11.16

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Außenpolitik oder besser gesagt die Politik der internationalen Zusammenarbeit ist in der Coronakrise gefragter denn je oder wäre gefragter denn je, denn das Virus kennt keine Grenzen. Das Virus ist sozusagen der gemeinsame Feind der Menschheit, den wir auch nur gemeinsam bekämpfen können. Es ist der Feind, der uns eint oder uns einen sollte. Deshalb möchte ich nicht von Außenpolitik sprechen, sondern von einer Politik der internationalen Zu­sammenarbeit. Das ist in diesem Zusammenhang, aber generell im Bereich der sprichwörtlichen Außenpolitik eigentlich der treffendere Begriff. Er gilt wie gesagt nicht nur für die Virusbekämpfung, sondern für alle Bereiche, die wir unter dem Begriff Außen­politik subsumieren.

Vielleicht ist dies eine Lehre, die wir aus der Krise ziehen können, nämlich dass nur eine gelingende Zusammenarbeit auf internationaler und auf europäischer Ebene der Schlüssel zur Problemlösung ist – dies umso mehr in einer globalisierten, vernetzten Welt, in der Entfernungen eigentlich kein Kriterium mehr sind.

Wenn wir uns nun die Chronik der Krise vor Augen führen – und das sollten wir tun –, dann können wir schon einige Lehren ziehen, in welchen Bereichen man noch Verbes­serungspotenzial hätte. Wir sollten uns wirklich sehr intensiv und sehr kritisch – ohne Schuldzuweisungen, aber kritisch – mit dieser Chronik, mit einer Nachbetrachtung, auseinandersetzen, damit allfällige Fehler nicht wiederholt werden, denn wir wissen nicht, ob sich so eine Situation nicht noch einmal ereignet. Es ist heute schon von Ihnen, Herr Minister, aber auch von Kollegen Buchmann und weiteren angesprochen worden: Wir haben eher einen Unilateralismus statt eines Multilateralismus wahrgenommen. Leider hat auch Österreich einen Beitrag dazu geleistet, vom Prinzip der internationalen Zusammenarbeit abzugehen.

Wenn man sich zum Beispiel Folgendes anschaut: Im letzten Quartal 2019 haben uns die Nachrichten von einer Krankheitswelle im fernen China erreicht. Das war für uns noch sehr, sehr weit weg. Wir haben die Chinesen bedauert – die Armen müssen da schon wieder eine Krankheitswelle bewältigen. Die WHO hat relativ spät, aber doch, um den Jahreswechsel herum, gewarnt. Das aber ist im Silvestertrubel anscheinend unter­gegangen. Im Jänner, Februar hat die EU-Kommission die Ministerräte im Gesundheits­bereich zusammengetrommelt und vor einer Verbreitung des Virus in Europa gewarnt. Sie hat angeregt, einen gemeinsamen Beschaffungsvorgang durchzuführen, was Schutzmasken und zum Beispiel Beatmungsgeräte sowie Dinge, die man eben braucht, wie Desinfektionsmittel, Tests und so weiter betrifft.

Wie über Reuters und in Protokollen nachzulesen ist, sind aus den europäischen Staaten und auch aus Österreich Signale gekommen, eher auf einzelstaatliche Maßnahmen zu setzen. Man hat gesagt: Na, wir haben alles im Griff. Das machen wir selbst. Wir brauchen keinen europaweiten Beschaffungsvorgang.

Es war aber schon absehbar, dass sich die Situation am Weltmarkt zuspitzt, dass es zu einer Verengung kommt, wenn weltweit die Nachfrage steigt. Jeder aber hat auf das eigene Land, auf die eigene Problemlösungskapazität gesetzt und nicht auf die gemein­same Bewältigung. Das also ist schon eine Lehre, die man ziehen kann: den eigenen Institutionen, denen man angehört – Europäische Union, Kommission, WHO und so weiter –, auch zu vertrauen, weil sie die Expertise haben. Nehmen wir diese Lehre an und vertrauen wir darauf!

Dann hätte man vieles vermeiden können, wie auch Kollege Schreuder am Beispiel des Hamsterns, das auch die Länder und dann auch Österreich panikartig gemacht haben, gezeigt hat. Es ist ein Alarmismus in einer Art und Weise verbreitet worden, dass die Menschen dann teilweise gar nichts mehr ernst genommen und auch berechtigte Warnungen in den Wind geschlagen haben. Das sollte nicht passieren, auch nicht bei den Reisewarnungen. Deshalb bitte ich Sie, Herr Minister, wirklich nur evidenzbasierte Informationen an die Bevölkerung weiterzugeben. Reisewarnungen sollten wirklich nur - -

Vizepräsident Michael Wanner: Frau Bundesrätin, auch deine Redezeit von 5 Minuten ist zu Ende.

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (fortsetzend): Ja, aber noch ein Lob für die Rückholaktionen: Sie sind wirklich gut gelungen. Das war eine immense Herausfor­derung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.22

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile es ihm.