15.52

Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie und die, die via Livestream dabei sind! Auf den billigeren Bau des Schwimmbades werde ich nicht eingehen. Das wäre eine eigene Diskussion, aber das ist wohl nicht Gegenstand der Debatte.

Meine geschätzten Damen und Herren, wie Kollege Weber bereits ausgeführt hat, hat die österreichische Bundesregierung ihr erstes Anti-Gold-Plating-Gesetz auf den Tisch gelegt, und ich möchte eigentlich nochmals verstärken, was Kollege Weber gesagt hat, nämlich dass wir eigentlich bisher stolz waren, in vielen Lebensbereichen bessere Re­gelungen und Schutzbestimmungen als in der Europäischen Union zu haben, ob das der Konsumentenschutz, das Lebensmittelrecht, Umweltstandards oder die Ab­wasser­richtlinie sind. Wie gesagt, das wurde schon alles erwähnt.

Es beschleicht mich das Gefühl, diese Schutzbestimmungen und -regeln sind jenen, die nur Deregulierung und Verschlechterungen im Sinn haben, ein Dorn im Auge – schlicht und einfach. Da können sich die Industriellenvereinigung, die Wirtschaft und die Europäische Kommission die Hand geben, und die Bundesregierung ist dabei, Erfüllungsgehilfe derer zu sein, die statt besserer Regeln für Bürgerinnen und Bürger, für Konsumenten nur ihren Vorteil im Fokus haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren, ich sage es Ihnen ganz klar: Einem Wunsch­konzert für Konzerne werden wir als Fraktion nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Das macht dann eh der Schieder im Europaparlament! – Bun­des­rat Rösch: Oder seine Frau bei Siemens!)

Es wurden bereits das Investmentfondsgesetz und das Immobilien-Investment­fonds­ge­setz erwähnt. Ich halte, so wie es Kollege Weber gesagt hat, solche Entwicklungen für sehr gefährlich, wenn nicht für brandgefährlich. Es geht nämlich in Richtung Freibrief für Manager, und darüber hinaus frage ich mich schlicht und einfach: Wo bleibt denn da der Anlegerschutz? Von dem war nämlich nicht die Rede.

In dieser ersten Sammelnovelle sind insgesamt rund 40 Streichungsvorschläge ent­halten, insbesondere, wie bereits erwähnt, zum Wirtschafts- und Umweltrecht. Auch wenn die erste Welle noch nicht den endgültigen Dammbruch zum Abbau von öster­reichischen Standards darstellt, kommt es entgegen den Behauptungen der Bundes­regierung zu teilweisen Verschlechterungen, die schon überprüfenswert sind.

Ich möchte Ihnen dazu drei Beispiele geben. Zum Ersten: Die Berechnungen der Rück­stellungen für Abfertigungen und Jubiläumsgelder werden auf eine finanzmathe­ma­tische Methode umgestellt. Dadurch besteht jedoch die Gefahr einer Unterdeckung und damit eines Ausfalls von Ansprüchen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Zweites Beispiel: Die Preisauszeichnungspflicht beim Geldwechseln in Wechselstuben sollen nur mehr gelten – ein Nachteil –, wenn KonsumentInnen damit nicht mehr auto­matisch über die zu erwartenden Spesen informiert werden.

Und zum Dritten: Die Streichung einer Bestimmung im Unternehmensgesetzbuch führt dazu, dass Kleinstgesellschaften Haftungsverhältnisse und wesentliche finanzielle Ver­pflichtungen nicht mehr offenlegen müssen. Das wirkt sich wiederum negativ auf den Gläubigerschutz aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus meiner Sicht verfestigt sich hier der Ein­druck: Die Wirtschaft bestellt und die Regierung liefert. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Schön wär’s!)

Dass seitens der Wirtschaft das schrille Lied der Überbürokratisierung, so wie es die Frau Kollegin gerade gesagt hat, gesungen wird, ist nicht neu (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesräten von FPÖ und SPÖ), wohl aber, dass die österreichische Bun­desregierung die Begehrlichkeit nach maßloser Deregulierung zur Staatsdoktrin erhebt. Das ist neu, würde ich sagen, von billiger und unseriöser Argumentation ganz abge­sehen. Die Deregulierungswünsche der Wirtschaft als EU-Auftrag einzuführen ist eben­so unseriös und ein Bärendienst auch für die EU-Stimmung in Österreich. (Bundesrätin Mühlwerth: Es ist aber auch kein Fehler, der Wirtschaft und vor allem den KMUs das Leben ein wenig zu erleichtern! – Rufe bei der ÖVP: Danke!) – Frau Kollegin, ich weiß, Zuhören ist nicht Ihre Stärke, aber was nicht ist, kann noch werden, vielleicht im nächsten Leben. – Okay? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, hier wird rein innenpolitisch motiviert einer breiten Nivellie­rung von Standards nach unten der Weg bereitet. Das ist auch ein Bruch des Ver­sprechens, dass die europäische Integration zur Verbesserung der Lebens- und Ar­beitsbedingungen beitragen soll. Damit, meine Damen und Herren der Regierungs­parteien, nähren Sie die EU-Skepsis in unserem Land. Anstatt wie im Sport stolz zu sein, dass wir in vielen Disziplinen Gold holen, wollen Sie für die Beschäftigten und für Konsumentinnen und Konsumenten bei den Rechten und Schutzbestimmungen Blech statt Gold zum österreichischen Standard erheben. Ich sage Ihnen: Nicht mit uns! Wir werden uns dafür einsetzen, dass die hohen österreichischen Standards erhalten bleiben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desminister Dr. Josef Moser. – Bitte, Herr Bundesminister.