14.40

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kollegen! Werte Zuhörer! Ich glaube schon, Frau Präsidentin, dass es dir lieber gewesen wäre, es hätte jetzt ein Kollege aus eurer Regierungskoalition ge­sprochen, aber den Gefallen kann ich euch leider nicht machen. (Heiterkeit des Bun­desrates Pisec.)

Lieber Kollege Auer, wenn ich deine Ausführungen höre, dann kommt es mir schon etwas komisch vor, wie du rechnest. Du nimmst die Ertragsanteile her und sagst, das, was durch dieses kommunale Investitionspaket passiert, ist, so gesehen, die Entschä­digung für die fehlenden Ertragsanteile – sinngemäß –, mit dem kann man das ja toll kompensieren. Ja, hast du vergessen, dass das nur eine Förderung von 50 Prozent für Investitionsprojekte ist und die restlichen 50 Prozent erst einmal die Gemeinde aufbringen muss? (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Viele Gemeinden werden vor der Situation stehen, dass sie diese 50 Prozent nur aufbringen können, indem sie Darlehen aufnehmen, denn dazu werden sie durch dieses Kommunalinvestitionsgesetz verdonnert. Ein Darlehen ist aber leider kein Eigenkapital, sondern das ist Fremdkapital, das muss wieder zurückgezahlt werden. Das heißt, das wird nicht besser. Das heißt nicht, dass man damit die fehlenden Ertragsanteile kompensiert hat, sondern das heißt, dass man die Gemeinden bewusst in eine Abhängigkeit und Schuldenspirale treibt. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Herr Bundesminister, wenn Sie und auch Kollege Auer vom größten Investitionspaket, das Österreich je gesehen hat, sprechen – das hat Kollege Bader voriges Mal bereits getan –, dann sage ich Ihnen noch einmal: Das ist nicht das größte Investitionspaket, sondern es ist lediglich eine Wiedergutmachung für den wirtschaftlichen Schaden, den Sie mit Ihren Maßnahmen in Österreich angerichtet haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich Ihre Anfragebeantwortung lese, geschätzter Herr Minister, dann muss ich meine Meinung aus der letzten Bundesratssitzung umgehend revidieren beziehungs­weise korrigieren. Damals habe ich von Verantwortungslosigkeit Ihrerseits gesprochen, als wir erklärt bekamen, dass die aktuellen Daten hinsichtlich des Einbruchs der Ertrags­anteile aus dem April dieses Jahres stammen. Wenn ich in dieser Anfragebeantwortung lese, dass wiederum diese Daten herangezogen werden, dann kann man nicht mehr von Verantwortungslosigkeit sprechen, sondern augenscheinlich von Unfähigkeit. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Bravo!)

Auch wenn Sie, Herr Bundesminister, dazu vielleicht keine Wahrnehmung haben, darf ich Ihnen mitteilen: Sie sind der Finanzminister in dieser Regierung und haben für die finanzielle Planbarkeit der Gemeinden zu sorgen. Das ist eine Verpflichtung, etwas, das von Ihnen erwartet wird, und das funktioniert nicht nach dem Kärntner Spruch, wie Sie es heute gesagt haben: Na ja, schauen wir einmal, dann werden wir schon sehen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Er spielt eh nur mit dem Handy! – Bundesrat Rösch: Weil er keinen Laptop hat!)

Ebenso ist es eine Selbstverständlichkeit für die Gemeinden, dass sie, wie der Kollege bereits gesagt hat, im finanziellen Rahmen natürlich mit angemessener kaufmännischer Vorsicht handeln. Das dürfte der Hintergrund sein, warum die Gemeinden im Gegensatz zum Bund zu großen Teilen auf stabile finanzielle Situationen verweisen können und damit im Gegensatz zum Bund bestrebt sind, finanzielle Mehrbelastungen für den Bürger hintanzuhalten.

Dafür, dass die Gemeinden diese Stabilität erhalten können, ist aber eben die Heran­ziehung von entsprechenden Kennzahlen notwendig, die wir von Ihrem Ministerium erwarten. Das ist eine essenzielle Notwendigkeit, um seitens der Gemeinden den mas­siven Auswirkungen entsprechend entgegentreten zu können. Was aber kommt von Ihnen? – Nichts.

In Ihrer Anfragebeantwortung finden wir ja nicht einmal den Ansatz einer Diskussions­grundlage; sie ist genau nichtssagend. Sie sprechen beispielsweise immer noch von Ein­brüchen von circa 6,8 Prozent bei den Ertragsanteilen, obwohl es die Spatzen schon von den Dächern pfeifen, dass diese Ertragsanteile um 12 bis 15 Prozent einbrechen wer­den; andere Berechnungen gehen sogar von einem Einbruch von bis zu 20 Prozent aus.

Dass der Entfall der Kommunalsteuer in Ihren Berechnungen gar nicht vorkommt und das Finanzministerium gar nicht tangiert, weil es sich ja um eine ausschließliche Ge­meindeabgabe handelt, ist wohl ein weiterer Gipfel gezeigter Ignoranz gegenüber den österreichischen Gemeinden. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Kommunalinvestitionsgesetz betreffend gehen Sie in Ihrer Anfragebeantwortung überhaupt nicht auf die damit in Zusammenhang stehenden Problematiken ein, denn: Wie sieht es denn aus – wie vorhin gerade von mir angesprochen –, wenn Gemeinden zwar 50 Prozent erhalten, die weiteren 50 Prozent aber über Darlehen finanzieren müs­sen? Wie soll diese Refinanzierung der Darlehen im Hinblick auf die massiven Ein­nahmenausfälle in den kommenden Jahren erfolgen? Wie sieht es damit aus, dass Sie zwar sagen, die Gemeinden seien der wesentliche Wirtschaftsfaktor, Sie ihnen aber genau die Grundlage nehmen, entsprechende Projekte umzusetzen? Entweder haben sie nicht die Liquidität dafür oder sie müssen fremdfinanzieren und werden dann, wie gesagt, wieder in diese Schuldenspirale gestürzt!

Wie sieht es generell mit der Sicherstellung der Liquidität für die Gemeinden aus? Und vor allem: Wie soll künftig die Finanzierung der kommunalen Bereiche erfolgen, egal ob bei der Erhaltung der Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, der freiwilligen Feuerwehren, der Abwasserentsorgung und auch der Wasserversorgung? – Sie wissen ganz genau, dass die Gemeinden in vielen dieser Bereiche gezwungen sein werden, die Bürger zu belasten, um eine entsprechende Finanzierbarkeit gewährleisten zu können – jene Bürger, die vielleicht gerade aufgrund der Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben und nicht wissen, wie sie die Lebenshaltungskosten aufbringen sollen, jene Bürger, die ohne ihr Zutun in persönlich existenzbedrohende Situationen geschlittert sind, und jene Bürger, die trotz aller Widrigkeiten dieser Krise die Umstellung ihrer Lebensge­wohn­heiten und die Einhaltung der gesetzten Maßnahmen zum Wohle aller restriktiv umge­setzt und in Kauf genommen haben.

Wenn ich mir dann Ihre Antwort auf Frage 9 ansehe, in der es darum geht, wie eine mögliche „Ausgliederung der Dienstleistungen von der öffentlichen in die private Hand“ verhindert werden soll, um weitere Unsicherheiten von der Bevölkerung entsprechend abwenden zu können, dann stelle ich fest: Es ist nicht mehr nur Ignoranz, was Sie hier zurückschreiben, sondern es ist viel mehr schriftlich zum Ausdruck gebrachte Arroganz.

Sie schreiben, dass „aus verfassungsrechtlichen Gründen [...] nicht ausgeschlossen werden“ kann, „dass Gemeinden Vermögenswerte veräußern“. – Für viele Gemeinden aber wird sich die Frage gar nicht stellen, ob sie Vermögenswerte veräußern können, sondern es wird sich aus finanziellen Gründen viel mehr so darstellen, dass sie diese Vermögenswerte veräußern müssen, um diese unsägliche Situation entsprechend kompensieren zu können; und für diese Situation tragen Sie die Verantwortung!

Sie werden aufgrund Ihrer Handlungsunfähigkeit auch dann die Verantwortung tragen, wenn die Gemeinden und damit aufgrund der entsprechenden Umlageverfahren schlussendlich die Bürger unseres Landes bluten müssen, wenn die Auswirkungen der Coronakrise erst in den nächsten Monaten mit voller Wucht aufschlagen werden – ein Ende der Fahnenstange ist ja derzeit noch lange nicht erreicht. Daher kann ich meine Worte aus der letzten Sitzung nur wiederholen: Ihre Handlungsunfähigkeit, die Sie mit dieser Anfragebeantwortung wieder einmal bewiesen haben, hat sich Österreich, haben sich die österreichischen Gemeinden nicht verdient.

Daher, Herr Bundesminister – um im ÖVP-Jargon zu bleiben –: Sie sind ein Lebens­ge­fährder für die österreichischen Gemeinden und damit sind Sie auch für die österreichi­sche Bevölkerung ein Lebensgefährder. Ich kann Ihnen aber gerne eine Möglichkeit aufzeigen: Sie würden dieses Gefährdungspotenzial massiv senken, würden Sie sich ein Beispiel an der ehemaligen Staatssekretärin Lunacek nehmen und es ihr gleichtun. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Appé.)

14.48

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.