15.20

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseher vor den Fernsehschirmen! Zweifelsohne hat die Digitalisierung – besser vielleicht unter dem Begriff Digitalität, Zeitalter der Digitalität, Epoche der Digitalität gefasst – zu einem Paradigmenwechsel im unternehmerischen, im ökonomischen Denken in Österreich, aber vor allem weltweit geführt. Ich denke an die Take-off-Phasen, mit denen wir in den vergangenen 20 Jahren bereits konfrontiert waren und die wir teilweise auch überneh­men mussten und wollten. Die große Take-off-Phase war das Millennium, als die Digi­talität und das Kommunikationsmedium E‑Mail in das tägliche Geschäftsleben Eingang gefunden haben.

Die zweite Take-off-Phase war für mich ganz eindeutig Steve Jobs, der geniale Erfinder, der geniale Innovator, der Apple-Gründer, der das I-Phone erfunden hat. Das ist für mich der Olymp des unternehmerischen Denkens und des praktizierten Unternehmens: Er hat das Produkt erfunden, hat die Innovation eingeführt und diese auch weltweit als Ge­schäftsmodell durchgesetzt. Alle anderen waren immer nur von ihm abgekupfert, sind Kopien davon. Ihm gebührt vor allem Dank, dass wir es in der Digitalität, die uns auch nützen wird, bereits so weit geschafft haben.

Die dritte Take-off-Phase ist ein zufälliger Umstand: Das ist die Covid-Krise, die klarer­weise die digitale Welt und die digitale Transformation befeuert hat. Wenn man zum Beispiel die amerikanische Nasdaq-Börse hernimmt, die 100 weltweit führenden Tech­nologieunternehmen – es gibt natürlich auch Asien als zweite Volkswirtschaft –: Mit wel­chen Sektoren haben wir es dabei zu tun? – Es geht nicht immer nur um die Digitalisie­rung – deswegen würde ich das besser unter dem Begriff der Digitalität zusammenfas­sen –, sondern auch um den Computerisierungsgrad. Es sind Halbleitersektoren, es sind Onlineportale, es sind Software und Hardware, es sind Zahlungsdienstleistungen, es sind Speichertechnologien. Die Nasdaq hat allein von März 2020 bis jetzt – Novem­ber 2020 – um 100 Prozent zugelegt. Daran sieht man, was für ein dynamischer Faktor dieser unglückliche, sehr zufällige Umstand der Covid-Pandemie ist und wie er diese Produktion, diese Produkte der Digitalisierung zufällig – es ist zufällig – befeuert hat.

Es ist aber kein Impfstoff, denn Impfstoff heißt immer 100 Prozent Immunisierung. Es ist natürlich keine Immunisierung. Das digitale Toilettenpapier wird es nie geben. Analoge Geschäftsmodelle werden immer die Basis sein. All die Sektoren, die ich genannt habe, haben das Produkt als ihr Geschäftsmodell; das digitale Produkt ist das Geschäftsmo­dell. Gerade in Österreich leben wir ja vom Nutzen dieser digitalen Geschäftsmodelle, und beim Nutzen sieht es natürlich anders aus.

Der E‑Commerce kann den Ausfall, der jetzt zwangsläufig durch die Lockdowns hervor­gerufen wird, zum Teil kompensieren. Dabei muss man sich aber schon fragen, warum dem stationären Handel – er war ja schon vorher in der Krise, nicht erst jetzt – so wenig Unterstützung gegeben wird. Er muss jetzt um 19 Uhr sperren. Die Sperrstunde wurde um 1 Stunde vorverlegt, aber er kann nicht um 1 Stunde früher aufsperren. Das heißt, ihm wurde praktisch eine Tagesstunde genommen. Ob die Sozialpartner der Wirtschaft dabei wirklich so viel Hilfestellung leisten, wage ich, infrage zu stellen. Für mich ist das Sozialpartnerschaftsmodell, wie es heute praktiziert wird – ganz das Gegenteil von Digi­talität –, eigentlich eher ein Auslaufmodell. Das zeigt sich an dieser frühen Sperrstunde eindeutig. (Beifall des Bundesrates Leinfellner.)

Ein weiteres Produkt ist das papierlose Büro. Man muss schon aufpassen: Es ist na­türlich ein interessantes Thema, aber aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass es immer ein technisches Hilfswerkzeug braucht, um das auch lesbar zu machen – es kann kaputtgehen, man sucht es, und auch die Auffindung ist nicht so schnell möglich. Das Papier ist als Speichermedium nach wie vor an erster Stelle und wird es auch in Zukunft bleiben.

Digitalität ist ein technisches Hilfsmittel, sie ist eine Dienstleistung, sie leistet Dienste – das darf man nicht vergessen. Sie darf aber kein Selbstzweck sein, wie es vielleicht die Nasdaq mit ihren sagenhaften Gewinnen ist. Sie muss einen Nutzen haben, gerade für österreichische KMU – zweifelsohne. Daher würde ich es relativieren: Sie kann sich na­türlich zu einem Impfstoff entwickeln. Die Entwicklung ist ja im Gange, die Transforma­tion ist ja ein permanenter Prozess, aber zum heutigen Zeitpunkt ist es nicht der Fall. Daher müssten wir den Unternehmen, damit sie vom Nutzen profitieren können, vor allem in der Kostenstruktur helfen, damit sie diese im eigenen Unternehmen implemen­tieren können.

Was die 14‑prozentige Investitionsprämie betrifft: Da haben Sie schon recht, aber Ihre 63 Prozent betreffen die Anzahl der Betriebe. Interessanter ist jedoch die absolute Sum­me. Dabei glaube ich aus eigener Einschätzung schon, dass circa 60 bis 70 Prozent Mitnahmeeffekte sind. Die Investitionen hätte es in jedem Fall gegeben. Das ist natürlich nicht schlecht, aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Die großen Brocken schneiden sich andere Firmen ab, und ob sie wirklich bei den KMU ankommen, weiß ich nicht. Dabei bedarf es sicher Nachbesserungen, damit die Digitalität auch für die KMU leistbar wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.25

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.