15.50

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Meine heutige Rede zum Bericht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU Vorha­ben 2020 bezieht sich auf einen Bericht, zu dem die damalige, nicht gewählte Bun­deskanzlerin Brigitte Bierlein im Dezember 2019 an den Nationalratspräsidenten schrieb, dass die zeitgerechte Vorlage nicht möglich sei, da die EU-Kommission den Bericht für 2020 erst für den 29.1.2020 angekündigt hat. Weiters beinhaltet das Schrei­ben, dass die Ressortberichte von der Bundesministerin sechs Wochen nach Erhalt weitergegeben werden. Da wir heute, falls ich nicht falsch informiert bin, laut Kalender den 5.11.2020 haben, frage ich mich, ob die Zeitspanne von sechs Wochen nach dem 29.1. von der türkis-grünen Coronaregierung auf mehr als sechs Monate geändert wurde.

Für mich wesentlicher ist heute und morgen: Wie geht es für die vielen Unternehmer und Arbeitnehmer, die durch die Chaosregierung in den Ruin gebracht werden, weiter? Wie fühlt sich die Frau Wirtschaftsminister beim zweiten Lockdown, wenn die Bevölkerung noch nicht einmal den ersten verdaut hat? Der Bundeskanzler und der Gesundheitsmi­nister zum Beispiel konnten die Gastrocluster der letzten Wochen nicht bekannt geben, können Sie als Wirtschaftsministerin sie mir nennen? – Sie werden sie auch nicht nen­nen können, auch wenn Sie sich bemühen sollten, da es sie nicht gibt.

Das Einzige, was diese türkis-grüne Angstmachregierung kann, ist, Pressekonferenzen zu geben und die Gastronomie und ihre Gäste seit Monaten mit neuen Auflagen und Regeln zu schikanieren und zu quälen. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle haben sich brav daran gehalten, und was ist der Dank? – Die De-facto-Schließung der kompletten Gastronomie. Schwarz-Grün zerstört fernab jeder Logik und absolut mut­willig unser Land. Auch in anderen Bereichen ist alles völlig unverständlich, denn: Wo bleibt der Nachweis, dass diese katastrophale nächtliche Ausgangssperre irgendeinen Nutzen mit sich bringt? Alle diese Nachweise fehlen. Es wird ganz zum Schaden unserer Heimat Österreich rein willkürlich gehandelt.

Die Betriebe warten auf Entschädigung. Forderungen von durchschnittlich rund 220 000 Eu­ro nach sechs Monaten sind noch immer offen: „,Schön langsam brennt der Hut’, kom­mentiert ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer die Lage vieler Betriebe im Westen Ös­terreichs vor einer ungewissen Wintersaison mit steigenden Infektionszahlen und Reise­warnungen. Abhilfe brächte die Überweisung von Entschädigungszahlungen, die Tau­senden Betrieben nach den Schließungen laut Epidemiegesetz im März zustehen. Eine ÖHV-Umfrage in den betroffenen Bundesländern liefert ein ernüchterndes Bild: Kein einziges teilnehmendes Hotel hat eine Zahlung erhalten. [...] Durchschnittlich sind For­derungen von 220.000 Euro pro Betrieb offen. Geld, das dringend benötigt wird, wie Reitterer erklärt: ,Die doppelten Gehälter stehen vor der Tür. Jede weitere Verzögerung kann Arbeitsplätze kosten.‘ Sollten den Bezirkshauptmannschaften Ressourcen für die Abwicklung fehlen, solle ihnen die nötige Manpower zur Verfügung gestellt werden. ,70 % haben noch nicht einmal eine Antwort auf den Antrag bekommen. Da ist offen­sichtlich Not am Mann‘, fordert die Branchensprecherin den vollen Fokus auf die rasche Abwicklung.“

Wie Unternehmer von der türkis-grünen Regierung inklusive Wirtschaftskammer behan­delt werden, möchte ich an einem Beispiel zeigen:

Die Monate August und September 2020 wurden von einem Jungunternehmer genutzt, um einen Imbissstand zu renovieren und umzubauen, um ihn am 3.10.2020 als Schnit­zelstüberl eröffnen zu können. Der Eröffnungsmonat lief natürlich sehr gut, bis zum Zeitpunkt, als die türkis-grüne Regierung am Samstag, dem 31.10.2020, das Verhängen des zweiten Lockdowns veröffentlichte. Der Jungunternehmer rief daraufhin am Montag, dem 2.11.2020, in der Wirtschaftskammer in Mistelbach an. Der Leiter der Wirtschafts­kammer Mistelbach Klaus Kaweczka teilte dem Jungunternehmer auf die Frage, welche Unterstützung er aufgrund des verordneten Lockdowns jetzt erhalten könne, Folgendes mit: Selber schuld, wie kann man nur so blöd sein und sich am 3.10.2020 in Zeiten von Corona selbstständig machen?! (Rufe bei der FPÖ: Unglaublich!)

An diesem Beispiel sieht man die Scheinheiligkeit der türkis-grünen Angstmachercoro­naregierung (Beifall bei der FPÖ): leere Worthülsen auf den vielen Pressekonferenzen und null Unterstützung für Klein- und Kleinstunternehmer durch die Wirtschaftskammer. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun noch ein paar Worte zum Inhalt des Berichtes, der insgesamt 62 Seiten lang ist; wesentlicher Inhalt des Berichtes: „Green Deal als Strategie für nachhaltiges Wachs­tum“. „Der Bericht weist auf den Zusammenhang von Industrie und Klima hin und sieht den Europäischen Green Deal als Wachstumsstrategie mit dem Ziel, durch Innovation, Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle nachhaltiges Wachstum zu forcieren und eine weitgehende Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Dabei geht es der Union auch darum, die für das Jahr 2050 anvisierte Klimaneutralität Europas durch eine Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch zu erreichen. Der entsprechende In­vestitionsplan des Green Deals sieht nun vor, dass mindestens 25% des langfristigen EU-Budgets für klimarelevante Aktionen zweckgewidmet werden muss. Geplant ist au­ßerdem, die Europäische Investitionsbank in die European Climate Bank umzuwandeln. In Summe sollen 1 Billion Euro für die Transformation mobilisiert werden, wobei davon 8,5 Mrd. € im Mehrjährigen Finanzrahmen an ,frischem Geld‘ vorgesehen sind. Für Ös­terreich sind vorerst 53 Mio. € reserviert. Aus österreichischer Sicht sollte ein besonde­res Augenmerk auf die Bedürfnisse der energieintensiven Industrie gelegt werden, dabei sei vor allem die Forschung und Weiterentwicklung von grünem Wasserstoff prioritär, heißt es im Bericht. Zudem sei global auf die Vermeidung ungleicher Wettbewerbsbe­dingungen als Resultat der höheren EU-Umweltstandards zu achten.“

Ein weiterer Punkt: „Europäische Industriestrategie soll industrielle Wertschöpfungsket­ten stärken“. „Ausdrücklich unterstützt Österreich die Europäische Industriestrategie, insbesondere die Stärkung industrieller Wertschöpfungsketten und die Förderung von wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse. Dazu zählen neben den strategisch bedeutsamen Bereichen Batterien, Mikroelektronik und Hochleistungs­computer nunmehr auch vernetzte, saubere und autonome Fahrzeuge, Wasserstofftech­nologien, intelligente Gesundheit, Internet der Dinge, kohlenstoffarme Industrie und Cy­bersicherheit. Aktuell laufen auf EU-Ebene bereits Vorbereitungen für die Teilnahme Ös­terreichs an mehreren Projekten.“

Bezüglich KMU-Strategie: „Österreich pocht auf bürokratische Erleichterungen und bes­seren Zugang zu Risikokapital“. „Von besonderem Interesse für Österreich ist überdies die von Kommissionspräsidentin von der Leyen angekündigte KMU-Strategie der Union. Der Bericht steckt in diesem Zusammenhang die österreichischen Prioritäten ab und unterstreicht vor allem die Notwendigkeit der Schaffung von einfachen, klaren [...] und verhältnismäßigen Rechtsvorschriften sowie bürokratischen Erleichterungen. Auch soll­ten die KMU bei der Entwicklung eigener Ideen, dem Umgang mit digitalen Technologien sowie der Suche nach qualifizierten Fachkräften unterstützt werden. Wichtig sind aus österreichischer Sicht darüber hinaus die Förderung der Innovationskraft und Wettbe­werbsfähigkeit der KMU sowie die Verbesserung des Zugangs der Unternehmen zu Fi­nanzmitteln, insbesondere zu Risikokapital.“

Ein weiterer Punkt: „Programm ,Digitales Europa‘ fördert Kapazitätsaufbau in Schlüssel­bereichen der Digitalisierung“. „Zentralen Stellenwert unter den Vorhaben der Europäi­schen Union nimmt auch das Programm ,Digitales Europa‘ ein, für das im Vorschlag der Kommission eine Fördersumme von 9,2 Mrd. € vorgesehen ist. Ziel ist dabei der Kapa­zitätsaufbau in Schlüsselbereichen der Digitalisierung. Die Schwerpunkte liegen auf den Bereichen Hochleistungsrechnen, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, fortgeschritte­ne digitale Kompetenzen und Interoperabilität sowie deren breite Nutzung in der ge­samten Wirtschaft und Gesellschaft. Zur Verbreitung soll ein Netzwerk an Digitalen Inno­vation Hubs entstehen. Dass EU-weit dringender Investitionsbedarf bei den Schlüssel­technologien besteht, bestätigt auch der Bericht des Wirtschaftsministeriums. Österreich unterstützt in diesem Sinn das Förderprogramm und erwartet sich davon vor allem schnellere Markteinführung und Verbreitung neuer Technologien sowie neue Arbeits­plätze in den geförderten Branchen.“

Wir Freiheitliche werden den Bericht zur Kenntnis nehmen, obwohl dieser – wie am An­fang meiner Rede erwähnt – unter völlig anderen Voraussetzungen und Prämissen er­stellt wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

15.59

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Vorerst letzter Redner zu diesem Ta­gesordnungspunkt ist Herr Fraktionsobmann Marco Schreuder. – Bitte.