16.58

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kanzler! Frau Ministerin! Liebe Zuseher hier und zu Hause! Kollegen Bundesräte! Ja, Herr Kol­lege Buchmann, ich bin ja immer noch ganz beeindruckt von Ihrem Aufguss der nicht beantworteten Fragen durch Herrn Kurz, aber sei’s drum.

Jetzt ist es halt passiert, dem Erfinder der Messagecontrol ist bewusst oder unbe­wusst – das will ich gar nicht werten, Herr Kanzler – herausgerutscht, dass es in Öster­reich Journalisten gibt, die, bevor der Beklagte von seinem Glück erfährt, schon alles in die Öffentlichkeit spielen und dort breittreten. – Na, was für eine Überraschung! Ich könnte hier unzählige Beispiele aus der Vergangenheit nennen, wo dies passiert ist. (Bundeskanzler Kurz: Ja, was?) Ich kenne auch mehrere Beispiele und ein ganz besonderes Beispiel – Herr Kurz, ich glaube, der ist Ihnen auch nicht unbekannt – ist der ehemalige Finanzminister, Herr Grasser, der immer noch als Beschuldigter geführt wird.

Nur hat es dieses Mal halt Personen aus der ÖVP-Klientel erwischt, und dies gleicht natürlich einer Majestätsbeleidigung, denn wo kommen wir denn da hin, wenn über Personen der ÖVP im öffentlichen Leben diskutiert wird? Genau aus diesem und keinem anderen Grund sind wir heute hier: um über eine wirklich – hoffentlich – unabhängige Justiz in Österreich zu diskutieren.

Wer öffentlich die Behauptung aufstellt, dass es Journalisten gibt, die immer wieder Infos aus der Justiz bekommen, muss auch damit rechnen, dass er diese Behaup­tungen dann unter Wahrheitspflicht und mit Daten und Namen wird beweisen müs­sen – ganz einfach. Und Sie, Herr Kanzler, werden wohl früher, als Ihnen wahrschein­lich lieb ist, diesen Wahrheitsbeweis antreten müssen.

Hoffentlich lässt sich aber die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht von Ihren Statements beeinflussen, in denen man deutlich einen Unterton heraushört, der unterschwellig ausrichten lässt: Wehe, ihr beginnt zu ermitteln und ladet mich dann auch noch als Zeugen vor! Dies wird dann der Beweis sein, wie es wirklich um unsere unabhängige Justiz in Österreich steht.

Doch ich vermute, das ist leider nur die Spitze des Eisbergs, denn wie in den letzten Wochen und Monaten immer mehr durchsickert, gibt es wohl einen ganzen schwarzen Netzwerkestaat im Staat. Man kennt dies natürlich von der Gemeindeebene, auch auf Landesebene, wo die pechschwarzen Erfüllungsgehilfen Ihrer Sonnenkönige auf allen Ebenen des Landes und der Gemeinde ihre Spielchen treiben. (Bundesrat Schennach: Der Bader lässt das durchgehen?!) Nun aber fliegen diese Spielchen auch auf Bundes­ebene auf, und es wird wohl noch eine dickere türkise Lackschicht brauchen – viel­leicht jetzt mit ein paar grünen Tupfen –, um diese ÖVP-Skandale zu verdecken. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Eigentlich ist es ja wirklich befremdlich, ja, eigentlich schockierend, was man für den eigenen Machterhalt alles in Kauf nimmt. Da lädt der Herr ÖVP-Sektionschef im Justiz­ministerium die Herren Rothensteiner und den ehemaligen Vizekanzler Pröll mitten im Verfahren zu ihm ins Ministerium ein. Dann fliegt dieses Tête-à-Tête auf und man will den Bürgern weismachen, dass dies nur ein Kaffeeklatsch unter ÖVP-Parteisoldaten war, und man hat wohl nur über das Wetter geredet. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Hier fragt man sich dann zu Recht, inwieweit die grüne Justizministerin ihr Haus im Griff hat. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Man kann den Bürgern viel erzählen, aber eines sollte man nicht tun, nämlich jene Bürger, die einen ins Amt gewählt haben, dann als Dank für blöd verkaufen. Natürlich ist es in diesem Gespräch um die Causa Casinos gegangen und nicht um ein Hühner­auge des ehemaligen Vizekanzlers Pröll, denn wie wir alle wissen, geht es schon längst nicht mehr um eine ehrliche Aufarbeitung dieser Causa, sondern es geht nur noch darum, wie die ÖVP ihren schwarzen Kopf nun aus der Schlinge kriegt, um noch über viele Jahre in diesem Staat ihre Macht einzementieren zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man in der Zeit nämlich ein wenig zurückschaut, sieht man, die ÖVP war bei jedem Skandal in dieser Republik mittendrin statt nur dabei. Allerdings konnte man sich immer wieder herauswinden, denn irgendwo fand sich dann schon das passende Bauernopfer, dem man seinen hauseigenen Skandal hat umhängen können. In der „ZIB 2“ am Montag – das war ja ganz interessant – sah man dann deutlich: Wenn Ihnen der Schwarze Peter abhandenkommt, kommen Sie ganz nett ins Straucheln. Da flüchteten Sie sich von einer Ausrede zur nächsten Ausflucht, und da wurde deutlich, welches Spiel Sie wieder zu spielen versuchen: Zuerst zündeln wir ein wenig und ein bisschen später stellen wir uns hin und spielen die große Feuerwehr.

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Kollege Steiner! Ich denke, die Wort­wahl sollten Sie schön langsam überdenken: zündeln, Hühnerauge. Ich bitte Sie, sich zu mäßigen, sonst muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.

Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich werde meine Wort­wahl nicht ändern!

Bis heute hat das ja ganz gut funktioniert, nur fehlt euch dieses Mal das Bauernopfer, denn für diesen Skandal, Herr Kurz, sind ganz alleine Sie verantwortlich.

Ein wenig schmunzeln musste ich bei den Artikeln, die in einer Tageszeitung über Sie geschrieben wurden – auch heute haben Sie es wieder gesagt –, in denen Sie mit der Aussage zitiert wurden, dass die Staatsanwälte aus der Parteizentrale der SPÖ ge­steuert würden. Jetzt bin ich nicht der Verteidiger der SPÖ, ihr wisst das (Rufe bei der SPÖ: Na geh!), aber eines, Herr Kurz, kann ich Ihnen beruhigt sagen: Die Partei­zen­trale der SPÖ ist nicht in der Lage, die eigene Partei zu steuern, geschweige denn irgendwelche Staatsanwälte. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Seeber: Da bin ich mir nicht so sicher! Wieso schwenkst denn zur SPÖ rüber? – Bundeskanzler Kurz: Aber vor 20 Jahren!)

Auch Ihre Forderung nach mehr Finanzmitteln für die Justiz ist wohl wieder nur eine türkise Schmähpartie, denn Ihre Partei stellt seit 18 Jahren den Finanzminister und seit 17 Jahren den Justizminister. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Bundes­rätin Mühlwerth: Die SPÖ war schon auch in der Regierung!) Dann muss ich mich wirklich fragen, Herr Kurz: Wer um Gottes willen hat euch daran gehindert, die Justiz endlich auf ordentliche finanzielle Beine zu stellen? Für den Zustand der Justiz tragen einzig und allein Sie und die ÖVP die Verantwortung! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Eines wird wohl auf ewig ungeklärt bleiben – man sucht vergebens, man kann es gar nicht glauben, man findet keine Erklärung –: Sind sie die ersten Opfer der Klimakrise, als wären sie vom Erdboden verschluckt, wo sind die Umweltfighter, die Transparenz­fighter, die Korruptionsjäger, wo sind die Grünen? Ich hoffe nicht, dass ihr euch am Futtertrog der Macht nun endgültig die Sprache habt verschlagen lassen. Man kann nur hoffen, dass sich die Grünen wieder besinnen und nicht mit dem Gedanken spielen, eine Schicht Ökogras über die Sache wachsen zu lassen, denn wir wissen aus der Vergangenheit: Grüne und Gras sind keine gute Kombination (Heiterkeit der Bun­desrätin Steiner-Wieser), zumindest nicht, wenn man in einer Regierung sitzt und einen Staat zu führen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Hier machen sich die Grünen – allen voran ihre Justizministerin – zum billigen Erfül­lungsgehilfen der ÖVP-Netzwerke und führen sich damit endgültig ad absurdum. Mir ist schon klar, dass alles, was man gegen den Sonnenkönig Kurz sagt, knapp an Majes­täts­beleidigung herankommt, zumindest, wie man es heute wieder deutlich gesehen hat, laut dem ÖVP-Huldigungsverein. Versteht mich nicht falsch, ich gönne euch euren Sonnenkönig, es ist allerdings Vorsicht geboten. (Bundesrat Seeber: So einen hättet ihr auch gerne, gell? – Bundesrat Raggl: Auf Ibiza!)

Allerdings ist Vorsicht geboten, denn dem Sonnenkönig Ludwig in Frankreich stieg in der zweiten Hälfte seiner Regentschaft der Erfolg zu Kopf. (Bundesrat Seeber: Märchen­stunde, Christoph! Märchenstunde!) Er wurde eitel und stolz, und diese Einstellung ruinierte nicht nur seinen eigenen Charakter, sondern das ganze Land. Ich hoffe nicht, dass Ihnen und unserem Land das gleiche Schicksal blüht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Bader: Eurer ist in Ibiza!)

17.07

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.