15.08

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie uns heute zuschauen! Sie, Herr Minister Blümel, sind ja gerade vor eineinhalb Wochen Vater einer kleinen Tochter geworden, zu der ich Ihnen sehr herzlich gratu­lieren möchte. Ich denke, gerade in diesen Zeiten würden Sie lieber mehr Zeit mit Ihrer kleinen Tochter und Ihrer Familie verbringen, als diese außergewöhnliche Krise bewäl­tigen zu müssen, wofür ich ja Verständnis habe, aber die Dinge sind nun einmal, wie sie sind, die haben Sie sich auch nicht ausgesucht – daher: alles Gute!

Wir haben ja immer gesagt, wie wichtig die Globalisierung ist, damit ein weltweiter Handel stattfinden kann, wie gut das für die Wirtschaft ist und wie wichtig das ist. Wir sehen, wie verletzbar dieses System ist, wie schnell nämlich auch ein kleines Virus ganz global zuschlagen und uns in diese Krise bringen kann, in der wir jetzt sind. Viel­leicht können wir einmal innehalten und in diesem Zusammenhang – wenn wir die Kri­se bewältigt haben werden – darüber nachdenken, ob die verschiedenen Rufe nach Renationalisierung so falsch waren, ob es nicht vielleicht doch sinnvoll wäre, gewisse Produktionsstätten wieder zurück nach Europa zu holen, weil wir ja jetzt sehen, wie eingeschränkt wir sind, weil wir aus Kostengründen viele Produktionsstätten außerhalb Europas ausgelagert haben. Ich denke, dass diese Krise überhaupt in vielen Bereichen ein gewisses Nachdenken erfordern wird und dieses hoffentlich auch zustande kom­men lassen wird.

Ich bin schon lange im Parlament, aber ich habe noch nie erlebt, dass in dieser Ge­schwindigkeit eine Sondersitzung möglich war, wirklich von hier auf jetzt. Es ist auch für mich – nicht ganz, aber so uneingeschränkt schon – das erste Mal – auch wenn je­der von uns gewisse Bedenken und gewisse Kritik anzubringen hat –, dass wir hier ge­meinsam wirklich einen Schulterschluss über die Parteigrenzen hinweg, über alle Ideo­logien hinweg zustande bringen. Darauf, glaube ich, können wir und darauf kann Ös­terreich stolz sein! (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Es sind von meinen Kollegen, die vor mir gesprochen haben, schon alle Maßnahmen aufgezählt worden, die notwendig sind, damit wir gut aus dieser Krise herauskommen und die Verbreitung dieses Virus eindämmen können. Auch unser Dank richtet sich an alle, die noch draußen sind, aber auch – das möchte ich auch noch extra erwähnen – an die Mitarbeiter dieses Hauses (allgemeiner Beifall); die Mitarbeiter, die heute hier sitzen und unsere Reden mitstenografieren und aufzeichnen; die Mitarbeiter, die schauen, dass der Parlamentsbetrieb geregelt ablaufen kann; die Mitarbeiter, die die Anträge ausfertigen und verteilen. – Ihnen allen wirklich herzlichen Dank!

Herzlichen Dank selbstverständlich auch an jene, die im Gesundheitssystem arbeiten, an die Mitarbeiter – nicht nur die, die an der Kassa sitzen – in den Supermärkten, die es jetzt auch nicht ganz leicht haben, an die Lehrer, an die Kindergartenpädagogen, die ab nächster Woche für jene zur Verfügung stehen werden – unter anderem auch für alleinerziehende Mütter; es wird auch ein paar Väter geben, aber in der Mehrzahl sind es Frauen –, die keine Betreuungsmöglichkeit haben, weil die logische Betreu­ungsmöglichkeit, nämlich Oma und Opa, jetzt ausfallen, weil wir ja gesagt haben, es ist wichtig, die Älteren zu schützen. All jenen, die ich vergessen habe, aufzuzählen, die mithelfen, dieses System in Gang zu halten, sei unser großer Dank ausgesprochen! (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal – ich habe das schon vergangenen Don­nerstag getan – einen Appell an unsere jungen Mitbürger richten. Am Donnerstag, als man schon gesagt hat, man soll größere Zusammenkünfte meiden und möglichst Ab­stand zueinander halten, bin ich nach Ende der Sitzung zu Fuß über den Heldenplatz gegangen und an den Museen vorbeigegangen. Die Wiese war voll mit jungen Men­schen, die in großen Gruppen zusammengesessen sind und den ersten Frühlingstag genossen haben. Das verstehe ich zwar irgendwie, aber die jungen Leute sollen nicht vergessen: Auch sie sind nicht unverwundbar! Ich weiß natürlich, wenn man jung ist, hält man sich einfach für unverwundbar, denkt man, da kann einem nichts passieren – das haben wir auch so gehandhabt –, aber in dieser Situation kann man es ihnen gar nicht oft genug sagen, dass sie erstens auch für sich selbst verantwortlich sind, aber zweitens eben auch für den Nächsten. Wir müssen wieder zu einem Denken zu­rückkommen, in dem es nicht nur um uns selber geht, sondern eben auch um die an­deren. Das müssen wir ihnen wahrscheinlich noch ein paar Mal sagen, sie werden es irgendwann – hoffentlich bald und rechtzeitig – verinnerlichen.

Die Maßnahmen, die nun mit diesen Anträgen gesetzt werden, werden wir selbstver­ständlich unterstützen, denn das muss auch so sein. Selbstverständlich gibt es aber auch immer, wenn man sich im Großen und Ganzen einig ist, doch ein paar Vor­schläge, bei denen man sagt, das hätte man vielleicht noch ein bissel anders, ein bis­sel besser machen können. Auch wenn ich weiß, dass man natürlich immer hinterher gescheiter ist und dann weiß, was man wann wie hätte tun können, sage ich doch auch namens der FPÖ: Einige Dinge haben wir schon viel früher vorgeschlagen und damals ist noch nicht darauf reagiert worden. Einiges ist hinterfragenswert, und ich habe das heute schon festgestellt und auch mit meinen Kollegen besprochen.

Die Leute sind sehr verunsichert, sie wissen überhaupt nicht, was jetzt wie gilt, was wann zu tun ist. Wir haben viele, viele Fragen gestellt bekommen, worauf wir geant­wortet haben, wir wissen es auch nicht so genau, weil es ja darauf ankommen wird, wie der Minister das verordnen wird. Die Leute wollen es aber halt wissen und haben irgendwie keine Ahnung, was sie tun sollen.

Wir finden, dass mit diesen Maßnahmen auch einiges schlechter gestellt wird, was Frau Kollegin Schumann im Zusammenhang mit dem Epidemiegesetz schon ange­sprochen hat und was mein Kollege Schilchegger dann noch weiter ausführen wird.

Wir finden die Bürokratie überbordend; da muss dringend zurückgefahren werden, denn mit einer überbordenden Bürokratie werden wir uns selber nicht helfen.

Ich wünsche mir von der Regierung, dass sie von ihrem üblichen Reflex abgeht, Oppo­sitionsanträge generell abzulehnen (Beifall bei der FPÖ), und sich gerade in dieser Krise auch die Vorschläge der Opposition genauestens anschaut, diese prüft und ge­gebenenfalls auch etwas davon übernimmt. Sie haben das alles sehr schnell ausar­beiten müssen. Auch wenn man es bestmöglich machen möchte und man sich wirklich bemüht, keine Fehler zu machen, kann in der Geschwindigkeit immer irgendetwas durchrutschen. Daher noch einmal meine Bitte: Lehnen Sie nicht alles von der Oppo­sition ab, sondern schauen Sie: Was kann man da noch einbauen, was ist vernünftig, was ist richtig? – Das, glaube ich, wäre ein guter Schritt, der einem gemeinsamen Schulterschluss sicher guttäte. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Ich habe mir schon in der letzten Woche bei den angekündigten Sicherheitsmaßnah­men gedacht, dass sie so scheibchenweise daherkommen. Ich glaube nicht, dass die Regierung das wirklich immer erst aus der Situation heraus getan hat. Ich bin am Donnerstag, am Nachmittag, von jemandem gefragt worden, ob es stimmt, dass eine Ausgangssperre kommt. Ich habe gesagt: Ich weiß nichts davon! – Wir haben ja alle nichts davon gewusst. Diese Person hat mir gesagt, sie hätte das aber aus einer ganz sicheren Informationsquelle und diese weise in Richtung Regierung.

Das heißt aber, Sie haben schon letzte Woche gewusst, was noch alles nötig sein wird. Ich glaube, dass es auch für die Bevölkerung wichtig ist, ihr in einem Paket zu sagen, was jetzt nötig sein wird, weil dieses scheibchenweise Verkünden von Maßnahmen die Menschen zusätzlich verunsichert. Das ist nicht etwas, bei dem ich merke, dass die Menschen dadurch mehr Sicherheit gewinnen, sondern, ganz im Gegenteil, das verun­sichert sie noch zusätzlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, wir müssen die Älteren schützen; das ist ja oft genug betont worden. Wir sollen aber auch nicht so tun, als ob wir sie jetzt generell unter einen Quargelsturz stellen müssen, weil jede und jeder Ältere fast vom Tode bedroht ist. Wir sehen weltweit, wie viele wirklich alte Menschen auch noch arbeiten und wie fit sie eigentlich noch sind, aber ja, ich verstehe das schon – vor allem, wenn man Vorerkrankungen hat, und auch wenn man sich fit fühlt, hat man schon ein paar Wehwehchen, wenn man einmal älter ist –, dass man besonders auf sie schaut, aber noch einmal: Auch die Jungen müssen auf sich selber schauen. Wir müssen auch noch einige Maßnahmen setzen, gerade was die Jugend betrifft. Viele junge Menschen haben die Matura vor sich. Einige haben Schulskikurse gemacht.

Wir müssen auch die Wirtschaft schützen. Wir müssen schauen, dass es nach der Krise, die wir hoffentlich bald überwunden haben werden, weitergeht, dass die Wirt­schaft möglichst bald wieder auf die Beine kommt. Was diese ganzen abgesagten Schulskikurse, Sprachreisen und was es da sonst noch alles in der Schule gibt, betrifft, gibt es aus unserer Sicht jetzt noch immer keine klare Regelung dazu, wie mit Storno­gebühren, Kostenersätzen et cetera umgegangen werden soll. Das abzuwälzen oder die Eltern und die Lehrer damit alleine zu lassen halten wir für den falschen Weg, da­her bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „vollständiger Kostenersatz für aufgrund der COVID-19-Krise abgesagte Schulveranstaltungen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert im Einvernehmen mit dem Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sicherzustellen, dass Eltern und Lehrern für Aufwendungen, die ihnen aufgrund der Absage von Schulveranstaltungen infolge der COVID-19-Krise entstanden sind, vollständiger Kostenersatz gewährt wird.“

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Ich hoffe, dass Sie dem nähertreten können, damit die nicht alleine bleiben müssen.

Dieses 4-Milliarden-Euro-Paket, das Sie heute im Nationalrat vorgestellt haben, ist ein Anfang. Es ist gut, richtig und wichtig, aber ich glaube, Sie wissen auch selbst, dass das nicht reichen wird. Es wird Experten aus der Wirtschaft geben, die Ihnen vorrech­nen können, wann diese 4 Milliarden Euro aufgebraucht sein werden, und da wird die Krise sicherlich noch lange nicht zu Ende sein.

All diese Dinge gilt es zu bedenken und auch zu finanzieren. Das Geld dafür haben wir. Wir müssen es haben, damit wir alle miteinander, egal ob klein, groß, jung, alt und welche Farbe wir haben, weitestgehend unbeschadet – ganz unbeschadet wird es wahrscheinlich leider nicht gehen; jedenfalls bestmöglich und mit möglichst geringem Schaden – aus dieser Krise, die wir versuchen, gemeinsam zu bewältigen, wieder he­rauskommen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und Grü­nen.)

15.22

Präsident Robert Seeber: Der von den Bundesräten Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „vollständiger Kostener­satz für aufgrund der COVID-19-Krise abgesagte Schulveranstaltungen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile es ihm. – Bitte.