19.57

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher via Live­stream! Zu dem Bericht, den Kollege Schennach offensichtlich verkannt hat – zu den Themen Arbeit, Steuerflucht und Finanzen wirst du wahrscheinlich auf den Bericht des Finanzministeriums warten müssen; wir reden hier über den Bericht über Europa, Inte­gration und Äußeres –: Ich denke, dass es ein sehr guter und sehr detaillierter Bericht ist, der die wichtigen Vorhaben für die nächsten Jahre zeigt. Wir haben heute schon ein paarmal darüber geredet, dass sich die EU um die großen Dinge kümmern muss und die kleinen Dinge die Länder regeln lassen soll.

Ich denke, es gibt gerade in diesem Bereich sehr viele große Dinge, welche die EU an­gehen muss. Das eine ist der schon angesprochene Außenschutz, das Thema Migra­tion. Diesbezüglich hat es im Jahr 2015 eine große Krise gegeben, bei der die Men­schen das Vertrauen in die Souveränität der Länder, in die Souveränität der EU verlo­ren haben. Sie befürchteten, dass die Länder die Souveränität über ihr Gebiet, ihre Ge­bietshoheit verloren haben. Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir das Ver­trauen wiederherstellen. Die EU war damals eigentlich über Monate und Jahre hinweg in einer Art Schockstarre, und der Erste – aus den Regierungsparteien aller Länder in der EU –, der das wirklich richtig angegangen ist und aufgegriffen hat, war unser jetzi­ger Bundeskanzler, als er gesagt hat: Die Balkanroute muss geschlossen werden!

Genauso sehe ich das bei der Migration über das Mittelmeer: Damals, vor fast genau zwei Jahren, hat Kanzler Kurz gesagt, das Agieren der NGOs im Mittelmeer müsse überprüft werden. Es kam zu einem Riesenaufschrei in der ganzen EU, doch letzten Endes führte es zu einer Diskussion, die richtig angegangen worden ist. Jetzt gibt es Vorgaben für die NGOs, dahin gehend, wie sie dort arbeiten müssen, wobei es nun zu einem Rückgang der Migrationsströme über das Mittelmeer, aber auch zu einem Rückgang des Sterbens im Mittelmeer gekommen ist. Im Jahr 2016 gab es noch rund 5 000 Tote, im Vorjahr waren es nur mehr 2 200.

Deshalb ist es wichtig – und auch das steht in dem Bericht –, mit den Ländern Nord­afrikas Übereinkommen zu finden, damit sie mit uns in die Richtung arbeiten, dass die Schlepperei unterbunden wird. Die Schlepperei ist derzeit eines der besten Geschäfte weltweit, und wir müssen versuchen, das bestmöglich auszuschalten.

Auch die in diesem Bericht angesprochene Bekämpfung des Terrorismus und der Fi­nanzierung des Terrorismus ist eine ganz wichtige Angelegenheit für die nächsten Jahre, der sich die EU widmen muss. Wir haben selbst in Österreich einen Anschlag vereiteln können. Eine gute internationale Zusammenarbeit kann da Vorsorge treffen, damit wir in Zukunft weniger von diesen ganz hässlichen Anschlägen, wie wir sie in den letzten Jahren gesehen haben, sehen müssen.

Ein Teil des Berichts ist auch der Subsidiarität gewidmet, und ich glaube, da haben wir auch großen Handlungsbedarf. Wir sehen das bei uns im EU-Ausschuss: Bei den Ge­setzen, die uns vorgelegt werden, ist dann doch sehr oft von delegierten Rechtsakten die Rede, die irgendwann im Nachhinein erlassen werden. Wir, aber auch viele andere Länder, haben immer sehr große Kritik daran geübt. Jetzt gibt es Regelungen für diese Rechtsakte, dahin gehend, wie diese in Zukunft aussehen dürfen und sollen. Ich glau­be, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es können noch einige folgen, aber diese Schritte werden die EU wieder näher zu den Menschen in den einzelnen Ländern bringen und bei diesen vielleicht auch in Zukunft mehr Verständnis für die Arbeit der EU herstellen.

Bei den Beziehungen zu den einzelnen Ländern bin ich auch dafür, dass wir zur Tür­keifrage klare Worte finden. Es bringt nichts, da immer in einem schwammigen Ver­handlungszustand fortzufahren. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Türkei ein Mit­gliedsland werden kann, ich glaube, das sollte auch klar ausgesprochen werden.

Auch die Position zu Russland gehört überdacht. Die Sanktionen haben nichts ge­bracht, die russische Wirtschaft erholt sich eigentlich dadurch, und Russland macht wo­anders seine Geschäfte. So haben die Sanktionen eigentlich überhaupt keine Wirkung und haben uns vielleicht sogar ein wenig geschadet. Wenn ich daran denke, dass auch der Europarat Sanktionen gegenüber Russland ausgesprochen und Russland ausge­schlossen hat, dann ist das nicht gut, weil es eigentlich nur dazu geführt hat, dass die Menschen in Russland jetzt keinen Zugang mehr zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben. Wir müssen unsere Position überdenken und vielleicht wieder mehr in Diskussion kommen, damit wir dort in Zukunft eine bessere Lösung erreichen.

Ich danke auch dafür, dass im Bericht die Weiterführung der makroregionalen Strate­gien unterstützt wird. Ich selbst bin Obmann einer Kleinregion von 15 Gemeinden. Wir haben im Interreg-Programm mit Tschechien schon sehr viele Projekte umgesetzt, ge­rade vor einer Woche haben wir wieder ein Projekt über 1 Million Euro genehmigt be­kommen. So können wir diese Grenzregion, die so lange durch diese Grenze Schaden erlitten hat, auch wieder an die pulsierenden Zentren heranbringen und einen Auf­schwung für unseren Tourismus und für unsere Betriebe erreichen. Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, dass diese Initiativen fortgeführt werden.

Zuletzt möchte ich noch auf einen Teil eingehen, der die Nuklearpolitik betrifft, weil die­ses Thema auch von sehr großer Aktualität ist. Gestern wurde im Umweltausschuss ein Allparteienbeschluss, der dem Nationalrat vorgelegt wird, gefasst, dahin gehend, dass die Regierung alle Maßnahmen, die möglich sind, ergreifen soll, um den Bau in Mochovce zu überwachen, vor allem aber auch mit Tschechien über das geplante End­lager in Diskussion treten soll. Gerade wir im Norden Österreichs sehen das natürlich sehr, sehr skeptisch, weil wir davon ausgehen, dass man einen Lagerort an einer Gren­ze suchen wird und dass das womöglich sehr, sehr nahe bei uns sein wird. Ich bitte darum, Frau Außenministerin, dass Sie auch alle Ihre Möglichkeiten nutzen, um mit den Tschechen in Diskussion zu treten, um darauf zu achten, dass auch ein gewisser Schutzkorridor eingehalten wird und dass die geologischen und hydrologischen und alle Gegebenheiten, die beachtet werden müssen, auch beachtet werden, damit wir in unserer Region in Zukunft auch ein ruhiges Leben führen können.

Danke für den sehr guten und umfangreichen Bericht, ich hoffe, dass alles davon um­gesetzt werden kann. Die Vorhaben werden, wie gesagt, die EU den Menschen etwas näherbringen, und ich hoffe, dass die großen Dinge angegangen werden können. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.05

Präsident Ingo Appé: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Karin Kneissl. Ich erteile dieses.