9.56

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Zu Beginn meiner Rede möchte ich dir, liebe Frau Präsidentin, liebe Andrea, alles Gute für deine neue Aufgabe wünschen und dir zu deinem Amt gratulieren. Alles Gute! Als waschechte Salzburgerin freut es mich ganz besonders, dass mein Heimatbundesland die nächsten sechs Monate den Vorsitz hier im Bundesrat führen kann.

Ich habe mir Gedanken gemacht, ich habe mir überlegt, was der Bundesrat, was der Vorsitz für Salzburg bewirken kann, was die Landesregierung, der Vorsitz in der Lan­deshauptleutekonferenz bewirken kann. Was kann man von hier aus bewirken? – Ich habe lange überlegt, aber ganz so viel ist mir eigentlich nicht eingefallen. Meine Zweifel darf ich hier anhand von drei Themen, die ich mir herausgesucht habe, begründen.

Wir haben die 380-kV-Leitung in Salzburg. Im November 2019 hat es eine Demons­tration der Freileitungsgegner gegeben, sie sind mit Traktoren zum Chiemseehof ge­fahren. Damals wurde von Ihnen, Herr Landeshauptmann, zugesagt, dass Sie sich beim Bund als Miteigentümer dafür einsetzen, dass es zu einem Baustopp kommt, bis eben die Revisionen am Verwaltungsgerichtshof beendet sind. Es ist daraufhin von Ihnen ein Brief nach Wien geschickt worden. Zwei Monate sind ins Land gezogen, die von Demonstrationen und Waldbesetzungen geprägt waren. Am 29. Jänner – just kurz vor dieser Landtagssitzung – ist der Brief von Gernot Blümel gekommen, in dem lapidar gestanden ist: Da können wir nichts machen.

Jene Sitzung am 29. Jänner war übrigens die erste, bei der ich Sie wirklich mit Emotionen und ein bisschen lauter werdend erlebt habe. Ich war ganz überrascht, welches Potenzial an Emotionen in Ihnen steckt. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Wie gesagt, bei dieser Landtagssitzung am 29. Jänner ist dann ein einstimmiger Be­schluss gefasst worden, dass der Salzburger Landtag und die Landesregierung noch einmal geschlossen an den Bund herantreten, damit dieser Baustopp zustande kommt.

Seither ist aber nichts passiert, außer dass die Demonstranten und die Waldbeset­zer eingeschüchtert werden, dass sie mit Klagen zugedeckt werden. Sonst ist nichts passiert. Mit diesem Projekt der 380-kV-Leitung wird die Salzburger Landschaft nach­haltig zerstört.

Es führt eine Stromautobahn mit bis zu 100 Meter hohen Masten und Türmen quer durch unser Bundesland, vom Flachgau bis in den Pinzgau. Das ist eine irreparable Ver­schandelung und – ich sage es jetzt hier ganz bewusst – ein Verbrechen an der Natur. (Beifall bei der FPÖ.)

Verbockt und vermurkst haben die Situation ja eigentlich die Grünen. (Beifall des Bun­desrates Wanner.) Ich kann mich noch erinnern, als die damalige Landeshauptmann-Stellvertreterin Rössler im Wahlkampf 2013 gesagt hat: Mit uns Grünen in der Lan­desregierung wird es keine 380-kV-Leitung geben! – Na ja, heute sehen wir, die Bagger sind schon aufgefahren. Da aber die ÖVP seit 2013 mit den Grünen in Salzburg in der Regierung sitzt, nehme ich auch Sie (in Richtung Landeshauptmann Haslauer) mit in die Verantwortung und ersuche Sie und fordere Sie auf, Herr Landeshauptmann: Setzen Sie sich bitte noch einmal vehement dafür ein, dass es zu einem Baustopp kommt! Ich gehe sogar noch weiter: Setzen Sie sich dafür ein, dass wir eine Erdverkabelung erhalten! (Beifall bei der FPÖ.) Ich sage aber auch gleich dazu: Briefe schreiben alleine ist in dieser Sache zu wenig.

Das zweite Thema, der Salzburger Flughafen: Durch den AUA-Deal ist dem Salzburger Flughafen und dem Großraum Salzburg ein enormer Schaden zugefügt worden. Da hat man einem deutschen Großkonzern – ich spreche jetzt von der Lufthansa – Geld nach­geworfen, ohne dass sich Österreich abgesichert hat, und schwächt damit den hei­mischen Wirtschaftsraum. Hunderttausende Fluggäste gehen dadurch jedes Jahr verloren, Hunderte Arbeitsplätze werden dadurch gefährdet, Arbeitsplätze, die wir genau jetzt nach beziehungsweise während oder vor der nächsten Coronakrise in Salzburg dringend brauchen.

Wir haben in Salzburg mit Stand 30. Juni 22 000 Arbeitslose gehabt. Heute, am 2. Juli – ich habe vorhin gerade nachgeschaut –, sind wir unter die 20 000-Grenze gerutscht, wir haben 19 900 Arbeitslose in Salzburg vorgemerkt. Sie haben vorhin gesagt: Stabilität und Sicherheit, Arbeitsplätze schaffen! – Ich meine, die Salzburger Tourismuswirtschaft wirbt um jeden einzelnen Gast, es gibt eben verdammt viele Tourismusbetriebe, die jetzt schon ums Überleben kämpfen. Da genügt es auch nicht, einen Brief nach Wien zu schreiben oder einen Aktenvermerk zu machen. Da genügen auch keine Lippenbe­kenntnisse und da genügen auch keine gemeinsamen Besuche mit der Ministerin beim AMS Salzburg in der Auerspergstraße. (Beifall bei der FPÖ.)

Da benötigt es ein starkes Aufstehen, ein Einstehen für Salzburg als Wirtschaftsstandort und als wichtige Drehscheibe für internationale Kontakte. Sie haben es zuerst in Ihrer Erklärung selbst gesagt, dass wir eben die internationale Wettbewerbsfähigkeit brauchen. Sie haben es vorhin selbst gesagt. Da ist leider die ÖVP den Grünen auf den Leim gegangen, denn diese Einschränkung vom Salzburger Flughafen hat mit Klimaschutz nichts zu tun – ganz im Gegenteil: Die 100 000 Flugreisenden in Salzburg steigen in 100 Jahren in keinen Zug ein und fahren nach Wien oder weiter nach Schwechat, die setzen sich ins Auto und fahren nach München raus, das ist ja viel näher. Die Münchner freuen sich übrigens schon, und die Sektkorken, das haben Sie auch schon öfters gelesen, knallen dort schon.

Die Kasernen sind der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte. Zu diesem Thema spüre ich leider auch zu wenig. Da genügt es nicht, wenn man eine Pressemitteilung mit Beschwichtigungen, dass die Strucker-Kaserne nicht gesperrt wird, herausgibt. Auch da gibt es genügend zu tun und auch da sehe ich ein Damoklesschwert über Salzburg schweben. Verteidigungsministerin Tanner hat noch vorgestern hier im Nationalrat an ihren Strukturplänen festgehalten, sie hat auf ihren Reformplänen beharrt, und es war echt erschütternd, was die Frau Minister da von sich gegeben hat. Ich darf jetzt wirklich ganz bewusst und salopp sagen: Es war zum Fremdschämen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Landeshauptmann, Ihnen als Jurist brauche ich nicht zu erklären, was in Artikel 9a der Bundesverfassung steht, Ihnen als Milizoffizier brauche ich nicht zu erklären, was eine umfassende Landesverteidigung ist, aber vielleicht haben Sie einmal die Gele­genheit, das der Bundesministerin zu erklären, oder noch besser: Vielleicht könnten Sie sie gleich gegen einen kompetenten Partner beim Bundesheer austauschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie es bitte nicht so weit kommen, dass unsere Soldaten zum Regaleinräumen und zu Lagerarbeiten degradiert werden oder gar im Ernstfall Österreich nur noch mit Wattebällchen verteidigen können! Das haben sich unsere Soldaten einfach nicht verdient! „Schutz und Hilfe“ – das ist der Slogan unserer Kasernen und unserer Sol­daten.

Um wieder auf Salzburg zurückzukommen: Ich habe es vorhin schon erwähnt, es schwebt ein Damoklesschwert über Salzburg, und immer wieder kommen die Kaser­nenverkäufe und Kasernenschließungen zum Tragen. Es ist nicht nur die Strucker-Kaserne, auch betreffend Schwarzenberg-Kaserne wird immer wieder diskutiert, dass circa 2 Hektar des südlichen Teils verkauft werden sollten. Jetzt frage ich Sie, Herr Landeshauptmann: Wenn das wirklich realisiert wird und dort etwas anderes gebaut wird, ist das ja ein Verlust von Ausbildungsflächen, oder? Es gibt dann einen Platzbedarf für die Sicherheitsinsel, die geplant ist, der nicht gedeckt werden kann. 2015, als wir die Migrationskrise hatten, haben wir genau diesen Platz dringend gebraucht. Seit Jahren wird damit, dass die Strucker-Kaserne im Lungau gesperrt werden soll oder kann, der Kader in der Strucker-Kaserne verunsichert. Die Personalstruktur lässt sich längerfristig aber nur mit einer Standortgarantie sicherstellen.

Ja, es zieht sich durch wie ein roter Faden: In den Kasernen sind Arbeitsplätze gefährdet, es kommt zu einem Verlust der Anteile vom Kommando Streitkräfte. Wenn man die beiden Luftbrigaden zusammenzieht, verlieren wir das Kommando Luftraum­über­wachung und in der Wallner-Kaserne in Saalfelden haben wir Kompetenzverlust. Es zieht sich durch wie ein roter Faden, dass unser Bundesheer im Argen liegt. Herr Landes­haupt­mann, ich ersuche Sie wirklich, setzen Sie sich vehement dafür ein, dass es nicht so kommt, wie wir das hier vorliegen haben!

Nun aber zurück zu meinem anfänglichen Gedanken: Was kann Salzburg oder der Salzburger Vorsitz im Bundesrat, die Salzburger Landesregierung da bewirken? – Ich glaube immer noch: nicht allzu viel, denn man darf Politik einfach nicht mit einem Mikadospiel verwechseln: Wer sich zuerst rührt, hat verloren. – Politik muss lebhaft sein, muss bewegt sein.

Herr Landeshauptmann, ich ersuche Sie, meine kritischen Worte positiv zu nehmen, bitte vielleicht auch als Denkanstoß mitzunehmen und vielleicht öfters auf die Opposition zu hören. Für Ihre Zeit als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz darf ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg wünschen. Sie haben es gestern gesagt, die Landeshauptleute­konferenz steht nicht in der Bundesverfassung, aber sie ist dennoch sehr einflussreich. Dass Sie irgendwie die graue Eminenz in der ÖVP sind, wissen wir, das ist ein unbe­schriebenes Blatt. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Nehmen Sie Ihren Einfluss bitte wahr, setzen Sie sich für Salzburg ein! Ich zitiere einen ganz berühmten Satz aus Salzburg: „Passt mir auf mein Salzburg auf!“ – Für uns Salz­burger ist dieser Satz ein Begriff und hat eine tiefe Bedeutung.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Andrea! Dir darf ich für deine Präsidentschaft alles Liebe, alles Gute wünschen. Viel Freude in deinem neuen Amt! Als Salzburgerin, was braucht man da?  Man braucht ein Salzburger Engerl. (Die Rednerin hält eine Schatulle, in der sich eine kleine Engelsfigur befindet, in die Höhe.) Es möge dich schützen und auf den Weg führen, dass dein Leitbild – wie gesagt  auch wirklich umgesetzt wird und ein gutes Miteinander schafft, das heißt, auch die Opposition miteinzubinden und sich vielleicht auch einmal einen Ruck zu geben, dass man Anträgen der Opposition zustimmen kann; ich denke da meinen Tierschutzantrag. Recht herzlichen Dank und noch einen schönen Tag. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser überreicht Präsidentin Eder-Gitschthaler die Schatulle.)

10.09

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg sehr herzlich bei uns. (Allgemeiner Beifall.)

Natürlich wünsche ich unserem scheidenden Bundesrat Vizepräsident Wanner alles, alles, Gute. Ich bedanke mich für deine Arbeit hier im Hohen Haus. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.