16.58

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Man kann es nicht oft ge­nug betonen (eine Tafel mit der Aufschrift „517.221 Menschen ohne Job“, „Existenzen sichern – Arbeitslosengeld erhöhen!“ auf das Rednerpult stellend – Bundesrat Steiner: Was Neues?! – Bundesrätin Mühlwerth – erheitert –: Haben wir schon gehabt!): „Exis­tenzen sichern – Arbeitslosengeld erhöhen!“, an die Arbeit jetzt! – Das ist die Botschaft, die ich Ihnen heute aus dem Burgenland mitgebracht habe. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Umsetzung der letzten Euratom-Richtlinie betreffend Anpassungen im Strahlenschutz bringt eine Neufassung des Strahlenschutzgesetzes. Die Stammfassung datiert aus dem Jahr 1969 und wurde oftmals novelliert. Durch diese Neufassung wird auch eine bessere Lesbarkeit und Über­sichtlichkeit hergestellt. – So weit, so gut.

Österreich hat vor über 40 Jahren mit einem Nein zur Atomenergie einen klaren und richtigen Weg eingeschlagen. Diesen klaren Weg sollten wir auch beim Strahlenschutz und im Umgang mit den radioaktiven Abfällen gehen. Die Umsetzung der Euratom-Richt­linie bringt sicherlich auch einige positive Aspekte mit sich; Schutzbestimmungen bei Tätigkeiten in Radonschutzgebieten werden festgelegt und Tätigkeiten mit natürlich vor­kommenden radioaktiven Materialien werden besser geregelt.

Ich möchte an dieser Stelle aber deponieren, dass aus unserer Sicht nach wie vor die konkrete Beantwortung der Frage nach der Endlagerung von radioaktiven Abfällen fehlt. Gleichzeitig fehlt offenbar auch der Plan, wie und wo so ein Lager entstehen soll. Die zuständige Ministerin hat angekündigt, dazu im Herbst eine Arbeitsgruppe zu instal­lieren. Es ist zu hoffen, dass da nun auch wirklich etwas weitergeht, denn die Einrichtung dieser Arbeitsgruppe wurde bereits von deren Vorvorgängerin Elisabeth Köstinger im September 2018 angekündigt.

Das neue Gesetz hinterlässt einen schalen Beigeschmack, gerade bei mir als Landes­frauengeschäftsführerin. Die Neufassung des Strahlenschutzgesetzes wird offenbar auch dazu genutzt, das Schutzniveau bei Schwangeren und Jugendlichen abzusenken. Sie alle werden mir sicher nicht widersprechen, dass es schutzbedürftige Gruppen gibt, und dazu gehören eben schwangere Frauen und Jugendliche. Bis dato war es nämlich ausgeschlossen, dass schwangere Frauen in diesem Bereich weiter beschäftigt werden dürfen. Jugendliche durften bislang erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres in den sensiblen Bereichen eingesetzt werden. Dass man jetzt das Schutzniveau mit der Be­gründung, es bringt mehr Flexibilität, einfach senkt, halte ich für falsch.

Die SPÖ arbeitet seit Jahrzehnten daran, die Lebensbedingungen von Frauen zu ver­bessern. Derzeit geht es in die verkehrte Richtung, meine Damen und Herren! Das Rad wird von der selbsternannten Familienpartei, der ÖVP, zurückgedreht, die gleichstel­lungstechnisch aktuell offenbar alles auf den Stand der Fünfzigerjahre des vorigen Jahr­hunderts zurückbringen will. Da reicht ein Blick in das Regierungsprogramm oder man schaut sich die sogenannte Erhöhung des Frauenbudgets an. Diese deckt nämlich ge­rade einmal die Inflation ab.

Frauenthemen werden mit dieser Regierung offenbar zu Randthemen, und das ist abso­lut inakzeptabel. Ich stelle fest – leider –: Frauen und Familien haben in dieser Regierung offenbar keine Lobby. Das haben wir leider schon vielfach gesehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie auch unsere Forderung, schwangere Arbeitnehme­rinnen in die Risikogruppe aufzunehmen, abgelehnt haben. Gemeinsam mit den Ge­werkschafterInnen schlagen wir Alarm, dass die Coronakrise verheerende soziale Fol­gen hat. Frauen sind davon doppelt betroffen. Ich darf Sie auf die Kampagne der SPÖ‑Frauen Hashtag statt Applaus aufmerksam machen. Da stellen wir über die so­zialen Medien frauenpolitische Themen in den Vordergrund und weisen nachdrücklich auf die Rechte von Frauen hin. Alle Frauen in Österreich sind aufgefordert, ihre Forde­rungen an die Bundesregierung zu formulieren. Ich darf die Gelegenheit nutzen und gleich eine davon hier nochmals formulieren: Wir fordern die Erhöhung des Arbeitslosen­geldes auf 70 Prozent!

In der letzten Zeit wurden 13 Anträge zu frauenpolitisch relevanten Themen im Parla­ment eingebracht, die alle abgelehnt wurden. Seien Sie aber versichert, wir machen hier weiterhin Druck!

Lassen Sie mich abschließend auf das Minimierungsgebot des Strahlenschutzes zu­rückkommen. Dieses sollte bei den erwähnten Gruppen, Schwangeren und Jugendli­chen, dazu führen, dass sie nach Möglichkeit eben gar nicht erst durch Strahlung be­lastet werden. Es kann nämlich nicht sein, dass das Schutzniveau gerade bei den Schwangeren abgesenkt wird.

Versuchen Sie sich in die spezielle Situation einer schwangeren Frau zu versetzen, viel­leicht auch noch in die Situation einer Erstgebärenden. Man durchlebt da immer wieder Phasen der Unsicherheit, ob alles gut geht und ob das Kind auch wirklich gesund zur Welt kommt. Schwangere brauchen Schutz und sollten auch in Zukunft nicht im Strah­lenbereich arbeiten dürfen. Es bleibt noch einmal, an Ihre Empathie zu appellieren – mein Appell geht vor allem auch an die Grünen –, und Sie zu bitten, den Schutz der Gesundheit der werdenden Mutter und des Ungeborenen in den Fokus zu rücken, aber auch an die Gesundheit der Jugendlichen bei der Berufsausübung im Strahlenbereich zu denken.

Um nun sicherzustellen, dass die neuen Regelungen im Strahlenschutzbereich nicht zu einer echten Gefahr für die Betroffenen werden, sollen im Vorfeld des Inkrafttretens be­sondere Schutzvorkehrungen getroffen werden, und es braucht auf alle Fälle ein eng­maschiges Monitoring dieser Verschlechterung aus Sicht der ArbeitnehmerInnen.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag. Sandra Gerdenitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz für Schwangere und Jugendliche vor Strahlenbelastung am Arbeitsplatz“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, bereits vor Inkrafttreten des Strahlenschutzge­setzes 2020 mit 1. August 2020 dafür Sorge zu tragen, dass durch die Neuregelung für die Tätigkeit von Schwangeren und Jugendlichen im Überwachungs- und Kontrollbe­reich gem. oben genannten Gesetzes besondere Vorkehrungen zum Schutz dieser Gruppen getroffen werden. Die Neuregelung ist von Anbeginn an einem intensiven Moni­toring zu unterziehen und dem Nationalrat und dem Bundesrat ist binnen Jahresfrist ab Inkrafttreten ein Bericht zu übermitteln, der wesentliche Kennzahlen (z.B. über Anzahl und Dauer der Tätigkeit, spezielle Maßnahmen zur Schulung dieser Gruppen, gesund­heitliche Auswirkungen, etc.) über die Folgen dieser Neuregelung enthält.“

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Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den BundesrätInnen Sandra Gerdenitsch, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Schutz für Schwangere und Jugendliche vor Strahlenbelastung am Arbeitsplatz“ ist ord­nungsgemäß eingebracht, genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.‑Ing. Dr. Adi Gross. – Herr Bun­desrat, ich erteile es Ihnen.