14.27

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Ja, wir leben in wahrlich interessanten Zeiten – das ist mir jetzt gerade durch meine Vorrednerin wieder sehr bewusst geworden –, wenn man es in den Schatten stellt, dass ein Land es geschafft hat, weniger als tausend Todesopfer zu beklagen, während wir weltweit bereits 983 000 Tote im Rahmen dieser Pandemie zu beklagen haben. Ich denke, in diesem Zusammenhang ist nur noch das Wort Populis­mus angebracht, und ich glaube, in solch einer ernsten Situation gehört dieser absolut nicht hierher und auch nirgendwo anders hin.

Die Coronapandemie fordert uns tatsächlich in allen Lebensbereichen; sei es in der Gesundheit, sei es im Familienleben, in der Schule, im Beruf oder eben auch in der Gesetzgebung. Die vergangenen Monate haben uns deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, eine rechtliche Basis zu haben, auf der notwendige Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19-Erkrankungen erfolgen können. Mit den heute vorliegenden Änderungen des Epidemiegesetzes, des Tuberkulosegesetzes, des COVID-19-Maßnahmengesetzes schaffen wir die weitere Grundlage, die wir für die herausfordernden nächsten Monate brauchen werden; und dass die Herbst- und Wintermonate genau das sein werden, nämlich herausfordernd, können wir leider seit einigen Wochen, auch in den letzten Tagen, anhand der steigenden Fallzahlen mitverfolgen.

Wir dürfen aber bei all den gesundheitlich nötigen Schutzmaßnahmen nicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vergessen, denn wo wir auf der einen Seite schützen, schränken wir auf der anderen Seite ein, natürlich auch Grundrechte.

Im Frühjahr dieses Jahres hat es eine Personengruppe besonders hart getroffen, nämlich die Menschen, die in Pflege- und Betreuungseinrichtungen leben und dort betreut werden. Wir alle haben das gesehen, und es hat niemanden von uns erfreut: Es war plötzlich nicht mehr möglich, Besucher zu empfangen, es war auch kein Hinaus­gehen möglich. Für alle anderen aber war das im März möglich. Wir konnten einkaufen gehen, wir konnten spazieren gehen – für Menschen in Alten- und Pflegeheimen war das nicht mehr möglich.

Es gibt ein Grundrecht auf Bewegungsfreiheit, ein Grundrecht auf Privat- und Fa­milienleben – das Thema ist leider schwierig –, jetzt aber muss der Fokus primär auf dem Bereich Gesundheit liegen. Deshalb wird auch dieses Gesetz so gestaltet sein, dass wir das im Herbst und im Winter anders gestalten können. Die vorliegenden Gesetze schaffen genau dafür die Rahmenbedingungen, nämlich weg vom allgemeinen vorsorglichen Zusperren – was im Frühjahr nicht anders möglich gewesen ist, da wir ja überhaupt noch nicht damit vertraut waren, was dieses Virus in der Bevölkerung macht. Mit dieser Veränderung können wir jetzt hin zu regional differenzierten Maßnahmen gehen und eben auch die Verhältnismäßigkeit gut berücksichtigen. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Die gemachten Erfahrungen und das jetzt vorhandene Wissen tragen nun dazu bei, differenziert handeln zu können.

Auf Basis dieses Epidemiegesetzes darf es in Zukunft allein aus präventiven Gründen keine generellen Ausgangsbeschränkungen für Bewohnerinnen und Bewohner zum Beispiel von Alten- und Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen geben. Leider – und das ist tatsächlich eine Realität – ist es nicht nur das Coronavirus, was die Menschen krank macht, denn keine Besuche, kein Sich-frei-Bewegen und Alterseinsamkeit haben auch nicht zu unterschätzende Folgen für die Gesundheit. Ich glaube, das spricht auch niemand ab, dass gerade diese Einschränkungen auch etwas mit uns machen, die Frage ist aber: Was ist die Folge, wenn wir nicht handeln?

Ganz wichtig – da möchte ich meiner Vorrednerin unbedingt widersprechen –: Mit dieser Gesetzesnovelle ist explizit der private Wohnbereich von den Regeln zum Betreten und Verweilen ausgenommen. Konkret heißt es dazu nämlich im § 1: „Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.“

Damit ist nun eindeutig klargestellt, dass der private Wohnbereich nicht von möglichen Regelungen des Betretens und - - (Bundesrat Steiner: Nicht beim Veranstaltungs­ver­bot!) – Ich rede vom privaten Wohnbereich, dazu zählen Wohnung (Bundesrat Steiner: Nicht beim Veranstaltungsverbot!) – lassen Sie mich ausreden! –, Häuser sowie deren Nebengebäude, nämlich auch Garagen und Gärten zum Beispiel.

An dieser Stelle möchte ich auch noch betonen, dass das Maßnahmengesetz schon jetzt mit einem Datum des Außerkrafttretens versehen ist. Das heißt, die umfassenden Kompetenzen, die dem Gesundheitsminister in Zeiten der Krise zugestanden werden, haben ein klares Ablaufdatum.

Hinzu kommt jetzt auch noch, dass Hausärzte die Möglichkeit haben, Abstriche von Patientinnen und Patienten zu nehmen, um sie auf das Coronavirus zu testen. Das ist auch eine sehr sinnvolle Maßnahme – in Abstimmung mit der Ärztekammer. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Die Wartezeit kann dadurch mitunter sicherlich verkürzt werden und krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen werden schneller erkannt; und es dient auch zur Entlastung der Hotline 1450.

Im Gesetz wird auch noch über die zentrale Beschaffung von ausreichend Schutz­ausrüstung bestimmt, was wir aus Sicht der grünen Fraktion sehr begrüßen, da es dadurch in Zukunft nicht mehr zu Versorgungsengpässen kommen wird. Ich glaube, da sind wir jetzt auch so weit gut aufgestellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem heutigen Beschluss im Bundesrat schaffen wir die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, welche die erste weltweite Pandemie des 21. Jahrhunderts erforderlich macht. Wir schaffen damit die Grundlage, um für die nächsten Monate Vorsorge treffen und Sicherheit gewährleisten zu können. Tun wir das mit breiter Mehrheit, und schauen wir, dass wir gut über die Zeit kommen, bis es ein anderes wirksames Mittel gegen dieses Virus gibt! – Danke. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

14.34

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.