10.07

Bundesrat Thomas Dim (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Lieber Landes­rat Markus Achleitner! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Ehre, zu einer Zeit Mitglied des Bundesrates zu sein, in der mein Heimatbundesland den Vorsitz in diesem Gremium innehat.

Oberösterreich ist einer der Wirtschaftsmotoren in diesem Land und zeichnet sich durch eine sehr hohe Lebensqualität im gesamten Bundesland aus. Oberösterreich ist aber auch geprägt von einer politischen Kultur, in der das Miteinander vor das Tren­nende gestellt wird, einer politischen Kultur, in der alle gewählten Parteien ab einem gewissen Stimmenanteil auch in der Landesregierung vertreten sind und somit Regie­rungsverantwortung übernehmen.

Mir ist schon bewusst, dass vor allem in den Medien sogenannte Konzentrations­regie­rungen oft als antiquiert dargestellt werden, da damit die Auseinandersetzungskultur manchmal etwas schaumgebremst ausfällt. Das wird von manchen Medienvertretern als langweilig empfunden, für unsere politische Arbeit ist es aber durchaus vorteilhaft und ein Erfolgsmodell in vielen Städten und Gemeinden – eben auch im Bundesland Oberösterreich.

Das heißt aber nicht automatisch, dass alle Parteien immer der gleichen Meinung sind. Mit dem Doppelbudget für 2020 und 2021 beispielsweise haben jedenfalls ÖVP und FPÖ gegen die Stimmen der SPÖ und der Grünen sichergestellt, dass in Ober­österreich keine neuen Schulden in diesen Jahren gemacht werden, ja, darüber hinaus auch noch jedes Jahr circa 90 Millionen Euro an Schulden zurückbezahlt werden kön­nen. Unter dem Motto: Chancen schaffen statt Schulden machen, wird Oberösterreich früher als andere Länder vorsorgen können, falls sich die Wirtschaftsentwicklung ein­trüben sollte.

 Auch wird damit für den Fall einer längst überfälligen Zinserhöhung vorgesorgt. Die von der EU und der EZB verordnete Nullzinspolitik hilft den verschuldeten Staaten und Ländern eben nur kurzfristig. Bei ständig steigenden Kapitalerfordernissen der Banken müssen diese à la longue auch über Zinsspannen gedeckt werden können, denn mittels Einsparungen allein und mittels Gebühren, die letztendlich wieder der Konsu­ment zu tragen hat, wird es nicht gehen. Ein weiterer Rettungsschirm für die Banken, der wieder aus Steuermitteln zu finanzieren sein wird, wäre die Folge.

Auch ein anderer Aspekt – und damit komme ich wieder auf unser Bundesland zu sprechen – ist bei der vorgegebenen Nullzinspolitik zu beachten: Baugründe werden für sozialen Wohnbau, aber auch für den kleinen Häuslbauer unerschwinglich. Es gibt in Oberösterreich gut 61 000 Hektar gewidmetes Bauland. Nicht einmal die Hälfte davon ist verbaut, aber größtenteils erschlossen. Gewidmetes Bauland zu erwerben ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, aus Sicht der möglichen Verkäufer ist das aber auch verständlich: Was sollen sie mit dem Geld dann auch tun? Auf der Bank und auf dem Sparbuch wird es nach Abzug der Inflationsrate jährlich weniger. Die Folge: Grünland wird umgewidmet, und die Aufschließungskosten zahlt zum Großteil wieder der Steuerzahler, und das ist ökologischer Wahnsinn!

Ich bin zu einem geringen Teil ja sogar froh, dass die Grünen jetzt in der Regierung sind. Es geht nicht nur um Worte – wir haben das Bibelzitat heute schon gehört: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!“ –, dennoch erfüllt mich die Botschaft, dass eine zusätzliche Milliarde für den Nahverkehr im ländlichen Raum zur Verfügung stehen soll, mit einem gewissen Gefühl der freudigen Erwartung. In meiner Heimatstadt Ried im Innkreis warten wir seit vielen Jahren auf eine Modernisierung des Bahnhofes. Unser Bahnknotenpunkt ist der einzige in ganz Österreich, bei dem man noch immer über die Gleise gehen muss, um zum Zug zu kommen. Das ist nicht nur gefährlich, sondern für Kinderwägen oder Rollstühle auch eine schwer zu überwindende Barriere. Von der Elektrifizierung der Bahnlinie Neumarkt–Braunau–Attnang–Schärding träumen wir seit Jahrzehnten; damit könnte man, ohne umzusteigen, auch unsere Landes­haupt­stadt aus dem Innviertel erreichen. Bei uns fahren immer noch die Dieselloks.

Wenn es dann heißt, dass vermutlich die geringe Zahl an Fahrgästen die Investitionen nicht rechtfertigen würde, kann ich dem nur entgegenhalten, dass vermutlich die Haltestellen am falschen Platz sind. Alleine auf der Strecke Ried–Schärding fährt der Zug direkt an mehreren Großbetrieben vorbei. Die Mitarbeiter können ihrem Arbeits­platz zuwinken, aber dort nicht aussteigen; das geht erst in ein paar Kilometern Entfer­nung. Bedarfsgerechte Haltestellen wären vielleicht die Lösung, denn sonst bleibt es beim jetzigen Zustand: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fahren im Individualverkehr mit dem Auto zur Arbeit und die Bewohner der Durchfahrtsgemeinden ersticken in der täglichen Blechlawine. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie gesagt: An den Taten werden wir die Grünen messen, und in diesem Zusam­menhang darf ich noch einen besonderen Aspekt bemerken: Investitionen für die Bevölkerung in Oberösterreich dürfen nicht daran scheitern, dass in der Bundes­regierung eine grüne Ministerin für die Infrastruktur zuständig ist und in Oberösterreich ein freiheitlicher Landesrat. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bravo!) Wir werden sehr genau hinsehen, ob es um parteipolitische Befindlichkeiten oder um die Sache selbst geht. Parteipolitisches Kalkül hätten wir uns in Oberösterreich nicht ver­dient, und die Bundesregierung steht dahin gehend unsererseits unter besonderer Be­obachtung. (Beifall bei der FPÖ.)  

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf erinnern: Oberösterreich ist geprägt von einer politischen Kultur, in der das Verbindende vor das Trennende gestellt wird. Wir sind gewohnt, dass alle Parteien lösungsorientierte Sachpolitik betreiben, und das wünsche ich mir auch in den nächsten Monaten hier im Bundesrat. (Beifall bei der FPÖ.)

10.14

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.