie der Kinder- und Jugendhilfe, der heute ansteht, bei dem es überhaupt keine Vorteile bringt, dass die Kompetenzen zu den Ländern wandern –, bei dessen Diskussion nicht einmal ein Vertreter der Regierung anwesend war, es kein Hearing von Expertinnen und Experten gegeben hat und wir als Bundesrat uns nicht intensiver mit dem Thema aus­einandergesetzt haben, jetzt einfach durchzuwinken, ist für uns inakzeptabel. Ich bin davon überzeugt, dass der Bundesrat eine gute und wichtige Institution ist, als Zu­kunfts­kammer, als Europakammer und eben auch – und das ist unsere verfassungs­rechtliche Verantwortung – als Länderkammer.

Wir haben schon bei der Angelobung die stete und volle Beobachtung der Verfas­sungsgesetze geschworen. Gerade bei diesem Gesetz kommt dem Bundesrat eine besondere verfassungsrechtliche Bedeutung zu; definitiv mehr, als dem Nationalrat eigentlich zukommen würde, denn es geht dabei um eine Verschiebung von Kompe­tenzen in die Länder.

Und ganz ehrlich: Das Vorgehen im Ausschuss war eine Farce, nämlich ohne Vertreter der Bundesregierung, nur mit einem Beamten über eine Änderung des Bundes-Ver­fassungsgesetzes zu diskutieren, bei dem wir als Bundesrat wirklich einmal mitreden könnten, das wir wirklich auch einmal diskutieren könnten, ja, ablehnen könnten oder sagen könnten: Okay, das ist ein gutes Gesetz, dem stimmen wir zu! Da aber nur einen Beamten reinzusetzen, um zu diskutieren, ohne politische Aussage, obwohl wir wissen, dass in dieser Bundesregierung politische Aussagen wichtiger sind als irgend­welche empirischen Aussagen, also dazu muss ich sagen, ich würde darüber gerne auch politisch diskutieren.

Deswegen fordere ich als Einwender die werten Kolleginnen und Kollegen hier im Bun­desrat auf, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Den diesbezüglichen Geschäftsord­nungsantrag habe ich schon eingebracht, nämlich um den zuständigen Ausschuss erneut mit der Vorberatung und einem Hearing von Expertinnen und Experten, auch bei Anwesenheit der zuständigen Minister, das wären Moser als Justizminister und Bogner-Strauß als Jugendministerin, zu betrauen – ein geeignetes Prozedere, das ein derartiges Gesetz auch wirklich verdient und wodurch auch der Bundesrat wert­ge­schätzt wird.

Ich kann dieser Tagesordnung leider nicht zustimmen. Ich würde es gut finden, würdet ihr einem erneuten Betrauen des Ausschusses mit dieser Angelegenheit zustimmen. Danke. (Beifall der Bundesrätin Dziedzic.)

9.08

Vizepräsident Ewald Lindinger: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? (Bundesrat Bader hebt die Hand.) – Bitte.