14.33

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie via Livestream zuschauen! Frau Minister, dieses schreckliche Ereignis am Montag hat uns alle so tief getroffen, dass leider natürlich auch Ihre Aktuelle Stunde davon ein wenig betroffen ist, weil man an diesen Ereignissen einfach nicht vorbeisehen kann.

Ja, wir wollen unsere Demokratie behalten und wir werden dafür kämpfen. Ja, wir wer­den für unsere Freiheit kämpfen, und wir lassen uns unsere Art, wie wir leben wollen, nicht nehmen. Es ist dennoch ganz wichtig, auch in diesen schrecklichen Momenten zu zeigen: Wir arbeiten weiter, denn das Leben ist ja da. Wir empfinden dennoch tiefe Trauer um die vier Ermordeten, sinnlos gestorben durch die Tat eines Wahnsinnigen.

Es geistert ja durch das Netz – ich weiß nicht, ob man das hier am Rednerpult sagen darf –, wie ein typischer Wiener dem Täter zugerufen hat: Schleich di, du Oaschloch! – Diesen Satz, der die einzig richtige Reaktion ist, haben jetzt viele übernommen.

Es sind dennoch vier Menschen aus ihrem Leben gerissen worden, darunter auch eine junge Frau, die hier studiert hat, die sich ihren Lebensunterhalt oder ihr Studium durch Kellnern finanziert hat – und plötzlich wird sie aus dem Leben gerissen. Trauer herrscht auch darüber, dass Menschen verletzt worden sind, teils schwer verletzt worden sind, und unser Mitgefühl gilt ihren Angehörigen. Wir wünschen den Verletzten, dass sie bald genesen und völlig wiederhergestellt werden. Den Hinterbliebenen der Verstorbenen, der Ermordeten wünschen wir, dass sie damit fertig werden können, denn das ist nicht einfach.

Auch unser Dank geht an alle Einsatzkräfte, die sich zum Teil freiwillig in den Dienst gestellt haben, einige haben ja ihren freien Tag gehabt und sich sofort in den Dienst gestellt. Danke an alle, die das wirklich großartig gemacht haben, ob es jetzt die Polizei war, ob es die Rettung war, ob es die Wiener Linien waren, ob es die Sanitäter waren oder ob es die Feuerwehr war: Sie alle haben den Leuten völlig uneigennützig geholfen. Es war eine unglaublich schreckliche Situation, von der wir ja immer gehofft haben, da­rüber maximal in der Zeitung zu lesen, dass das irgendwo anders passiert ist, aber nicht im Herzen von Wien.

Wir verzweifeln ja manchmal an der Gesellschaft und glauben, sie wäre nicht mehr so­lidarisch, keiner helfe dem anderen und jeder wäre sich selbst der Nächste – aber nein, da haben Menschen anderen Menschen geholfen, indem sie diese zu sich nach Hause eingeladen haben, damit sie in Sicherheit sind. Sie haben in Lokalen und überall andere versorgt, wie es auch der Bericht einer Journalistin aus dem Burgtheater zeigt, wo sie mit Essen und Getränken versorgt worden sind. Das zeigt schon, dass unsere Gesell­schaft eine starke ist, wie es hier schon gesagt worden ist, und immer noch eine vitale ist. Das finde ich bei all diesem schrecklichen Leid, das erzeugt wurde, großartig. (Allge­meiner Beifall.)

Es taucht trotzdem automatisch die Frage auf, wie das geschehen konnte. Das beson­ders Tragische an diesen Ereignissen ist, dass wir in den letzten 48 Stunden gehört haben, dass das hätte verhindert werden können, wenn es nicht ein massives Versagen gegeben hätte. Der Täter hat im Juli versucht, Munition für ein Sturmgewehr zu kaufen. Die Slowakei hat Österreich sofort Meldung erstattet, man hat gesagt: Da ist einer, der hat keine Waffenkarte, will aber für ein Sturmgewehr Munition kaufen!

Justizministerin Zadić hat gesagt, erst am Montag, am Tag dieses schrecklichen Terror­anschlags, habe die Staatsanwaltschaft davon erfahren, dass es diesen Vorfall gegeben hat, dass es dieses Ereignis gegeben hat. Da muss man auch angesichts der Betroffen­heit und der Trauer schon eines sagen: Dass ein Innenminister da nichts Besseres zu tun hat, als die Schuld von sich zu schieben und zu sagen: Na ja, da war die Justiz schuld, die hat da versagt! – obwohl die gar nichts damit zu tun gehabt hat –, und dann, was ich ja noch perfider finde, versucht, dem Vorgänger, Innenminister Kickl, die Schuld in die Schuhe zu schieben, weil der angeblich das BVT zerschlagen hätte, dann sage ich Ihnen schon: Das ist nicht das, was ich unter Verantwortung verstehe! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Polizist hat uns geschrieben und mitgeteilt – und er hat ausdrücklich eingewilligt, dass wir das hier auch öffentlich wiedergeben –: Dass sie so schnell einsatzfähig waren, ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass Innenminister Kickl Sicherheitswesten für alle Polizisten angeschafft und sie auch mit den entsprechenden Waffen ausgestattet hat; ohne das wäre der Einsatz in dieser Form gar nicht möglich gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher muss man, wie das auch schon heute Vormittag in der Nationalratssitzung gesagt worden ist, Aufklärung betreiben, mutig, ehrlich, offen und transparent. Das wird nötig sein. Es wird entsprechende Gesetze brauchen, damit die Möglichkeiten, so etwas zu machen, zumindest minimiert werden können. Ich weiß, wir werden so etwas nie ganz verhindern können, weil es immer jemanden geben wird, in dessen Kopf es nicht rund­läuft, und man kann ja nicht jeden Staatsbürger rund um die Uhr beschatten und be­obachten. Man kann aber viel dazu beitragen, dass das Risiko, dass etwas passiert, möglichst gering gehalten wird. Dazu bedarf es aber nicht der bisher bekannten Sonn­tagsreden: Wir müssen etwas tun!, und dann passiert gar nichts, sondern wir müssen die entsprechenden Gesetze sofort auf den Weg bringen. Das wird ein ganz wesentli­cher Beitrag dazu sein, solche Taten möglichst zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil aber das Thema unserer Aktuellen Stunde die Digitalisierung ist und meine Vorred­ner ja schon einiges gesagt haben, möchte ich auch ein bisschen auf sie Bezug nehmen. Die Digitalisierung ist ein wesentlicher Faktor und Bestandteil unseres Jahrhunderts. Ich glaube nur, dass wir da manchmal ein bisschen geschlafen haben, etwa im Vergleich zu den Chinesen, die uns ja jetzt nicht nur auf der einen Seite das Coronavirus gegeben haben, sondern auf der anderen Seite schon vor Jahren wesentlich mehr Geld in For­schung und Entwicklung gesteckt haben als die gesamte Europäische Union. (Beifall bei der FPÖ.)

Also da, glaube ich, hinkt man einer Entwicklung hinterher. Ungeachtet dessen werden das Lernen auf Distanz und die Videokonferenzen, mit denen wir im Zuge der Corona­krise arbeiten, den persönlichen Kontakt nie ersetzen können, denn wir alle wissen, wie sehr wir als Menschen davon abhängig sind, die Mimik, die Gestik, den Tonfall et cetera körperlich zu spüren und wahrzunehmen und uns so ein Bild zu machen. So ist der Mensch.

Auch das Lernen auf Distanz – ich habe es gestern im EU-Ausschuss schon gesagt – ersetzt nicht den Lehrer, von dessen Qualität aber vieles abhängt. Ich bin nicht so pessi­mistisch wie meine Vorrednerin und meine, dass die Digitalisierung sämtliche Arbeits­plätze vernichten wird. Es werden andere entstehen müssen, und wir werden unsere Schüler auch entsprechend bilden müssen: bilden und ausbilden. Und ja, wir müssen auch die mitnehmen, die vielleicht nicht so stark sind, aber das Wort Leistungsbereit­schaft ist damit nicht gestorben. Das Wort Leistungsbereitschaft ist ein wesentlicher Motor, sich entsprechend bilden und ausbilden lassen zu können, um in einem neuen, anders gearteten Zeitalter bestehen zu können.

Das gebe ich der Regierung mit auf den Weg: dass wir auch wirklich schauen müssen, dass wir die Schüler schon mitnehmen, ihnen aber klarmachen müssen – und das sage ich ja nicht zum ersten Mal hier an diesem Rednerpult –, dass es auch von ihnen ab­hängt. Den Nürnberger Trichter gibt es einfach nicht, Lernen heißt, sich auch anstrengen zu müssen. Das, glaube ich, wäre auch wichtig, den Schülern zu sagen, damit sie dann auf alle Herausforderungen vorbereitet sind, die im Laufe dieses Jahrhunderts noch auf sie zukommen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

14.44

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.