16.13

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen via Livestream und auf der Galerie! Nachhaltiges Europa, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Phytosanitäres, Umwelt, Klimapolitik, Kreislaufwirtschaft und Abfall, Energie, Fischerei, Tourismus und noch einige mehr sind die vielen Bereiche, die in diesem Bericht enthalten sind – diese EU-Jahresvorschau 2019 greift also breite und wichtige The­men­felder der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf.

Die Bereiche stehen in einem sehr starken Zusammenhang, und es werden zentrale europäische Frage angesprochen, die jede Bürgerin und jeden Bürger betreffen. Es handelt sich um eine gemeinsame Agrarpolitik, welche die Lebensmittelversorgung sichern sowie eine hohe Qualität und hohe Standards der Lebensmittel garantieren soll. Ebenso ist eine nachhaltige Energieversorgung angesprochen, die bedeutet: weg von fossilen Energieträgern, kein Atomstrom und hin zur Kreislaufwirtschaft mit intakter Wasserversorgung und einem klimaneutralen Europa.

Es steht die Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 an. Die GAP, die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union, ist seit den 1960er-Jahren eines der zentralen Politikfelder der Europäischen Union. Gemeinsam mit der Regionalpolitik gehört die GAP zu den wenigen vergemeinschafteten Politikbereichen, das heißt mit gemeinsamen Regeln und Finanzierung auf EU-Ebene. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Lancaster, ich kann Ihre Ausführungen nicht nachvollziehen, weil es ein vergemeinschafteter Bereich ist, dem Ihre Prozentangaben nicht entsprechen. Rechnet man alle Bereiche zusammen und wären sie alle vergemeinschaftet, so machte das Agrarbudget nur ein knappes Prozent aus, wenn ich richtig informiert bin. (Ruf bei der SPÖ: Oder nicht!) – Ja, ich bin richtig informiert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenbe­mer­kung von Bundesministerin Köstinger.)

Die erwähnten zwei Säulen sollen erhalten bleiben. Wir haben zu Hause einen Milch­viehbetrieb, wir sind seit 1995 ein biologisch wirtschaftender Betrieb, und wenn es so wie jetzt in Zeiten des Klimawandels beispielsweise zu einer Futterknappheit kommt, bildet die erste Säule eine gewisse Grundsicherung ab. Die zweite Säule ist ein Agrarumweltprogramm, das Öpul, nach dem viele Betriebe wirtschaften. Zu den anderen Dingen komme ich noch. (Beifall bei der ÖVP.)

Die EU-Kommission hat die Vorschläge für den Mehrjährigen Finanzrahmen vorgelegt, in welchem im Bereich der GAP massive Kürzungen im Raum stehen. Was würden diese Kürzungen bedeuten? – Zum einen bedeuten sie eine Schwächung der erfolg­reichen ökosozialen Agrarpolitik und empfindliche Einkommenseinbußen bei den Bäuerinnen und Bauern, zum anderen sind gut funktionierende Maßnahmen wie das Agrarumweltprogramm, die Bergbauernförderungen und -investitionsprogramme, insbesondere in benachteiligten Gebieten und im Berggebiet, bedroht.

Die bäuerlichen Familienbetriebe – und das sind in Österreich 93 Prozent – bewirt­schaften flächendeckend vielfältig und nachhaltig die heimische Kulturlandschaft. Die bäuerlichen Familienbetriebe sichern die Basis für wirtschaftliche, vitale und lebens­werte ländliche Räume. (Beifall bei der ÖVP.)

Die geforderten Leistungen müssen auch dementsprechend abgegolten werden. Mehr Leistung für weniger Geld geht sich einfach nicht aus. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es braucht auch in Zukunft Stabilität und Planungssicherheit für die bäuerlichen Fa­milienbetriebe. Es braucht auch weiterhin beziehungsweise verstärkt die Unterstützung der künftigen Hofübernehmer. Die Jungbäuerinnen und -bauern sind motiviert, gut ausgebildet und voller Ideen und Tatendrang. Sie sind die Zukunft der europäischen Landwirtschaft und des ländlichen Raums. In Österreich haben wir die drittjüngste Landwirtschaft in der EU. Rund 11 Prozent der Bäuerinnen und Bauern sind unter 35 Jahre. Damit das so bleibt, sollen die jungen Bäuerinnen und Bauern besonders im Fokus der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik stehen.

Viele Menschen haben leider nicht mehr den Zugang zur Landwirtschaft so wie meine Nachbarin, eine Mittelschülerin, die am Abend oft, wenn sie Zeit hat, vorbeikommt und mir im Stall hilft und nach den Namen der neugeborenen Kälber fragt. Das Bild, das viele von der Landwirtschaft haben, haben sie oft aus der Werbung. Dieses Bild der Landwirtschaft aus der Werbung entspricht nicht der Realität. Es braucht verstärkt Initiativen und Projekte, die das Verständnis der Menschen aller Altersstufen für Land­wirtschaft und Ernährung fördern, denn nur wer die Zusammenhänge von bäuer­licher Produktion, Lebensmitteleinkauf, Umwelt, Landschaft und Klimaschutz kennt, kann auch dementsprechend handeln. Es braucht ein reales Bild, ein wirkliches Bild von der Landwirtschaft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Schule am Bauernhof, Landwirtschaft in der Schule, Erlebnis Bauernhof und Open Bauernhof oder ein Kochbuch mit klimafreundlichen Rezepten sind nur einige Bei­spiele, die ein reales Bild der Landwirtschaft zeigen und die Zusammenhänge zwi­schen den verschiedenen Bereichen aufzeigen. Wissen führt zu Wertschätzung, Wertschätzung wiederum zu Wertschöpfung und zu einem partnerschaftlichen Mitei­nander von Landwirtschaft und Konsumenten, und dies trägt nebenbei auch wesentlich zum Klimaschutz bei.

Der Klimawandel ist sicherlich nicht nur meines Erachtens die größte Herausforderung, die dringend unsere Aufmerksamkeit erfordert. Der Klimawandel benötigt unver­züg­liches Handeln.

Auf EU-Ebene geht es in der beginnenden zweiten Jahreshälfte um viel. Viele Entscheidungen sind zu treffen und Verhandlungen für den Mehrjährigen Finanz­rahmen stehen an. Leider kannst du dich, liebe Frau Ministerin, nicht mehr in diesem Umfang einbringen. Aufgrund der heute schon erwähnten innenpolitischen Ereignisse kannst du dich nicht mehr im gewohnten Umfang einsetzen und einbringen wie bisher. Ich möchte mich bei dir bedanken, Frau Bundesminister, für deine großartige Arbeit in diesen vielen Bereichen. Erwähnen möchte ich insbesondere das Biomasseförderung-Grundsatzgesetz – und dafür Danke sagen – sowie den Durchbruch in der Plastikricht­linie der EU, der dir während der österreichischen Ratspräsidentschaft dank deiner Hartnäckigkeit und deinem Durchhaltevermögen gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP.) Du hast auch die Kulinarikinitiative auf den Weg gebracht und wichtige Maßnahmen im Bereich der Herkunftskennzeichnung gesetzt.

Danken möchte ich auch Sebastian Kurz. Er ist ja derzeit als Bundeskanzler zu Unrecht in eine Pause gegangen worden. Sebastian Kurz und Elli Köstinger, beide habt ihr für die bäuerlichen Familienbetriebe Bedeutendes erreicht, und dafür möchte ich Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die genannten Themen sind viel zu wichtig, als dass man sie parteipolitischen Inter­essen unterordnet und wertvolle Zeit verstreichen lässt. Deshalb lautet meine große Bitte: Arbeiten wir gemeinsam an einem klimafreundlichen und umweltökologisch orientierten Europa mit einer sehr sicheren Lebensmittelversorgung (Zwischenrufe bei der SPÖ – Bundesrat Weber: Ganz was Neues!) für uns und unsere zukünftigen Generationen!

Als ÖVP setzen wir den Weg der Veränderung fort und uns gemeinsam mit aller Kraft dafür ein. Ich bitte euch alle, mitzugehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desrätInnen der FPÖ.)

16.22

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jürgen Schabhüttl. Ich erteile es ihm.