13.49

Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Vorweg Gratulation zur Präsidentschaft, viel Erfolg und natürlich auch auf gute Zusam­men­arbeit – wir kennen einander ja seit Jahren aus dem Tourismus! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause, die Sie live dabei sind! Wir diskutieren heute den Touris­musbericht 2018; ein bisserl spät, ein bisserl sehr spät, aber es ist so, wie es ist.

Vordergründig ist die Tourismusbilanz positiv und bunt. Blickt man jedoch hinter die Kulissen, ist Tourismus ein Wirtschaftszweig – und es wurde heute schon mehrmals angeschnitten – mit vielschichtigen Problemen. Diese gilt es aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, nicht schönzureden, sondern es gilt, die notwendigen Lehren und Schlüsse daraus zu ziehen.

Nun zur Entwicklung des österreichischen Tourismus 2018 – es wurde schon er­wähnt –: Im Jahr 2018 gab es knapp 150 Millionen Nächtigungen, um 5,3 Millionen mehr als im Jahr davor und um 23,1 Millionen mehr als im Vorkrisenjahr 2008. Das heißt, die Ankünfte stiegen um 1,8 Millionen – soweit die gute Botschaft. Auf der ande­ren Seite wissen wir, der Trend zu immer kürzeren Aufenthaltsdauern hat sich fortge­setzt, verlief in den letzten Jahren aber abgeschwächt. Abnehmende Aufenthalts­dau­ern heißen vor allen Dingen auch, dass sich die Gästezahlen von Jahr zu Jahr erhöhen müssen, um die Nächtigungszahlen auch nur konstant zu halten.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu meinem Urthema, der Beschäftigung – danke auch Kollegen Novak für die Einbegleitung –, und ich möchte feststellen: Im Tourismus waren laut Hauptverband im Jahr 2018 216 400 Personen über der Geringfügig­keits­grenze beschäftigt. Das waren um 6 143 mehr als im Jahr davor und um 38 945 mehr als im Jahr 2008 – soweit wieder die gute Nachricht. Es gibt aber auch Schattenseiten im Tourismus und die möchte ich hier auch beleuchten. Eine der großen Schatten­seiten ist nämlich die Arbeitslosigkeit, im Jahresdurchschnitt 2018 verzeichnete die Tourismusbranche gut 38 000 Arbeitslose. Das sind zwar um 4 203 weniger als im Jahr davor, aber um gut 9 000 mehr als im Jahr 2008.

Aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, muss die Bekämpfung der Arbeits­losigkeit daher Priorität haben. Daher auch mein Wunsch, geschätzte Frau Bundes­ministerin: Arbeiten Sie gemeinsam mit den Sozialpartnern an einem Ganzjahres­arbeitszeitmodell, um die Attraktivität für die Beschäftigung im Tourismus zu heben! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine spannende Frage ist natürlich auch: Wie zufrieden sind denn eigentlich die Tou­rismusmitarbeiterinnen und -mitarbeiter? – Es wurde ja heute schon angeschnitten. In den Jahren nach der Krise verharrte die Arbeitszufriedenheit der Tourismusbe­schäftig­ten laut Arbeitsklima Index Tourismus etwa sechs Jahre auf niedrigem Niveau und deutlich unter der Zufriedenheit der Beschäftigten vieler anderer Branchen. Sowohl 2018 als auch insbesondere 2019 kam es aber zu einem markanten Einbruch bei der Arbeitszufriedenheit der Tourismusbeschäftigten. Als Hauptgrund für diesen starken Rückgang konnte die massive Unzufriedenheit mit dem Führungsstil der unmittelbaren Vorgesetzten festgestellt werden.

Bei allen bekannten Problemen der Branche wie schlechte Bezahlung – ich sage immer: ohne Geld ka Musi!; und die Beschäftigten der Tourismusbranche gehören ja nicht zu den überzahlten –, lange und unregelmäßige Arbeitszeiten und daraus folgend eine geringe Planbarkeit des Lebens war in der Vergangenheit insbesondere der Füh­rungsstil im Tourismus immer einer der wenigen Pluspunkte, welcher von den Beschäf­tigten hervorgehoben worden ist. In den letzten zwei Jahren ist jetzt ausgerechnet die­ser wichtige Faktor weggebrochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss es auf den Punkt bringen: Die Unzufriedenheit der Tourismusbeschäftigten ist ein Gastronomieproblem. In der Hotel­lerie ist die Zufriedenheit wesentlich höher und in etwa auf dem Niveau der übrigen Branchen. Im Wesentlichen kann man sagen, dass die Tourismusbeschäftigten wis­sen, was sie in der Branche zu erwarten haben, und damit auch irgendwie umgehen können. Entscheidend ist aber, dass das Management die vorhandenen Spielräume nützt, wenn es darum geht, den Beschäftigten das Leben zu erleichtern oder zumin­dest nicht zu erschweren.

Wie sich in den Klagen über den Führungsstil zeigt, dürfte es da vor allem in den letzten Jahren zu deutlichen Verschlechterungen gekommen sein. Ich freue mich aber, dass das Tourismusministerium reagiert hat und den Arbeitskreis Touristischer Arbeits­markt ins Leben gerufen hat. Ich finde das zumindest sehr spannend, würde ich sagen. Schauen wir einmal, wie die Ergebnisse dann ausschauen werden! (Heiterkeit der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.)

In diesem Arbeitskreis hat sich auch zum wiederholten Male gezeigt, dass die Prob­leme der Beschäftigten in etwas anderer Form – und da spreche ich vor allen Dingen die Kolleginnen und Kollegen der ÖVP an – genauso bei den Inhabern kleinerer und mittlerer Tourismusbetriebe auftauchen. Da scheint es oft schwierig zu sein, die Kinder zum Verbleib in der Branche zu bewegen (Ruf bei der FPÖ: Genau!), und es wundert mich auch nicht, wenn dann rückläufige Zahlen in den Tourismusschulen zu bemerken sind.

Meine Damen und Herren! Ein Punkt, den unser Kollege von den Grünen heute ange­schnitten hat, ist – da gibt es ein schönes neudeutsches, englisches Wort dafür – Over­tourism. Damit möchte ich mich auch ganz kurz auseinandersetzen. In manchen Län­dern beziehungsweise Destinationen ist der Overtourism bereits sehr akut – sowohl was die Menschenmassen als auch was die Überlastung der Infrastruktur betrifft. Bei­spiele sind Barcelona, Venedig, Dubrovnik und man könnte da viele andere Orte mehr anführen. Andere Destinationen klagen wieder über die falschen Touristen, wie zum Beispiel Mallorca und einige griechische Inseln, die offenbar mit dem Problem der Kampftrinker zu kämpfen haben.

Von derartigen Problemen, meine Damen und Herren, ist Österreich noch weit entfernt. Punktuell aber scheint die Belastbarkeitsgrenze der örtlichen Bevölkerung bereits erreicht zu sein. Beispiele sind die Salzburger Altstadt und einige kleinere Gemeinden, die heute schon erwähnt wurden – ich denke an Dürnstein, ich denke an Hallstatt; die­se kleinen Orte werden in der Hochsaison von ganzen Busflotten angesteuert –, aber auch zum Teil die Wiener Innenstadt. Vielerorts scheint das Problem auch dadurch verschärft zu werden, dass möglicherweise für die Bevölkerung wichtige Infrastruktur durch touristische Infrastruktur verdrängt wird – Stichwort Meinl am Graben; das er­wähne ich nur als Beispiel, das derzeit in Diskussion ist.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, kann man sagen, dass zwei Personen­gruppen, die man bisher nicht so sehr auf dem Radar hatte, für die Tourismuspolitik in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen werden: erstens die eigenen Beschäftigten, deren Zufriedenheit für die Betriebe zu einer Existenzfrage werden kann, zweitens die örtliche Bevölkerung, deren Akzeptanz des Tourismus bisher als etwas zu selbst­verständlich vorausgesetzt wurde.

Lassen Sie mich daher zum Schluss sagen: Möge den politisch Verantwortlichen die politische Erleuchtung kommen, dass Tourismus ein Gesamtkunstwerk ist, bei dem die örtliche Bevölkerung, die Beschäftigten und die Unternehmer eine wichtige Rolle spielen und denen daher auch die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken ist! – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Rösch.)

13.59

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich er­teile ihm dieses.