11.43

Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vize­präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause via Livestream! Als Aller­erstes möchte ich mich für die herzliche und positive Aufnahme in den Bundesrat bedanken. Es ist heute meine erste Rede. Ich bin glücklich darüber, dass hier im Bundesrat so ein guter Stil gepflegt wird, denn ich bin fest davon überzeugt, dass die Menschen unseres Landes die ständigen Untergriffe satthaben. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.) Ich freue mich auf ein gutes Miteinander und verspreche auf jeden Fall von meiner Seite einen respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Ihnen allen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf heute über den Grünen Bericht 2019 sprechen. Hierbei geht es um 1 936 Be­triebe, um die Auswertung auf 299 Seiten. Wie schauen nun die Rahmenbedingungen aus? – Nach einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung in den vorangegangenen zwei Jahren ist das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft 2018 um 10 Prozent gesunken.

Exemplarisch einige Gründe dafür: Die Produktionskosten, die Preise für Futtermittel sind gestiegen. Ein durch Futtermangel erhöhtes Schlachtaufkommen führte zu sinken­den Erzeugerpreisen bei den Rindern. Es gab preisbedingte Einbußen auf dem Schweinemarkt, hitze- und trockenheitsbedingte Mindererträge im Acker- und Futter­bau. Enormer Rüsselkäferbefall setzte der Zuckerrübe zu. Stark gestiegene Schad­holzmengen aufgrund von Sturm und erhöhtem Borkenkäferbefall brachten auch die Forstwirtschaft sehr unter Druck. Die Holzpreise lagen um 1,7 Prozent unter denen von 2017.

Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2018 betrugen durchschnittlich 28 035 Euro je Betrieb; 28 035 Euro! – Das ist nicht viel. Manche werden aber sagen: Verglichen mit dem Durchschnittseinkommen ist es auch nicht wenig. Ohne eine Debatte über den zeitlichen Arbeitsaufwand zu führen, möchte ich Ihnen einige Beispiele aus der Praxis bringen, die zeigen, dass ein Vergleich mit den unselbst­ständigen Einkommen schwer möglich ist. Heute sind schon viele Zahlen gebracht worden, und ich möchte daher einige praktische Beispiele aus der täglichen Realität von meinem Hof bringen: Austausch einer kaputten Heizungspumpe einer Hackschnit­zelheizung: 900 Euro; ein Wiegebalken einer elektronischen Viehwaage:1 200 Euro; die Renovierung einer Fassade eines Stallgebäudes: ab 15 000 Euro; und ich rede hier noch lange nicht von den Landmaschinen.

Um die Existenz bäuerlicher Betriebe einigermaßen sicherzustellen, sind zwei Punkte wichtig. Zum einen brauchen wir faire Preise für gesunde Lebensmittel, zum anderen ist die Aufrechterhaltung einer familiengeführten Landwirtschaft ohne Ausgleichs­zah­lungen nicht möglich – daher ein Danke an unsere Frau Bundesministerin und an das gesamte Team, das sich in den Regierungsverhandlungen wirklich sehr stark für die Interessen der Landwirtschaft eingebracht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Der nationale Ausgleich der GAP-Mittel ist enorm wichtig. Alleine am Öpul-Programm nehmen 80 Prozent der Bäuerinnen und Bauern teil, auch die verpflichtende Herkunftsbezeichnung fördert die Bewusstseinsbildung. Außerdem ein Danke, Frau Ministerin, für die erst kürzlich gestartete Initiative für faire Preise.

Ich denke, dass es einen Schulterschluss zwischen Bäuerinnen und Bauern und be­wussten Konsumenten geben kann. Fairere Preise sind nicht nur ein Schlüssel zur Verbesserung des bäuerlichen Einkommens, faire Preise sind auch ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung der Bäuerinnen und Bauern. Es gibt nichts Schlimmeres für einen hart arbeitenden Menschen, als das Gefühl zu haben, dass seine Arbeit nicht wertgeschätzt wird. Das gilt für Bauern genauso wie für jeden Arbeiter und Angestell­ten in einem Betrieb.

Wie schwierig die Lage ist, zeigt, dass es seit der letzten Hauptfeststellung 2010 um 6,5 Prozent weniger landwirtschaftliche Betriebe gibt, und dieser Trend setzt sich fort. Wir müssen verhindern, dass immer mehr potenzielle Hofnachfolger abwandern und in andere Berufe wechseln, wo sie geschätzte und gern gesehene Arbeitskräfte sind, weil sie arbeiten gelernt haben, vielseitig einsetzbar, fleißig und geschickt sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Landwirtschaft stellt auch einen wesentlichen Faktor in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen dar. Nur zwei Beispiele: Allein im Jahr 2018 betrug der Wert der abgesetzten Produktion für Landmaschinen 2,45 Milliarden Euro. Dies allein zeigt die Bedeutung dieses Sektors, und ich rede noch gar nicht von der regionalen Wertschöpfung bäuerlicher Betriebe. Ein weiteres Beispiel: 2018 wurden 1 200 Traktoren weniger zugelassen, das ist ein Minus von 21 Prozent.

Ich möchte Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ganz persönlich um etwas bitten: Führen wir eine faire und offene Debatte über die Zukunft und die Bedeutung unserer Landwirtschaft! Was meine ich damit? Österreich gehört zu den lebenswertes­ten und reichsten Ländern der Welt. Warum? – Weil wir eine starke Wirtschaft, starke Unternehmen und hervorragend ausgebildete Arbeitskräfte haben; weil wir ein gutes soziales Netz und eine hervorragende Gesundheitsvorsorge haben; weil wir Kultur­institutionen von Weltruf haben; weil wir eine intakte, wunderschöne Kulturlandschaft haben und weil wir gesunde, wertvolle Lebensmittel vor Ort produzieren. Jede dieser Säulen ist prägend für unser Land. Die Landwirtschaft mit den Bäuerinnen und Bauern und ihren Betrieben ist eine dieser prägenden Säulen unseres Landes.

Helfen wir gemeinsam mit, dass das auch in Zukunft so sein wird und wir unseren Kindern ein Land hinterlassen, in dem die Kulturlandschaften als Erholungsraum für unsere Bevölkerung, aber auch als wesentliche Grundlage unseres Tourismus liebevoll gepflegt und erhalten werden können, ein Land, in das die Lebensmittel nicht aus Fabriken von irgendwo aus der Welt hergeholt werden müssen, sondern wo sie regio­nal, gesund und ökologisch sinnvoll vor Ort produziert werden können!

Ich bin dazu erzogen worden, den Menschen mit Respekt und Wertschätzung gegen­überzutreten, und ich habe ehrlichen und höchsten Respekt vor Arbeitern und Ange­stellten, vor Unternehmern und Wirtschaftstreibenden, die für einen wesentlichen Teil des Wohlstandes unseres Landes verantwortlich sind. Ich habe ehrlichen Respekt vor der Arbeit von Beamten, ob in Verwaltung, Justiz oder Polizei, vor Lehrerinnen und Lehrern, Ärztinnen und Ärzten, vor dem Pflegepersonal und allen anderen Berufs­gruppen. Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, was Bäuerinnen und Bauern jeden Tag leisten. Bringen wir ihnen gemeinsam jenen Respekt und jene Wertschätzung ent­gegen, die sie verdienen! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner.)

11.51

Vizepräsident Michael Wanner: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Bun­des­rätin Andrea Kahofer. – Bitte.