17.24

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer­te Damen und Herren! Als ich heute den Titel der Dringlichen Anfrage gehört habe, war ich etwas verwundert und dachte mir: Ist das das richtige Thema an die richtige Ministerin oder geht es um Bauernbashing? (Bundesrätin Schumann: Geh, hör auf! – Ruf bei der SPÖ: Gar nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Langsam, langsam, langsam!

Frau Kollegin Schumann, Herr Kollege Kaske und auch Frau Kollegin Gerdenitsch, sie alle drei haben betont, dass es hier nicht um Bauernbashing geht. (Bundesrätin Schu­mann: Genau!) Ich glaube das auch und ich möchte auf dieser Ebene die Diskussion entsprechend führen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Schumann. – Bundes­rätin Schumann: Bravo!)

Sie finden in mir und in uns allen einen Verbündeten, wenn es darum geht, Missstände abzustellen, weil schwarze Schafe bestraft gehören (Bundesrätin Grimling – in Richtung Bundesrat Steiner weisend –: Ich habe geglaubt, das darf man nicht sagen! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), weil das den Wettbewerb verzerrt, vor allem für jene, die sich ordentlich verhalten. Ich kann Sie beruhigen: Die meisten der landwirtschaftlichen Betriebe entlohnen ihre Mitarbeiter nach dem Kollektivvertrag, sie bringen sie auch gut unter und behandeln sie anständig, manchmal auch mit Familienanschluss.

Jährlich kommen 13 800 Saisonarbeiter nach Österreich, und die meisten kommen je­des Jahr wieder, weil sie mit den Bedingungen anscheinend zufrieden sind. Wir treten damit auch klar gegen Missstände auf, aber – und ich möchte hier gerne eine ehrliche Diskussion führen – es gibt auch Wettbewerbsnachteile der österreichischen Landwirt­schaft: Nachteile wie zum Beispiel, dass in der Bundesrepublik Deutschland während der ersten 70 Tage geringere Lohnnebenkosten zu bezahlen sind als in Österreich.

Ich kenne die Beschäftigung von Saisonarbeitern – um nicht zu sagen: Erntehelfern – aus eigener Erfahrung. Die meisten wissen, ich bin Biobauer, ich pflanze Biozuckerrüben an, und der Anbau von Biozuckerrüben ist sehr arbeitsintensiv, weil das Unkraut mecha­nisch, händisch entfernt werden muss. Dazu brauche ich jedes Jahr drei, vier Saisonar­beitskräfte für vier Wochen.

Es war heuer extrem schwierig, weil nicht klar war, ob diese Saisonarbeitskräfte einrei­sen dürfen, ob sie per Flugzeug kommen müssen, ob sie am Landweg kommen können, wie das mit der Arbeitsquarantäne auszusehen hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Dann frag den Christoph! – Bundesrat Steiner: Ich helfe dir!) Es war sehr schwierig. Im Endeffekt hat die Natur mein Problem insofern gelöst, als dass der Erdfloh meine Zuckerrüben gefressen hat. Dadurch war der Zuckerrübenanbau in diesem Jahr für mich nicht mehr möglich – und möglicherweise auch im nächsten Jahr nicht mehr, weil sich der Zuckerrü­benpreis um 15 Prozent reduziert hat. Das heißt – womit wir auch bei einem wesentli­chen Thema sind, Kollege Lackner hat das angesprochen –, dass arbeitsintensive Pro­duktionsweisen in der Landwirtschaft in Österreich dann eben nicht mehr möglich sind. Damit droht die Schließung einer von zwei Zuckerfabriken in Österreich, und damit gehen auch Arbeitsplätze, Wertschöpfung, heimische Produkte verloren, was wiederum den Eigenversorgungsgrad mindert. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf mich auch recht herzlich für die Initiative www.dielebensmittelhelfer.at bedanken. (Bundesrat Steiner: Danke!) Das war eine Notlösung, eine Übergangslösung, weil eben diese Saisonarbeitskräfte gefehlt haben und nicht klar war, ob sie einreisen können. Für viele der Beteiligten war das eine sehr interessante Erfahrung. Ich habe Berichte von Betriebsführern gehört, die gesagt haben, es sind viele gekommen, die sich Landarbeit halt einfach romantisch vorgestellt hatten – weit gefehlt! (Bundesrätin Mühlwerth: Das glaube ich! – Bundesrat Steiner: Das glaube ich auch!) Es gab jene, die ihre Fähigkeiten dort einbringen wollten. Es gab auch jene, die wertvolle Erfahrungen gesammelt haben – Studenten, die gesehen haben, dass Arbeit in der Landwirtschaft mit Fleiß, mit Mühe und mit abends Müdesein verbunden ist, wenn man, Wind und Wetter ausgesetzt, 10, 12 Stunden Arbeit leistet und die Entlohnung, und das stimmt, eine durchaus geringe im Bereich des geltenden Kollektivvertrags ist.

Diesbezüglich gilt aber Folgendes – Frau Kollegin Schumann hat meiner Meinung nach etwas ganz Wichtiges gesagt –, nämlich: Ein Preis darf nicht auf Ausbeutung beruhen, und es darf auch nicht sein, dass Arbeitskräfte in der Landwirtschaft ausgebeutet wer­den. (Bundesrat Steiner: Aber der Landwirt auch nicht!) Jetzt stelle ich die Frage: Was ist mit den 124 000 Bäuerinnen und Bauern (Bundesrat Steiner: Richtig!), die im Durch­schnitt gerade den Mindestlohn, nämlich 1 500 Euro, verdienen, was aus dem Grünen Bericht ersichtlich ist? (Ruf: Richtig!) Das ist der Durchschnitt.

Es gibt welche, die vielleicht ein bisschen mehr verdienen. Für jene, die unter dem Durchschnitt liegen, gilt: die sind in prekären Arbeitsverhältnissen, da geht es um Aus­beutung, die sind unterentlohnt. Viele – Kollege Lackner hat das auch erwähnt – gehen einem Nebenerwerb nach, um nach 40 Stunden Arbeit mit Einkommen einen Betrieb zu führen und Lebensmittel zu Preisen zu produzieren – ich sage das jetzt sehr bewusst –, die teilweise auf Ausbeutung beruhen.

Darum müssen wir uns überlegen, ob dieses System in der Form das beste ist. Dazu lade ich Sie alle ein. Wenn wir Äpfel aus Polen importieren, Erdbeeren aus Spanien, dort wegen niedrigerer Lohnkosten andere Produktionspreise bestehen (Bundesrat Pisec: Knoblauch aus China beim Spar!), dann muss uns klar sein, dass wir die Produktion von Österreich in diese Länder verlagern, weil es eben so nicht möglich ist.

Heimische Lebensmittel brauchen ökologische Standards, sie brauchen auch soziale Standards – und die sozialen Standards fordere ich auch für die Bäuerinnen und Bauern und nicht nur für die in der Landwirtschaft Beschäftigten ein –, sie brauchen soziale Stan­dards, brauchen Herkunft und eine Mindestqualität. Und alles, was einen Wert hat, muss auch einen Preis haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätIn­nen der FPÖ.)

17.31

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Ich begrüße wieder Herrn Bundesminister Alexander Schallenberg in unserer Runde. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bun­desrätInnen der SPÖ.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.