15.54

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Kollege Lackner! Du hast vorhin gesagt, 600 000 Euro seien nicht budgetrelevant. Erzähl das bitte einmal den Menschen in unserem gemeinsamen Zivilberuf, beim AMS! Die haben momentan Angst. Du kannst dir nicht vorstellen, welche Verunsicherung bei den Men­schen draußen, die momentan keine Arbeit haben, herrscht! Wenn du dich da her­stellst und sagst: 600 000 Euro, mein Gott na, sind ja nicht einmal budgetrelevant!, dann sage ich dir: Bitte nicht abheben, nur weil wir im Hohen Haus sitzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, Sie haben vorhin gemeint, wir Freiheitlichen verharmlosen das. Nein, mitnichten! Wir verharmlosen die Situation definitiv nicht, nur lassen wir uns nicht am Nasenring durch die Manege ziehen. Wir haben bereits im Jänner als Oppositions­partei davor gewarnt, dass eine Epidemie kommen kann, dass eine Pandemie kommen kann, aber da hat man vor lauter Sturheit auf die Opposition nicht gehört. Das wäre aber gescheiter gewesen, denn wir hätten sofort für 14 Tage die Grenzen dicht­gemacht, sofort für 14 Tage alle Flughäfen dichtgemacht. Ich glaube, mit einer frei­heitlichen Sozialministerin Hartinger-Klein hätten wir diese Geschichte schon erledigt! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zur Tagesordnung: Ich möchte mich zu den Punkten 2 und 3 äußern. Dass das Thema Pflege beziehungsweise Pflegenotstand ein Dauerthema, ein Dauerbrennpunkt ist, ist nichts Neues, das wissen wir nicht seit gestern. Durch die Coronakrise könnte es sogar zu einem Engpass in der Pflege kommen, speziell in der 24-Stunden-Pflege.

Ich habe heute Früh im Sozialausschuss einige Fragen an Ihre Ressortmitarbeiter gestellt, diese konnten mir im Ausschuss leider nicht beantwortet werden. Ich habe aber vor Sitzungsbeginn aus Ihrem Ressort die entsprechende Anfragebeantwortung erhalten, und ich muss sagen: Erfreulicherweise habe ich es schriftlich bekommen, dass Hotlines eingerichtet wurden, dass die Anfragen etwas zugenommen haben, dass wir aber Gott sei Dank – das ist ein schönes Zeichen – nicht im kritischen Bereich sind, dass also die 24-Stunden-Pflege im Land derzeit halbwegs gesichert ist.

Und da muss ich mich jetzt wieder an die ÖVP wenden – ein bisschen auch an die Grünen –: Was bedeutet dann wieder dieses Angstschüren, dass der Pflegenotstand dreifach und fünffach ausbricht und die Leute nicht mehr wissen, was los ist? Das ist eine gute PR-Aktion, das gebe ich neidlos zu, es ist aber Populismus und Aktionismus. Es befinden sich laut Ressort, habe ich schriftlich, derzeit noch 33 000 ausländische Pflegekräfte – Gott sei Dank! – im Land. Ich kann diesen Menschen nur Danke sagen. Sie haben sich diese 500 Euro, die sie als Bonus bekommen, mehr als verdient.

Glauben Sie mir, ich bin keine Theoretikerin, was Pflege anbelangt. Ich habe selbst gemeinsam mit einer 24-Stunden-Pflegerin meine Mutter, die nur noch eine Hand bewegen konnte, bis zu ihrem Tod gepflegt. Ich habe selbst Windeln gewechselt, die Magensonde gereinigt und vieles mehr, das volle Programm, das dazugehört, und verstehe sehr wohl, was es bedeutet, Pflege zu leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt da etwas, das ich im Zusammenhang mit diesen 500 Euro nicht verstehe. – Herr Minister, schauen Sie mich einmal an, ich rede gerade mit Ihnen! (Bundesrat Steiner: Ist ihm egal!) Warum wird das mit diesen 500 Euro, die da ausbezahlt werden, so kompliziert gemacht? Das wird jetzt auf die Länder abgewälzt. Wir sind Länder­vertreter, und ich glaube, da sollten wir aufstehen. Ich habe zu diesem Zweck extra einen Antrag mitgebracht; ich habe jetzt nur einen mit, nämlich vom Land Steiermark. Das Land zahlt die 500 Euro aus, aber unter eigenartigen Bedingungen: Es müssen zuerst die Pflegenden in Vorleistung gehen – das ist Voraussetzung dafür, dass man über das Sozialministeriumservice diese Förderung der 24-Stunden-Pflege erhält –, und dann können sich die Pflegenden, die das Geld hergegeben haben, dieses im Regressweg mit einer Bestätigung wieder zurückholen.

Nein, Herr Minister! Sie haben den Menschen, den Pflegerinnen etwas versprochen. Kümmern Sie sich daher bitte darum, dass die Menschen, die Pflegerinnen, die es sich wirklich verdient haben, das Geld direkt bekommen! (Beifall bei der FPÖ.)

Somit sind wir auch wieder mitten drinnen im Tagesordnungspunkt, denn es gibt in jedem Bundesland ein Sozialministeriumservice, und dort beantragt man die 24-Stunden-Pflege. Somit hat Ihr Ministerium alle Daten, alle Zahlen, alle Fakten auf dem Tisch in Ihren Büros. Nach dieser Gesetzesvorlage dient das auch der Kontaktpflege, und so könnten Ihre Mitarbeiter schauen, wie es denen da draußen geht. Das können Ihre Mitarbeiter vom Burgenland bis nach Vorarlberg in den Sozialministerium­service­stellen erledigen. Da muss ich das nicht wieder auf das Land abwälzen, denn das ist kompliziert, das ist Bürokratismus hoch 27. Ich glaube, dass man das im 21. Jahr­hundert für die Menschen draußen ein bisschen zackiger erledigen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist auch zu hinterfragen, warum wir uns in der Pflege immer mehr von auslän­di­schen Kräften abhängig machen. Ich habe mir darüber auch viele Gedanken gemacht und mit vielen österreichischen Pflegerinnen Gespräche geführt. Sie bemängeln die mangelnde Wertschätzung; Geld ist für die Pfleger gar nicht so sehr der Anreiz. Die mangelnde Wertschätzung für diesen Beruf, für die Menschen, die diese Arbeit erle­digen, und eben auch viel zu wenig Freizeit und Erholungsurlaub werden beklagt. Die Menschen brauchen einfach längere Erholungsphasen. Der Pflegeberuf ist kein Lercherl! (Bundesrätin Schumann: ... Arbeitszeit!)

Es ist also einmal zu überlegen, ob man nicht vielleicht viele junge Menschen gewin­nen, dem Beruf Prestige einflößen und die Menschen zur Pflege animieren könnte. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Jetzt fehlt nur noch, dass Sie ...!)

Dass die Pflegekräfte wertvolle, wichtige Arbeit leisten, habe ich schon erwähnt. Mir ist wie gesagt nicht ganz klar, warum wir jetzt mit dem Gesetz sensible Daten aus der Hand geben. Wir Freiheitliche werden bei dem Tagesordnungspunkt zustimmen, aber wir schauen uns genau an, ob die Sunsetklausel eingehalten wird, wir schauen uns genau an, ob die Daten auch wirklich gelöscht werden, denn – „Nachtigall, ich hörʼ dir trapsen“ – ich bin mir da nicht ganz sicher.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Da werden wir ein Bundesgesetz mit 600 000 Euro für das freiwillige Engagement beschließen, wir haben es schon gehört. Auch da kann ich mich nur bei jedem Einzelnen bedanken, der freiwillig, ehrenamtlich arbeitet. Die Ehren­amtlichen arbeiten sogar unentgeltlich. Ich ziehe meinen Hut, zolle jedem Einzelnen Respekt und kann nur Danke sagen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Was mich aber irritiert, mich stutzig macht und was ich auch kritisiere, ist die Tatsache, dass uns die Regierung nicht sagt, wer das Geld bekommt und wie viel Geld ausge­geben wird. Es handelt sich dabei um ein Extrabudget ohne parlamentarische Kon­trolle. Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Ich muss da schon einmal fragen, ob diese 600 000 Euro nicht doch vielleicht für diese komische Coronaapp benutzt werden. Wir Freiheitliche – Sie haben das schon mehrfach gehört – lehnen diese Überwachungs­app kategorisch ab. Jetzt müssen Sie mir aber bitte erklären: Wie kommt man eigentlich auf eine solch absurde Idee, das österreichische Volk überwachen zu las­sen? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober. – Bundesrat Buchmann: Das müssen Sie Ihren Klubobmann fragen! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Und die noch größere Schnapsidee ist, sich hinzustellen und zu sagen: Wer kein adä­quates Mobiltelefon hat, kriegt einen Schlüsselanhänger umgehängt. In 100 Jahren täte ich mir so etwas nicht umhängen! Ich muss Ihnen wirklich sagen, Herr Minister, mir läuft es kalt über den Rücken, wenn ich mir vorstellen muss, dass ich in einem Spitzelland lebe.

Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man meinen, ich habe jetzt aus einer Fa­schingszeitung zitiert. Mitnichten! Klubobfrau Mühlwerth hat es heute schon erwähnt: Antonella Mei-Pochtler, Kanzlerberaterin, hat ja vollmundig gesagt, dass die App für alle kommen wird. (Zwischenruf des Bundesrates Novak.) Wie auch immer, mit uns Freiheitlichen sicherlich nicht!

Jetzt zu einem Punkt, der mich wirklich ärgert: Das Rote Kreuz hat 500 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Es hat sich stattdessen der verlängerten Zivildiener bedient oder Freiwillige geholt. Das Absurde ist, es gibt unterschiedliche Bezahlungen. Die Zivil­diener bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung, die Freiwilligen, die sich ge­meldet haben, bekommen zum Teil sogar mehr bezahlt als die hauptamtlichen Mitar­beiter beim Roten Kreuz. Bei uns Freiheitlichen sind etliche Interventionen von betrof­fenen Mitarbeitern eingelangt. Sie alle wären bereit gewesen, sich auch in anderen Bereichen innerhalb des Betriebes einzubringen. Ich denke, das Spektrum ist groß. Es hätte so viel gegeben, um diese 500 Leute vor der Kurzarbeit zu bewahren. Ich denke da an computerunterstützte Lernangebote, Unterrichtsmaterial, das jetzt die Eltern den Kindern beibringen sollen und damit völlig überfordert sind, ich denke an Essen auf Rädern, ich denke an Einkaufsdienste, Telefonhotlines und, und, und. Es gäbe unend­lich viele Möglichkeiten, sodass man die Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit hätte schicken müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und genau deswegen gibt es auch den begründeten Einspruch, welcher heute Vor­mittag im Ausschuss mehrheitlich beschlossen wurde. Das heißt - -

Vizepräsident Michael Wanner: Geschätzte Frau Kollegin! Es ist jetzt nach 16 Uhr. Ich bitte, zum Schluss zu kommen, sonst muss ich dich unterbrechen, weil wir gesagt haben, dass wir um 16 Uhr die Dringliche behandeln. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Letzter Satz! Ein letzter Satz!) – Gerne. Bitte.

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (fortsetzend): 600 000 Euro Extrabudget ohne parlamentarische Kontrolle, Beauftragung Dritter ohne parlamentarische Kontrolle, keine klare Widmung des Geldes. Glauben Sie es mir: Die 600 000 Euro wären besser aufgehoben beim Österreichtausender, den Kollege Rösch in einem Antrag gefordert hat: Jeder Österreicher kriegt einen Tausender; dann wissen wir wenigstens, wohin das Geld kommt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.06

Vizepräsident Michael Wanner: Ich unterbreche jetzt die Debatte zu den Tages­ordnungspunkten 2 und 3 und begrüße Frau Bundesministerin Aschbacher recht herzlich bei uns. Grüß Gott! (Allgemeiner Beifall.)