14.09

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Kollegen! Ich habe die Dis­kussion aufmerksam verfolgt und mich nur wenig durch das Handy ablenken lassen. Ich empfinde es immer als sehr wertvoll, auch andere Meinungen zu hören – ich sage das ganz ohne doppelten Boden –, andere Sichtweisen kennenzulernen, und manch­mal lernt man auch etwas dazu.

Herr Leinfellner, wie unterschiedlich die föderale Struktur bei den sicherheitspolizeili­chen Kompetenzen der Soldaten und Soldatinnen ist, habe ich vorher nicht gewusst.

Herr Rösch, Sie haben gefragt, warum hier kein Virologe steht. Dazu möchte ich eines sagen: Ich spreche sehr viel mit Virologen und Epidemiologen, sowohl als Kollege von der Universität wie auch als zuständiger Forschungsminister. Deren Befund ist ganz eindeutig: Wenn man so eine Epidemie, eine Pandemie durch die Bevölkerung durch­rauschen lässt, dann bewirkt das ein ausgesprochen steiles, exponentielles Wachstum der Infektionen. Bei einer gegebenen Verteilung, die bekannt ist – es ist bekannt, wie viele Personen hospitalisiert werden müssen, wie viel Prozent der Infizierten intensiv­medizinische Behandlung benötigen –, weiß man, dass das in kurzer Zeit zum Kollaps des medizinischen Systems führt.

Alle Staaten, die gesagt haben, sie setzen ein bisschen auf die Herdenimmunität – ich erinnere, Boris Johnson hat das gemacht –, haben dann relativ schnell wieder umge­schwenkt; auch Schweden hat seine Strategie etwas eingebremst. Alle Staaten haben gemerkt, sie können das so nicht durchziehen. (Zwischenruf des Bundesrates Rösch.)

Alle Virologen, Epidemiologen und Hygieniker sagen auch: Die Masken sind kein per­fekter Schutz, überhaupt nicht, aber sie schützen klarerweise andere vor Tröpfchenin­fektionen und reduzieren damit auch die Ansteckungskette.

Ein letzter Satz noch dazu: Mir hat auch die Frage sehr zu denken gegeben, warum Japan mit dieser Pandemie sehr viel besser umgehen kann und ein viel langsameres Wachstum der Fallzahlen hat – na ja, weil die Bevölkerung halt sehr viel mehr Distanz zueinander hält. (Bundesrat Rösch: Ja!) Es gibt sehr viel mehr Disziplin im öffentlichen Bereich, beim Anstellen an der Bushaltestelle und überall sonst, und generell werden im öffentlichen Leben Masken getragen.

Frau Gruber-Pruner, wir beide wissen – wir alle wissen –, dass sich die Schule seit dem 16.3. natürlich extrem verändert hat: Der Unterricht wurde von der Schule nach Hause verlagert. Ich habe großen Wert darauf gelegt, dass die Schulen für einen – je nach Ausdrucksweise – Not- und Journaldienst offen bleiben. Ich halte es nämlich für notwendig, dass genau in solchen Situationen, wie Sie es dargestellt haben, die Schule da ist, auch als eine Insel der Geborgenheit, sodass man vielleicht auch einmal hi­nausgehen kann.

Der Wechsel hat eigentlich funktioniert – es hätte ja auch ganz anders laufen können. Er hat gut funktioniert, und daher ist es mir auch ein Anliegen, eines zu sagen: Ich dan­ke sehr herzlich den Lehrern und Lehrerinnen, klarerweise den Eltern sowie den Schü­lern und Schülerinnen für ihre Flexibilität, für ihr Verständnis für diese Situation und auch für den Einsatz bei einer ganz neuen Art und Weise des Lernens. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Um das zu illustrieren: Wir haben ja dazu aufgerufen, die Schulen auch in der Karwo­che offen zu halten, und wir haben das als freiwilligen Aufruf an unsere Lehrerschaft formuliert. Die Zahl derer, die sich freiwillig dazu gemeldet haben, in der Karwoche Un­terricht abzuhalten, beträgt etwa 22 000 bis 23 000 Lehrer und Lehrerinnen. (Beifall des Bundesrates Preineder.) So viele werden gar nicht benötigt, aber das zeigt doch, dass die manchmal gebashten Lehrer, die angeblich nur auf ihre großen Ferien schau­en, sehr wohl bereit sind, auch etwas für die Gemeinschaft zu tun.

Ich habe aus den bisherigen Erfahrungen, wie Schule Neu funktioniert, dreierlei Dinge gelernt. Erstens: Selbst organisiertes Lernen ist eine wichtige Angelegenheit gewor­den, denn was jetzt stattfindet, ist zu einem großen Teil selbst organisiertes Lernen.

Zweitens: E-Learning ist wichtig für die individualisierte, selbstbestimmte Form des Ler­nens und auch für die vertiefte Form des Lernens, aber Schule ist nicht ersetzbar, nicht durch die Eltern und nicht durch den Computer, das ist vollkommen klar. Für die Un­terweisung, insbesondere bei neuem Lernstoff, braucht man die Vermittlung der Lehre­rinnen und Lehrer.

Drittens: Schule ist klarerweise auch ein sozialer Ort, an dem Konflikte ausgetragen werden, aber auch Freundschaften geschlossen werden. Das alles ist bei dieser Art des individualisierten Lernens von zu Hause aus nicht möglich.

Zum Thema der heutigen Sitzung: Sie stimmen ja hoffentlich dem Paket des 3. COVID-19-Gesetzes zu. Dieses enthält eine Reihe von Verordnungsermächtigungen für mich, und manche Zeitungen haben geschrieben, der Bildungsminister wolle immer mächtiger werden – überhaupt nicht! Ich will nicht mächtiger werden, sondern ich will einfach die­ses Schuljahr gut abschließen und das nächste Schuljahr gut beginnen. Ich möchte, dass Schule unter veränderten Bedingungen wieder möglich ist, und dazu brauche ich bestimmte Handlungsmöglichkeiten, etwa, dass ich bestehende Stichtage festlegen kann. Ich möchte, dass diese Art des elektronischen Unterrichts, der sogenannte orts­ungebundene Unterricht, der im Gesetz gar nicht vorgesehen ist, eine rechtliche Legiti­mierung erfährt oder dass im Bedarfsfall vielleicht so etwas wie ein Ergänzungsunter­richt stattfinden kann.

Ich bitte Sie, auch der Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härte­fonds zuzustimmen. Ich meine, das ist eine wichtige Angelegenheit für jene Eltern, die vollkommen unverschuldet Stornogebühren zahlen müssen, weil mehrtägige Veran­staltungen abgesagt worden sind; wir werden da Abhilfe schaffen.

In diesem Paket, dem Sie hoffentlich zustimmen werden, sind auch Verordnungser­mächtigungen für mich im Bereich der Hochschulen enthalten. Es geht auch da im We­sentlichen um Terminsetzungen, etwa bei der Frage, wann das Studienjahr endet. Wenn es notwendig ist, dass wir dieses Studienjahr im Einvernehmen mit den Univer­sitäten um eine Woche, um zwei Wochen verlängern, kann ich das dann tun.

Es geht auch darum, dass ich so etwas wie den Einsatz im Rahmen zivilgesellschaft­lichen Engagements mit entsprechenden ECTS – also Credit Points, quasi Noten, wenn Sie so wollen – auf der Universität belohnen darf. All das, meine ich, sind wich­tige Angelegenheiten.

Als Forschungsminister animiere ich derzeit klarerweise auch unsere klugen Forscher und Forscherinnen und fordere sie auf, an dem zu forschen, was jetzt ganz wesentlich ist, nämlich an einem Therapeutikum gegen Covid-19 und auch an den Möglichkeiten einer Impfung. Wir werden Covid-19 auf lange Sicht nicht durch Ausgangsbeschrän­kungen und viele andere dieser Maßnahmen besiegen können, sondern wir werden es durch vermehrte Forschung in diesem Bereich schaffen. Es gibt da einige hoffnungs­volle Ambitionen und Forschungsansätze, ich bin da sehr optimistisch.

Ich danke auch den Kollegen an der Universität für ihren Einsatz im Bereich der Pro­gnostik, der Epidemiologie und der Virologie. Ich weiß, sie testen und entwickeln ihre Konzepte auch am Wochenende.

Mein letzter Satz: Ich weiß, dass ich vom Gesetzgeber immer nur geliehene Macht er­halte, und ich weiß, was das bedeutet. Seien Sie versichert, dass ich mit großer Um­sicht mit dieser geliehenen Macht umzugehen verstehe. Fragen Sie mich in drei Mo­naten und Sie werden sehen, dass ich mein Versprechen eingehalten habe. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

14.18

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminis­terin Dr. Alma Zadić. Ich erteile es ihr.