11.43

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Lieber Magnus! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Werte Zuse­herinnen und Zuseher! Wenn die Krise uns etwas gelehrt hat, dann vor allem, wie es­senziell Kunst und Kultur für uns, für die Gesellschaft sind.

Die Kultur ist ein Teil der österreichischen Identität, wir bekommen diese Kultur sozusa­gen schon mit der Muttermilch. Millionen Menschen auf der ganzen Welt schätzen un­sere Kultur. Diese vielfältige Kultur bringt uns Anerkennung und sichert Arbeitsplätze. Dies erfordert natürlich auch finanzielle Mittel, die wir dringend benötigen.

Ich ziehe auch das Beispiel der Salzburger Festspiele aufgrund des 100-Jahr-Jubiläums heran – es wurde schon mehrmals gesagt, aber nichtsdestotrotz –, denn sie bedeuten wichtige Wertschöpfung: 183 Millionen Euro und 2 800 Vollzeitarbeitsplätze alleine im Bundesland Salzburg. Das ist wirklich erwähnenswert.

Die Kulturschaffenden, alle in der Kultur Tätigen tragen mit ihrer Arbeit, ihrem Engage­ment und ihrer Kreativität im hohen Maß zum Ruf Österreichs als vielseitiges Kulturland bei. (Beifall bei der SPÖ.) – Danke.

Ein Großteil der internationalen Gäste kommt hauptsächlich der Kultur wegen nach Ös­terreich. Aufgrund der langen Schließdauer und der unsicheren Perspektive sind viele Kulturinstitutionen von Insolvenz bedroht und benötigen dringend Hilfe. KünstlerInnen, Kulturschaffende und Kreative gehörten schon vor der Pandemie zu jenen, die oft prekär beschäftigt sind und in vielen Fällen kein regelmäßiges Einkommen haben. Für viele sank dieses durch das Veranstaltungsverbot auf null.

In dieser nicht einfachen Zeit hat vor Kurzem Frau Andrea Mayer die Position der Kul­turstaatssekretärin übernommen. Dafür gebührt ihr unser Dank. Die Kunst- und Kultur­schaffenden, wie der Volksoperndirektor Robert Meyer oder die Generaldirektorin der Nationalbibliothek Johanna Rachinger streuen Frau Mayer Rosen. Sie sagen: Sie kenne die österreichische Kunst- und Kulturgeschichte, die Kulturlandschaft in- und auswendig, sie sei eine sehr ruhige, sehr kompetente Person, sie habe viel Erfahrung, besitze Durch­setzungskraft, die nötige Härte und sei bestens vernetzt. All diese Erfahrungen und diese positiven Eigenschaften werden Sie auch brauchen, Frau Staatssekretärin, vor allem auch, um Ihren anspruchsvollen Job erfüllen zu können. Die Kunst- und Kultursze­ne Österreichs steht nämlich wirtschaftlich am Abgrund und benötigt dringend einen Rettungsschirm und ein langfristiges Investitionsprogramm in Höhe von mindestens 1 Milliarde Euro. – Ich werde dazu noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Die KünstlerInnen, Kulturinstitutionen und Unternehmen der Kreativwirtschaft brauchen umgehend eine Perspektive. Sie brauchen Rahmenbedingungen, um entsprechende Planungssicherheit zu haben. Die Kulturbranchenvertreter wollen gehört werden, ihre Ideen einbringen dürfen. Frei nach Ursula Strauss geht es darum, den Mut zu fördern und die Bittstellerschaft abzustellen. Die Kulturlandschaft Österreichs, die so wertvolle Beiträge für die Wirtschaft, aber auch für den Tourismus liefert, ist in Gefahr. Die Künst­lerInnen stehen vor den Scherben ihrer Existenz, Zehntausende Arbeitsplätze sind ge­fährdet. Die versprochenen Soforthilfen, die ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind, sind bei vielen gar nicht angekommen.

Die Schauspielerin Gerti Drassl verdeutlichte vor Kurzem, dass beim Härtefallfonds zu viele Kulturschaffende, für die es zur Arbeitsrealität gehört, flexible Arrangements einzu­gehen, finanziell leer ausgehen. Sehr viele im Kunst- und Kulturbereich Tätige sind Frau­en, und diese leben am Existenzminimum. Da muss rasch Abhilfe geschaffen werden. Der ab Juli zur Verfügung stehende Überbrückungsfonds von 1 000 Euro pro Monat für freischaffende KünstlerInnen ist jedoch sicher nicht ausreichend. Ergänzende Maßnah­men werden unter anderem für jene benötigt, die nicht bei der Sozialversicherung der Selbständigen gemeldet sind.

Eine wirkliche, nicht nur angekündigte Soforthilfe ist für die Kulturschaffenden und Kultur­veranstalter mehr als notwendig. Ebenso dringend benötigen die Musik- und die Sprech­theater, die Filmbranche, die Kleinkunstszene, die Kinos, die Konzerte, die Musikkapel­len bis hin zu den Festivals eine Planungs- und Überlebensperspektive.

Seit 29. Mai, seit den Lockerungen im Kulturbereich, auf die wir schon sehr lange ge­wartet haben, ist endlich ein Lichtblick erfolgt: Der Theaterbesuch, der Kinobesuch, der Musikgenuss eines Konzertes, der Rundgang durch eine Ausstellung, der Kabarettbe­such mit befreiendem Lachen, was auch immer – all das hat uns wirklich sehr, sehr ge­fehlt. Wir haben Entzugserscheinungen; die Künstler, aber auch das Publikum.

Umso mehr freuen wir uns über die kulturellen Möglichkeiten in den nächsten Wochen; noch ist das Angebot leider eingeschränkt beziehungsweise wurden viele Aufführungen auf das nächste Jahr verschoben. In Niederösterreich, meinem Heimatbundesland, wer­den nach aktuellem Informationsstand nur vier von den insgesamt 29 Spielorten ein Sommertheater abhalten können.

Durch diese Wiederaufnahme entstehen auch neue finanzielle Herausforderungen, kön­nen doch viele VeranstalterInnen aufgrund der verordneten gesundheitspolitischen Schutzmaßnahmen und der dadurch reduzierten Publikumszahlen nicht kostendeckend arbeiten. Diesen Kulturbetrieben müssen die Einnahmen ersetzt werden, die bedingt durch die Sitzplatzbeschränkungen verloren gehen.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Die sozialdemokratische Fraktion des Bundesrates wünscht Ihnen und Ihrem Team alles Gute für die Arbeit und bringt folgenden Entschlie­ßungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Österreich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Um langfristig die Kulturlandschaft in Österreich zu sichern, wird die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport dazu aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat raschest möglich ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das die in der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kultur­land Österreich vom 15. Mai 2020 aufgestellten Forderungen umfassend umsetzt.“

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Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Der von den Bundesräten Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschlie­ßungsantrag betreffend „Umsetzung der Stellungnahme der Landeshauptleute zum Kunst- und Kulturland Österreich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Reinhard Pisec. Ich erteile es ihm.