14.06

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolle­gen! Werte Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Frau Präsidentin, viel Erfolg für deine Vorsitzführung und alles Gute anlässlich der Übernahme der Präsidentschaft!

Bevor ich auf den Inhalt des Antrages zum Schutz der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien eingehe, ist es, glaube ich, auch wichtig, in einem kurzen Abriss auf die Vorgeschichte der heutigen friedlichen bilateralen Beziehungen zu Slowenien einzu­gehen, nämlich einerseits, um diesen Antrag nachvollziehbar zu machen, andererseits deshalb, weil die Diskussion betreffend die slowenischsprachige Volksgruppe in Kärnten medial oft einseitig geführt wird, sodass man die Hintergründe oft nicht erkennt.

Wir werden am 10. Oktober dieses Jahres wieder einen für die Kärntner Landes­ge­schichte stolzen und denkwürdigen Tag begehen, es ist nämlich das 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung. Dieser 10. Oktober ist für uns natürlich ein ganz beson­derer Tag; es ist aber auch ein besonderer Tag für die österreichische Republik, denn diese Kärntner Volksabstimmung war in der damaligen jungen Ersten Republik die erste basisdemokratische Entscheidung, die per Bevölkerungsentscheid und Selbstbestim­mungs­recht herbeigeführt worden ist und noch dazu Bestandteil und Bestimmung des Friedenvertrags von Saint-Germain bildete.

Dass die Erlangung dieser demokratischen Entscheidungsmöglichkeit aber darauf zurückzuführen ist und damit im Konnex steht, dass zuvor auch erfolgreich und tapfer ein Kärntner Abwehrkampf geführt worden ist, das wird oft nicht so gesehen und wird bei dieser Thematik auch gern verschwiegen. Hätte es damals nicht die mutige Ent­schei­dung der Kärntner Landesregierung unter Landesverweser Lemisch gegeben, der ent­gegen den Empfehlungen und auch gegen den Willen der Wiener Regierung gesagt hat, es werde bewaffneten Widerstand gegen die Okkupation von großen Teilen Kärntens geben, dann wäre vielen Kärntnern weder ein SHS-Staat noch der Kommunismus erspart geblieben, und auch das gehört in diese Thematik eingebracht. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem geschichtlichen Zusammenhang ist es aber ebenso wesentlich – weil das auch oft vermengt wird –, die wichtige Funktion der Kärntner Windischen darzustellen, die oft und nur allzu gerne von den Slowenen vereinnahmt werden, dem aber entschie­den widersprechen und das auch mehrmals so festgehalten und zum Ausdruck gebracht haben. Vor allem sie waren es, die den wesentlichen Ausschlag für den Ausgang der Volksabstimmung gegeben haben, sich aber vor allem auch im Abwehrkampf für ein freies und ungeteiltes Kärnten eingebracht haben.

Es muss ebenso ins Bewusstsein gerückt werden, dass nach der Entscheidung, eine Volksabstimmung in Kärnten abzuhalten, seitens des SHS-Staates damals durch Waf­fengewalt versucht wurde, Kärnten vor vollendete Tatsachen zu stellen und Teile Kärn­tens in Beschlag zu nehmen.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hat es einen unvergleichbaren Terror der Tito-Partisanen gegeben, wiederum mit dem Ziel, Kärntner Gebiete an das kommunistische Slowenien und Jugoslawien anzuschließen; ein Ziel, das gar noch in den Siebzigerjahren mit wesentlicher Unterstützung des jugoslawischen Geheimdienstes verfolgt wurde, wie ein Historikerbericht aus dem Jahr 2015 enthüllt hat. Gerade diese Verletzungen, die übrigens bis heute einer restlosen Aufklärung bedürfen, haben natürlich dazu geführt, dass eine angestrebte Lösung der Ortstafelfrage in den Siebzigerjahren in weite Ferne gerückt war.

Trotzdem hat Kärnten den Weg des Aufeinanderzugehens eingeschlagen. In den letzten drei Jahrzehnten wurden hinsichtlich der Förderung der slowenischen Volksgruppe in Bezug auf die Zweisprachigkeit sowohl in den Bereichen der Bildung, der Kinder­be­treuung, der Musikschulausbildung, als auch im Bereich der Kultur und vor allem im Bereich der wirtschaftlichen Beziehungen maßgebliche Akzente gesetzt und Förder­maßnahmen vorgenommen. Nicht zuletzt die Lösung der Ortstafelfrage war ein mar­kantes Zeichen für eine vorbildhafte Volksgruppenpolitik in Kärnten, die vor allem den Landeshauptleuten Haider und Dörfler zuzuschreiben ist.

Dass wir Freiheitliche aber einer Intention nicht nachgegeben haben, nämlich jener der Änderung der Kärntner Landesverfassung hinsichtlich der Erwähnung der slowenischen Volksgruppe, hat auch einen klaren Ausgangspunkt, und damit sind wir auch schon beim Inhalt des heutigen Antrages, denn ein Aufeinanderzugehen kann und darf nicht jahrzehntelang eine Einbahnstraße sein. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Novak.)

So freut es mich besonders, dass unser Antrag auch hier im Hohen Haus einhellige Zustimmung erfährt und wir somit heute den Beschlusstext als Allparteienantrag ein­bringen und auch gemeinsam beschließen werden, denn weder vor der Unabhängig­keits­erklärung noch danach – bis heute nicht – hat sich Slowenien dazu entschließen können, die deutschsprachige Volksgruppe offiziell als solche anzuerkennen. Ebenso wenig konnte man sich dazu durchringen, der Volksgruppe eine entsprechende Auf­wertung – als Beirat – zukommen zu lassen; das entsprechende Gremium wird im slo­wenischen Kulturministerium lediglich als Arbeitsgruppe geführt.

Genau aus diesen Gründen ist es wichtig, dass der Herr Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, an den ich bereits im Februar dieses Jahres eine entsprechende Anfrage gestellt habe, auch unter Einbeziehung der Europäischen Union entsprechenden Druck ausübt. Bei der EU hat man nämlich oft das Gefühl, dass sie nur dafür verantwortlich und dann zugegen ist, wenn es gilt, die Krümmung von Bananen festzulegen oder Glühbirnen zu verbieten, dass es aber in wirklichen Krisenzeiten – so haben wir es jetzt im Zusammenhang mit Corona gesehen oder auch beim Thema Außengrenzschutz – ziemlich schnell ganz still um diese EU wird. Genauso verhält es sich beim Thema Slowenien. (Beifall bei der FPÖ.) Was die Anerkennung der deutsch­sprachigen Volksgruppe betrifft, hat man vonseiten der EU weder bei der Aufnahme Sloweniens in die EU entsprechenden Druck ausgeübt, noch versucht man im Sinne einer gemeinsamen Friedensunion, diese Thematik endlich aus der Welt zu schaffen.

Wenn ich dann lese, dass der Herr Bundesminister Slowenien besucht hat und ihm von der slowenischen Regierung mitgeteilt worden ist, dass man einer verfassungsmäßigen Anerkennung nicht die Zustimmung erteilen möchte, um nicht die Büchse der Pandora zu öffnen, dann muss ich schon ganz klar sagen: Da wird man natürlich auch über die von mir vorhin angesprochenen und noch nicht aufgeklärten Verbrechen sprechen müssen, ebenso wird man über die Avnoj-Beschlüsse sprechen müssen, aber auch über andere Themenbereiche. Das ist ganz wesentlich im Sinne eines Aufeinanderzugehens.

Wenn man immer wieder Forderungen stellt, muss man auch bereit sein, beim Finden von Lösungen betreffend die Anliegen anderer einen proaktiven Beitrag zu leisten. Ich verweise in diesem Zusammenhang nochmals auf die Rolle der Slowenen in der Orts­tafelfrage in Kärnten. Auch da hat man sehr wohl gewusst, dass das für Kärnten das Öffnen der Büchse der Pandora bedeutet; trotzdem ist man hergegangen und hat einen umfassenden Forderungskatalog gestellt. Kärnten hat aber auch da befriedigende Lösungen gefunden.

Daher ist es wichtig, alle nötigen Maßnahmen auf europäischer, aber auch auf nationaler Ebene zu treffen, um die Verantwortung der slowenischen Regierung endlich einzu­fordern, damit dieser längst notwendige Schritt endlich umgesetzt wird. Das 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung würde den entsprechenden Rahmen dafür bieten. Vor allem könnte Slowenien zeigen, dass es mit den bilateralen Beziehungen zu Österreich ernst gemeint ist. Eine solche Anerkennung stellt im Europa des 21. Jahr­hunderts eigentlich eine Selbstverständlichkeit dar. (Beifall bei der FPÖ und bei Bun­desrätInnen der SPÖ.)

14.15

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster ist Herr Bundesrat Andreas Lackner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.