13.19

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was sich zurzeit in China – der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, das darf man nicht ver­gessen – ereignet, ist nicht ganz so von der Hand zu weisen. Wie wir auch im Bericht nachlesen können, weist China jährlich zweistellige Zuwachsraten sowohl im Touris­mus als auch bei den Geschäftsreisenden – diese sind interessanterweise auch Teil des Tourismusreports – hier in Österreich auf. Das zeigt, wie schnell ein an und für sich peripheres Ereignis, dieses Coronavirus – man sagt auch, es ist eine Form der Lungenpest; das ist noch nicht ganz klar –, eventuell zu einem exogenen Schock führen kann.

Darauf sollten auch die österreichische Hotellerie und die Beherbergungsstätten vorbereitet sein – das sind sie jedoch nicht, das muss man sagen, nicht weil sie es nicht wollen, sondern weil sie es nicht können, weil ihnen oftmals das Geld dafür fehlt –, dass eventuell Touristen aus der asiatischen Region ausbleiben. Sie werden aber aus­bleiben, und daher ist es ganz wichtig, die Eigenkapitalquote unserer österreichischen Betriebe zu stärken.

Die Pestsäule in Wien am Graben erinnert an die große Epidemie beziehungsweise Pandemie, die sich hier im 17. Jahrhundert ereignet hat. Den letzten Pesttoten gab es 1898 in Wien. Ich hoffe nicht, dass man die Geschichte in dieser Hinsicht neu schrei­ben muss, aber entsprechende Befürchtungen sind nicht ganz von der Hand zu wei­sen.

Ich möchte das, was die Regierung auf Papier – Papier ist geduldig, das muss man ganz ehrlich sagen – oder im Internet propagiert, einem Faktencheck unterziehen. Be­reits nach zwei Wochen – diesen Mut muss man in einer Regierung einmal aufbrin­gen – verabschiedete sich die Regierung von ihrem Programm, was die Wirtschaft betrifft. Sie haben vor zwei Wochen ein Steuerreformprogramm öffentlich präsentiert – ursprünglich, in der alten Koalition mit der FPÖ, waren es 17 Seiten, jetzt sind es nur mehr fünf Seiten –, in dem überhaupt nichts für die Wirtschaft und überhaupt nichts für die Hotellerie und Beherbergungsbetriebe drinnen steht! Für diesen Mut, so ein Pro­gramm zu präsentieren, haben Sie sicherlich meine Bewunderung, aber im negativen Sinne.

Wenn Bundeskanzler Kurz bei seiner letzten, vor wenigen Wochen stattgefundenen Reise nach Deutschland in Berlin die Deutschen nach Österreich zum Skifahren einlädt und das propagiert, dann ist das unfair. Er weiß aber sehr wohl, was er damit tut, denn die Deutschen haben einfach mehr Geld als wir Österreicher. Warum haben sie mehr Geld? – Das lässt sich leicht eruieren: Die Deutschen zahlen eine Lohnsteuer von 15 Prozent im niedrigsten Bereich und von 45 Prozent im höchsten Bereich. Die ge­schröpften Österreicher und Österreicherinnen beginnen mit einer Quote, mit einem Satz von 25 Prozent und enden bei einem Satz von 55 Prozent. (Bundesrat Schabhüttl: ... das 13. und 14. Monatsgehalt! Das musst du schon alles mitzählen!) Klar, dass man da die Deutschen lieber hat als die Österreicher, obwohl der österreichische Inlands­tourismus eine ganz wichtige Position darstellt.

Wer kann sich Skifahren in Österreich eigentlich noch leisten? Ich war vor Kurzem in der Skiwelt Amadé. Zu meiner Überraschung wurde mir gesagt, 50 Prozent der Ski­lehrer – das muss man sich vorstellen! – für die Skikurse können nicht mehr mit Öster­reichern besetzt werden. Die kommen alle aus den Niederlanden und aus Deutsch­land, weil es in Österreich zu wenig Nachwuchs gibt. Wer kann sich denn einen Skipass von 60 Euro am Tag leisten? (Bundesrat Schabhüttl: Die verlangen einfach zu viel!) Ein Skiurlaub mit einer Familie kostet, wenn man nicht im Heustadl wohnt, circa 2 000 Euro für sechs bis sieben Tage Skifahren. Da muss man etwas machen, da stimmt offensichtlich einiges nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Was den Sport betrifft, so ist der jetzige Vizekanzler, aber vor allem Sportminister Kogler, der dafür ausgewählt wurde, sichtlich der falsche Mann. (Heiterkeit des Bun­desrates Steiner.) Er wird da sicherlich nicht entsprechend ansetzen können, um das zu beseitigen, und die Skiweltcupergebnisse zeigen ja, in welche Richtung es geht – leider nicht in die richtige Richtung.

Wie sieht es mit Österreichs Tourismus im internationalen Vergleich aus? – Der Welt­tourismus steigt um 6 Prozent, das ist ein entscheidender Faktor. In Österreich – und damit relativiert sich das Ganze schon – steigt der Tourismus nur um 3,7 Prozent, und der Marktanteil Österreichs unter den europäischen Ländern ist sinkend. So gut ist es also um unseren Tourismus offensichtlich nicht bestellt. (Zwischenruf der Bundesrätin Hackl.)

Ganz interessant ist, und das hat mich sehr verwundert, dass die Bettenauslastung im Drei-Sterne-Hotel-Bereich gerade einmal ein Drittel beträgt – zwei Drittel sind frei –, und 50 Prozent bei Vier- bis Fünf-Sterne-Hotels. 50 Prozent aller Beherbergungs­be­triebe sind überhaupt hoch verschuldet. Diese freien Kapazitäten, diese Leerstände muss man sich als Hotelier und als Unternehmer auch erst einmal leisten können. Offensichtlich können es viele österreichische Betriebe, vor allem Familienbetriebe, leider nicht.

Ein Vergleich mit Deutschland ist auch deswegen interessant, weil in Deutschland ein Hotelbetreiber viel kürzere Abschreibungszeiten und damit eine viel geringere Nut­zungs­dauer hat. In Österreich ist vorgeschrieben, dass ein Wellnessbereich, ein Be­trieb im Thermensektor nur alle 40 Jahre umgebaut werden darf und soll. Na, wer möchte sich in ein Bett, in ein Badezimmer aus den Siebzigerjahren legen? Jene Politi­ker, die das gefordert haben – vor allem im Zuge der Steuerreform 2016 –, sollten ver­pflichtet werden, selbst eine Sanitätseinrichtung aus den Siebzigerjahren zu ver­wen­den, damit dieses völlig absurde Gesetz über die Nutzungsdauer obsolet gemacht wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher haben Österreichs Betriebe auch keine Investitionen getätigt, um sich den qua­litativen Anforderungen des Welttourismus anzupassen – der Wettbewerb ist brutal. Bankkredite sind die Lösung, hohe Verschuldung und Liquiditätsengpässe das Ergeb­nis, und letztlich fehlen die Anreize, dem entgegenzuwirken.

Wien hilft sich schon, da sind die großen Hotelgruppen: Falkensteiner – gut, die sind mittlerweile leider auch schon am Land –, Hyatt, Kempinski, Ritz-Carlton und so weiter und so fort. Die verdienen ihr Geld aber nicht in Wien, sondern im Ausland, damit sie hier in Wien investieren können, weil es auch denen nicht ermöglicht wird, hier Jahres­ergebnisse abzuliefern, um diese Investitionen zu finanzieren. Das Geld kommt aus dem Ausland.

Familienbetriebe haben es schwerer, in diesem Wettbewerb zu reüssieren. Daher ist Folgendes wichtig: mehr Geld für unsere Bevölkerung durch mehr Netto vom Brutto, endlich runter mit den Steuern und vor allem mehr Geld für unsere Familienbetriebe. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Dann gibt’s halt keine Sozialleistungen mehr, aber das ist ja wurscht, das ist der FPÖ ganz egal!)

Ich möchte noch über etwas berichten, was im Bericht nicht steht, aber stehen sollte: Warum kommen Touristen nach Österreich und warum kommen sie nach Wien? Es geht immer nur um Nächtigungszahlen. Einer, der nach Österreich oder nach Wien kommt, kommt ja nicht hierher, um den ganzen Tag im Hotel zu verbringen, also er wird etwas unternehmen. Es geht um das Warum: Was passiert hier? Welche Sight­seeingideen und -vorstellungen haben diese Touristen? – In Wien ist es eindeutig, denn in Wien ist es das kulturelle Erbe der Habsburgermonarchie. Das kann man nicht oft genug betonen. Das hat die Anziehungskraft, das ist der Treiber, das befeuert den Tourismus vor allem in Wien.

Vier Millionen Besucher pro Jahr hat das Schloss Schönbrunn, Millionen Besucher haben der 800 Jahre alte Stephansdom, die Hofburg – wir befinden uns gerade in einem Teil davon – und der Tiergarten Schönbrunn, der sogar der älteste Zoo der Welt ist; diese stehen auf den vordersten Plätzen im Millionenbereich. Alleine an den Gäste­zahlen lässt sich leicht nachvollziehen, warum diese Touristen nach Wien kommen: Es ist das historische Wien.

Und jetzt komme ich einmal zum Roten Wien (Bundesrätin Schumann: Gott sei Dank! Das Wienbashing vom Kollegen!), denn Sie von der SPÖ sind ja immer so stolz auf dieses Rote Wien. Was sind Ihre Assets? Der Karl-Marx-Hof vielleicht? (Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Der Karl-Marx-Hof ist ein historisches ..., ohne Zweifel! Ohne Zweifel!) Die Twin Towers aus Glas oder irgendwelche völlig verfehlten Glasobjekte und Hochhäuser, die Sie ja jetzt so gerne bauen, die die Sonnenein­strahlung exponentiell verstärken? Wohin führt das?!

Was von diesem alten, schönen Wien haben Sie abgerissen? – Das Palais Rothschild, das Palais Engelskirchner – Palais jüdischer Kaufleute – und sogar der Heinrichshof, ein Ringstraßengebäude von Theophil von Hansen, wurden vom Roten Wien abgeris­sen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Aber die Stadtmauern haben wir nicht abgerissen!)

Die Touristen kommen wohl kaum nach Wien, um sich den Karl-Marx-Hof und diese ganzen Gebäude, die seit 100 Jahren von der SPÖ errichtet werden, anzusehen. (Bun­desrätin Schumann: Die FPÖ spricht gegen den sozialen Wohnbau! Genau!) Offen­sichtlich hat sie es nicht geschafft, in 100 Jahren irgendetwas Bleibendes für diese Touristen zu schaffen, sodass ihr im Ranking ganz unten seid.

In diesem Sinne ist auch interessant, was der jetzige amerikanische Präsident mit einem geplanten Dekret in den USA bewirken will, nämlich dass es keine mit Steuer­geldern finanzierten hässlichen Gebäude mehr geben soll. Zurück zur Ästhetik und zur Schönheit der Architektur im Allgemeinen! Die Architekten sollen nicht mehr der Bevölkerung Dinge aufoktroyieren, die einfach nicht gewünscht sind. Die griechische Demokratie: dēmos, das Staatsvolk, und krátos, die Herrschaft, und diese geht vom Volk aus und in Wien sicher nicht von einer sozialistisch-grünen Herrschaftsclique! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Die Bevölkerung war gegen die Ring­straßenbauten, aber ganz stark!)

Wir Freiheitliche haben davon definitiv genug. Ein Ende des 100-jährigen Roten Wien ist angesagt. Der deutsche Aufklärer und großartige Philosoph Immanuel Kant hat sich in seiner „Kritik der Urteilskraft“ intensiv mit dem (Bundesrätin Schumann: Roten Wien beschäftigt!) Thema, mit der Terminologie der Schönheit beschäftigt. Kant frei zitiert: Als schön ist ein Ding dann zu bezeichnen, wenn kein Interesse im Spiel ist und es von den Augen aller als schön wahrgenommen wird. – Das ist Schönheit, und mit diesem Punkt werde ich auch schließen. (Bundesrätin Schumann: Darum haben die Wiener so viel geschimpft über die Ringstraßenbauten: weil sie so ...!)

Im Fazit zusammengefasst: Steuern und Abgaben für unsere Tourismusindustrie müs­sen runter. Frau Ministerin, Sie bezeichnen ja den Tourismus interessanterweise auch als Industrie, das ist ja nicht so schlecht: industria, der Fleiß. Die Tourismus­betriebe sind sehr fleißig. Gönnen Sie ihnen, dass sie ihre Gewinne thesaurieren und vor allem investieren dürfen, müssen, können und sollen, das kommt uns allen zugute!

Und: Erhaltung der traditionellen Baukultur und des traditionellen Erbes in Wien! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.30

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich erteile es Ihnen.