10.11

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich noch einmal bedanken, weil gerade aus den Ausführungen hervorgegan­gen ist, dass für uns alle die Rechtsstaatlichkeit eine besondere Bedeutung hat. Gleichzeitig stellen wir auch außer Streit, dass gegenseitiges Vertrauen die Grundlage für gegenseitige Anerkennung ist und damit als Basis für ein Europa als eine Region von Freiheit, Sicherheit und Recht unverzichtbar ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch darum ersuchen, die Bemühungen, die wir im Rahmen des Ratsvorsitzes gesetzt haben, weiter voranzutreiben, denn es hat sich eben gezeigt, dass diese trotz unterschiedlicher Zugangsweisen zu einem Erfolg füh­ren können. Ich möchte erwähnen, dass es uns trotzdem, obwohl gegen Polen und Un­garn gerade Artikel-7-Verfahren laufen, gelungen ist, sehr wohl Schritte zu setzen, die gezeigt haben, dass die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit auch in diesen Ländern ein Anliegen ist. Das hat auch dazu geführt, dass alle Länder den Entscheidungen zuge­stimmt haben, die in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Überstellung von Straf­tätern in ihr Heimatland – etwa nach Rumänien oder in andere Länder –, Haft in der Heimat, möglich ist.

Sie haben recht, wenn Sie ausführen, das sei keine Erfindung von mir und keine neue Erfindung, dass man von Haft in der Heimat spricht. Es ist schon lange her, dass man darauf Bezug genommen hat – aber leider wurde Haft in der Heimat nicht gelebt bezie­hungsweise konnte sie aufgrund der rechtsstaatlichen Standards nicht durchgeführt werden. Wir müssen daher einen besonderen Fokus darauf legen, dass Rechtsstaat­lichkeit und gegenseitiges Vertrauen gestärkt werden.

Ein Punkt, der wichtig ist, wenn man versucht, andere zu überzeugen, war auch etwas, das Sie, Herr Bundesrat Schennach, im Zusammenhang mit der Brüssel-IIa-Verord­nung angesprochen haben. Es wurde nämlich schon in den Neunzigerjahren in Tam­pere darauf Bezug genommen, dass es notwendig ist, die Verfahren bei Kindesentfüh­rungen, die mehrere Jahre gedauert haben, zu verkürzen. Das war nicht möglich, weil alle 28 Staaten zustimmen müssen, damit es zu dieser Weiterentwicklung im Zivilrecht kommt. Wir haben es geschafft. Nach langen Verhandlungen, nach schwierigen Ver­handlungen, nachdem ich in ganz Europa herumgereist bin, haben wir es geschafft, jetzt die Brüssel-IIa-Verordnung zu verabschieden. Diese legt fest, dass in Zukunft Ver­fahren im Bereich der Kindesentführung nicht länger als 18 Wochen dauern dürfen und die Vollstreckung nicht länger als sechs Wochen.

Ich glaube, das ist der Weg, den wir brauchen: Wenn wir unseren Bürgerinnen und Bürgern in die Augen sehen wollen, wenn wir unsere Unternehmen stärken wollen, brauchen wir Europa und müssen einen Beitrag dazu leisten. Es freut mich daher auch, dass wir im Rahmen der noch kommenden Debatte, in der es um die Jahresvor­schau geht, ausführen können, warum gerade diese Arbeit, diese Dossiers, die wir an­genommen haben, zu einer Weiterentwicklung und auch zu einer Stärkung Europas führen werden.

Es sind im Rahmen der Debatte auch Themen angesprochen worden, die mein Res­sort in Bezug auf die Innenpolitik betreffen. Sie haben recht – das hat Frau Bundesrätin Mühlwerth angesprochen –, dass auch die Justiz sich den Herausforderungen zu stel­len hat. Die Justiz hat dabei die Aufgabe, Sicherheit zu schaffen und nicht Unsicherheit zu schüren, dementsprechend betreiben wir im Bereich der Justiz auch diese Politik, die vom Bundeskanzler und vom Koalitionspartner voll mitgetragen wird.

Unser Thema ist, Sicherheit zu schaffen und in diese Richtung auch das Recht weiter­zuentwickeln, wenn es notwendig ist. Da ist auch wieder ein Punkt: Sie können sicher sein, dass jede Entwicklung, die stattfinden wird, im Rahmen der Menschenrechte ge­schehen wird – dazu stehe ich –, und eine Abweichung von Menschenrechten oder ei­ne Beeinträchtigung der Menschenrechte kommt für mich und insbesondere auch für den Bundeskanzler nicht in Betracht. Ich glaube, es ist wichtig, das hier auch zu er­wähnen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Koller.)

Einige Themen sind noch erwähnt worden, ganz kurz: Digitalisierung, Beschleuni­gungsgebot, Verbandsklage, um nur ein paar zu nennen – diese Themen stehen auf der Tagesordnung. Die Digitalisierung wird vorangetrieben, es soll noch heuer ein vol­ler Zugang zur elektronischen Akteneinsicht, zur Erkundigung über den Verfahrens­stand kommen. Eine interaktive digitale Bürgerplattform ist geplant, und was wir dies­bezüglich auf Europaebene bereits beschlossen haben oder noch vorantreiben könn­ten, werde ich dann später noch ausführen. Beim Beschleunigungsgebot sind wir auch dabei, weitere Maßnahmen zu setzen, auch dafür zu sorgen, dass ausreichend Sach­verständige, die auch eine angemessene Bezahlung bekommen, zur Verfügung ste­hen. Betreffend die Verbandsklage wird man in die Richtung gehen müssen, darauf zu achten, dass eben nicht ungerechtfertigte Mehrfachbestrafung stattfindet, sondern dass man den Punkt trifft, Fehlverhalten entsprechend sanktionieren zu können.

Die Sicherungshaft ist angesprochen worden: Wir sind gerade dabei, den Vorschlag, der eine Verfassungsänderung betrifft, auszuarbeiten. Sie können sich dabei sicher sein, dass dieser Vorschlag sowohl mit der EMRK als auch mit der Aufnahmerichtlinie und auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrech­te in vollem Einklang stehen wird. Dafür stehe ich, dafür steht auch Bundeskanzler Kurz, und dementsprechend werden wir das auch umsetzen. – Ich danke Ihnen. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

10.16

Präsident Ingo Appé: Danke, Herr Bundesminister.

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.