16.05

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Vizepräsidentin! Kollegen Bundesräte! Herr Kanzler! Frau Minister! Seit Beginn der sogenannten Coronakrise taumelt diese unfähige Regierung von einem Extrem ins andere. In dramatisch zunehmendem Maße wird den Österreichern jetzt aber so richtig klar, wie ungeeignet, dilettantisch und völlig abgehoben, also von allen guten Geistern verlassen, versucht wird, dieses Land zu re­gieren.

Unser hochstilisierter Krisenmanager ist doch längst entzaubert, schrieb er doch selbst im Juni auf Facebook: „Nachdem wir die gesundheitlichen Folgen [...] überstanden haben, müssen wir jetzt angesichts der Weltwirtschaftskrise die Konjunktur in Österreich wieder ankurbeln“. Ende August 2020 sah unser aller Heiland das Licht am Ende des Tunnels. Am Montag auf Puls 24 sah ebendieser unser aller Heiland Ende des Som­mers 2021 erneut ein Licht am Ende des Tunnels. Vielleicht sollte man Ihnen, Herr Kanz­ler, einmal das Licht im Kanzleramt einschalten und ordentlich durchlüften! (Beifall bei der FPÖ.)

Ende Oktober, genauer gesagt am 27., schloss Gesundheitsminister Rudolf Anschober einen zweiten Lockdown dezidiert aus. Am 29. Oktober, also zwei Tage später, sah An­schober plötzlich dringenden Handlungsbedarf. Diese Regierung, allen voran Kanzler Kurz, produziert am laufenden Band kommunikative Seifenblasen, die sich dann jedes Mal wieder als Fakenews entpuppen. Daher halten wir es mit den Worten des ÖVP-Heiligen Kurz: „Genug ist genug!“ – Es reicht jetzt wirklich, in den letzten Monaten wur­den unzählige rote Linien in Sachen Demokratie, Selbstbestimmung, Eigenverantwor­tung, Parlamentarismus und vor allem in Bezug auf unser aller Freiheitsrechte über­schritten.

Wir wissen es eh: Für die ÖVP und vor allem für Sie, Herr Kanzler, ist unser Parlamenta­rismus ein lästiges Übel. Kurz und Anschober – also das Coronaduo Infernale – haben das demokratische Prinzip in Covid-19-Zeiten komplett verlassen. Obwohl einzelne ge­setzliche Grundlagen dafür noch nicht einmal im Nationalrat beschlossen wurden, ver­ordnet unser Kanzler medienwirksam ohne verfassungsrechtliche Richtlinienkompetenz ganz Österreich eine Massentestung.

Der Gesundheitsausschuss des österreichischen Nationalrates tagte erst am 1. Dezem­ber, die Beschlussfassung dieser einzelnen Gesetze findet erst in den Plenarsitzungen des Nationalrates am 10. und 11. Dezember statt, und dann muss dieses Gesetzeskon­volut noch zu uns in den Bundesrat, und der tagt bekanntlich erst am 16. und 17. Dezem­ber.

Die ersten Massentests beginnen, wie man hört, allerdings schon dieses Wochenende – in Tirol, Vorarlberg, Salzburg und auch in Wien. Wie kann das gehen, wenn noch nicht einmal die gesetzlichen Grundlagen dafür im Parlament verhandelt und beschlossen wurden? Das zeigt einzig und allein einmal mehr, dass die parlamentarischen Grundprin­zipien von dieser Regierung mit Füßen getreten werden und einfach darauf gepfiffen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

All diese Vorgänge, die sich derzeit in unserer Republik abspielen, muss man mit den Worten totale Coronadiktatur bezeichnen. Sie, Herr Kurz, führen diese Regierung und diesen Staat, wie es sich der Herr Dollfuß nur hätte wünschen können. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Allerdings glaube ich, dass sich der Herr Dollfuß gegen diesen Kanzler eher als Lercherlschas entpuppen würde. (Bundesrat Buchmann: Das ist uner­hört!)

Bürger werden Untertanen, aus der verfassungsrechtlich geschützten Normalität soll eine neue Normalität à la Kurz gemacht werden (Zwischenruf des Bundesrates Raggl), und dafür wird die Angst der Bürger bis in ein unerträgliches Ausmaß geschürt. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Die Meinungsfreiheit wird auf allen Ebenen eingeschränkt. (Vi­zepräsidentin Grossmann gibt das Glockenzeichen.) Jeder, der nicht eurer Meinung ist, Herr Kollege – und dafür liefern Sie jetzt wieder das beste Beispiel –, wird als Gefährder verunglimpft, als Verschwörer oder zumindest als Trottel abgestempelt. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Steiner-Wieser: Bravo, Christoph!)

Es ist sogar schon so weit, dass sich ältere Menschen vor lauter Angst nicht mehr aus ihren Wohnungen trauen. Verwandte gehen aus Angst nicht mehr zu ihren Angehörigen und können diese auch nicht mehr besuchen. (Bundesrat Seeber: Ja, aber wegen euch, nicht ... !) Mit der älteren Generation, der wir alles zu verdanken haben, springt man nun so um, sperrt sie allein zu Hause ein und überlässt sie einsam und allein ihrem Schicksal. Das ist einer Bundesregierung unwürdig. Wir haben diesen Menschen, unseren Großel­tern, alles zu verdanken! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Kaltherzigkeit dieser Regierung und dieses Kanzlers lässt sich schwer in Worte fas­sen. Ich glaube, es gab noch nie eine derart arrogante, selbstherrliche und mittlerweile aufgrund der Hunderten Pressekonferenzen wohl unsympathischere Regierungsgruppe, als wir sie derzeit in Österreich ertragen müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Seien wir doch einmal ehrlich: Niemand – ich kenne niemanden mehr – sieht diese Gesichter im Fernse­hen noch gerne. (Heiterkeit bei der ÖVP. Bundesrat Seeber: Wie viel Prozent habt ihr und wie viel wir? Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist der Regierung auch völlig wurscht, wie viele Arbeitslose, wie viele zerstörte Exis­tenzen es gibt, wie vielen Kindern man ihre Chancen stiehlt und wie viele Bürger diesem Wahnsinn leider durch Suizid entgehen wollen. Es lässt Sie auch völlig kalt, wenn sich Menschen das Leben nehmen, weil sie nur noch darin den Ausweg sehen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Hauptsache die PR-Maschinerie läuft auf Hochtouren!

Gleichzeitig aber gönnt sich diese tolle Bundesregierung einen Werbeetat von satten 200 Millionen Euro an Steuergeldern (Bundesrätin Steiner-Wieser: Pfui!) – offenbar nur, um die eigenen Verfehlungen zu kaschieren. Da wird dann der Spruch von Herrn Blümel: „Koste es, was es wolle“!, wirklich in die Tat umgesetzt. Das ist der Regierung wurscht; wenn es allerdings um die gebeutelten Unternehmer geht, dann wird schnell einmal ein­fach der Umsatzersatz gestrichen, und mit Ende Dezember wird dann auf den Fixkosten­zuschuss vertröstet. Man stellt sich hin und beweihräuchert sich selbst, weil man die Stundungen bis März verlängert. Kein Wort habe ich aber bisher dazu gehört, was denn dann im April passiert, wenn all diese Zahlungen fällig werden. So schnell können wir gar nicht schauen, dass wir in einer wirtschaftlichen Krise, die sich gewaschen hat, auf­wachen.

Als Zillertaler Kleinunternehmer muss ich Sie als Studienabbrecher, Herr Kurz, schon fragen (Zwischenrufe bei der ÖVP), ob Ihnen überhaupt bewusst ist, was Ihre Lockdown­verordnungen für den Tourismus, für die Wertschöpfungskette der kompletten Gastrono­miebranche im Tal bedeuten. Was hängt denn alles dran? – Ein Hotelier, der kein Geld mehr hat, kann nicht mehr investieren, kann nicht mehr umbauen, somit können auch der Tischler, der Zimmerer, der Maurer, der Spengler nicht mehr lange überleben. Auch wenn der gesamte Handel in einem Tal – und das wissen wir – wieder aufsperren kann, was nützt denn das? Was nützt es denn, wenn die Skigebiete offen haben, aber kein Hotel? – Das heißt, der Handel wird nicht viel verkaufen können, denn der Handel ist eng mit unserer Hotellerie verbunden. Wenn die Gäste keine Möglichkeit haben, zu über­nachten, wird es auch für den Handel mehr als schwierig.

Es gab den ganzen Sommer über nicht einen einzigen Cluster in einem Hotel. Unsere Hoteliers haben sich den ganzen Sommer über – das wissen Sie so gut wie ich – perfekt auf die bevorstehende Wintersaison vorbereitet, haben alle notwendigen Schritte ge­setzt, um einen sicheren Urlaub in unseren Ferienregionen zu ermöglichen. Was macht man jetzt? – Man fährt wieder mit der Kurz’schen Dampfwalze einfach über die so wich­tige Tourismusbranche in unserem Land drüber. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei den Wirtschaftshilfen schafft der Kanzler eine Zweiklassengesellschaft von Unter­nehmern: Die Holzklasse – die indirekt vom Lockdown Betroffenen – schaut durch die Finger. Sie betreiben ein KMU-Zerstörungssystem bei den heimischen Unternehmen und im Gegenzug ein Fördersystem für internationale Onlinekonzerne. All das sind Bei­spiele für Ihre Unfähigkeit, aber auch das kann Ihnen wohl schwer zum Vorwurf gemacht werden, denn jemand, der vom Kreißsaal über den Hörsaal in den Plenarsaal gehievt wird, wird wohl von der wahren Wirklichkeit draußen und von der wahren Wirtschaft nie eine Ahnung haben können. Das ist kein Vorwurf, Herr Kanzler, das ist eine Tatsache. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau aus diesem Grund muss diese Regierung ja auf diese enorme PR-Strategie setzen. Auch beim Thema Ischgl konnte man diese Strategie der rhetorischen Seifenbla­sen ja bestens beobachten. Kurz hat kurzerhand – natürlich medienwirksam – eine Qua­rantäne über das gesamte Paznauntal verhängt, allerdings komplett ohne Richtlinien­kompetenz und ohne die Behörden vor Ort zu informieren, damit diese die Chance ge­habt hätten, eine ordentliche Ausreise zu ermöglichen. Das Ergebnis dieser ständigen Selbstdarstellung war dann, dass wir in Tirol ein Ausreisechaos hatten, das seinesglei­chen sucht und den Ruf Tirols im Ausland für Jahre geschädigt hat.

Das, Herr Kanzler, sage nicht ich, das steht im Expertenbericht von Ronald Rohrer. Zu reden, sich als angeblichen Krisenmanager zu inszenieren, dann wiederum zu schwei­gen, wenn es gilt, Verantwortung zu übernehmen: So kann man die Strategie dieses PR-Kanzlers wohl zusammenfassen. Eine Strategie des Herrn Kanzlers ist auch klar er­kennbar: Immer dann, wenn es unangenehm wird, flüchtet man und redet sich gerne auf die Richtlinienkompetenz aus. Man könne ja keinem Minister befehlen, was er wie zu machen habe. Im Fall der Massentestungen allerdings macht der Kanzler genau das Gegenteil. Er schafft dem Herrn Gesundheitsminister an, und der Gesundheitsminister führt aus. Nur: Wie lange wird sich der Gesundheitsminister das noch gefallen lassen? Ich glaube, das wird nicht mehr allzu lange sein.

Vor Kurzem hieß es nämlich aus dem Gesundheitsministerium noch, es sei ja nicht ziel­führend, gesunde Menschen zu testen. – Daran sieht man einmal, wie schnell man auf Wunsch des Kanzlers im Ministerium die Meinung ändern kann. Auch Allerberger von der Ages sowie die Apothekerkammer in Oberösterreich und zahlreiche andere mehr lehnen diese Massentestungen ja zu Recht ab, da die Fehlerquote in beiden Fällen – ob positive oder negative Ergebnisse – logischerweise viel zu hoch sein wird.

Was aber passiert seit ein paar Tagen bei uns in Österreich? Plötzlich schießen in jedem Dorf die Teststationen wie Schwammerl aus dem Boden. Ich bin der Überzeu­gung, dass dies unter anderem auch deshalb so schnell passieren musste, weil man Innenminister Flex-Nehammer aus der Schusslinie nehmen musste, denn der Spezl des Herrn Kanzlers kam in letzter Zeit arg in Bedrängnis. Katastrophale Missstände in sei­nem Ministerium traten immer mehr zutage, und es wurde sehr eng für den Herrn Mi­nister, der ja alle Österreicher nur zu gerne als Gefährder diffamiert und dabei auf die wirklichen Gefährder in unserem Land komplett vergessen hat.

Was Sie mit den Massentestungen aber noch herausfinden wollen, ist, wie viele Öster­reicher schon genug Angst haben, um sich auch als gesunde Personen testen zu lassen, um dann ungefähr abschätzen zu können, wie viele Österreicher wohl bereit sein wer­den, sich dieser neuartigen Impfung zu unterziehen.

Unglaublich, Herr Kanzler, ist auch, was Sie sich am Montagabend bei Puls 24 wieder geleistet haben. Dort haben Sie den Menschen in Österreich unterschwellig gedroht: Wenn ihr euch nicht testen lasst, wird der Lockdown verlängert! – Das, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Drohungen sind eines Kanzlers in unserer Republik mehr als unwürdig. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben in besagtem Interview auch behauptet, es brauche eine Durchimpfungsrate von 70 Prozent, um die Krankheit in Österreich aus­rotten zu können, und die Impfung sei unser einziger Ausweg, um auch wieder in die Freiheit zurückzukönnen.

Kurz darauf wurde die Leiterin der Impfstoffabteilung im Gesundheitsministerium inter­viewt. Diese sagte dann nämlich, Daten zu einer Effektivität der Impfung liegen derzeit gar nicht vor, daher kann man aus seriöser Sicht derzeit nicht sagen, wie viel Prozent man impfen lassen muss, um zur sogenannten Herdenimmunität zu gelangen. – Daran sieht man wieder deutlich, mit welchen Unwahrheiten Sie operieren, um einzig und allein Ihre Ziele zu erreichen.

Sie haben den Österreichern ja schon mehr oder weniger klar mitgeteilt, dass es eine Impfpflicht, einen Impfzwang geben wird. Dazu muss ich schon klar sagen: Wir Freiheit­liche lehnen einen Impfzwang – wie auch immer geartet, ob durch eine hinterlistige Hintertür oder per Gesetz – kategorisch ab. Wir stehen für die Unversehrtheit des Men­schen. (Beifall bei der FPÖ. Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.)

Seien wir einmal ehrlich: Wenn es eine gute Impfung wäre, Herr Kanzler, deren Nutzen optimal und natürlich ohne Folgeerkrankungen ist, dann würde man eine wie auch immer geartete Impfpflicht gar nicht erst benötigen. Was bei Sars und Mers passiert ist, wissen wir alle: Diese Impfungen lösten einen schweren Krankheitsverlauf aus – also die Er­krankungsschwere bei Geimpften war höher als bei jenen, die nicht geimpft waren. Wer kann uns sagen, dass das bei Corona nicht passieren kann? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Was passiert dann bei alten Personen, Herr Kollege, die laut Impfstrategie als Erste ge­impft werden? – Auch das kann niemand seriös beantworten. (Bundesrat Buchmann: Ein echter Experte!) Wer wird haften, wenn es Impfschäden geben wird, da es ja auch eine Impfempfehlung seitens des Kanzlers gibt? (Bundesrat Seeber: Angstmacher!) Das Impfschadengesetz ist derzeit für diese spezielle Herausforderung nicht ausgelegt. (Bundesrat Spanring: Das hat Kurz zugegeben!) Sie sehen, wir kommen immer wieder zum selben Punkt zurück: Der Kanzler kündigt an, aber es gibt noch kein ausgegorenes Konzept, das dann auch funktionieren kann und wird.

Liebe Kollegen von der ÖVP, jetzt habt ihr euch wieder wahnsinnig über mich aufgeregt. Ich weiß auch, ich habe euch nun aus eurer heilen Traumwelt des heiligen Sebastian herausgerissen. (Zwischenruf des Bundesrates Seeber.) Vergesst aber jetzt bei euren Dankesreden, die ihr nun halten werdet, und bei euren Huldigungen für euren Heiland eines nicht: Zu viel Weihrauch schwärzt den Heiligen. Deshalb hoffe ich, dass viele Ös­terreicher diese hinterlistige Strategie des Kanzlers und seiner unsäglichen Regierung so schnell wie möglich durchschauen.

Als Tiroler darf ich zum Abschluss noch eines sagen: Manda, es ist Zeit, kommt heraus aus den Stauden, kämpfen wir gemeinsam für unsere Freiheitsrechte, für unsere Demo­kratie sowie für unseren Rechtsstaat! Diese sind allesamt zu hohe Güter, um sie auf dem Altar der Kurz-Sekte zu opfern. (Beifall bei der FPÖ.)

16.24

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Herr Fraktionsvorsitzender Steiner, ich lasse mir das Protokoll Ihrer Rede kommen, um die Erteilung eines Ordnungsrufes abzu­wägen.

Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich nun der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Bundeskanzler, Sie sind am Wort.