17.07

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Leider wird es jetzt nicht so schnell gehen wie bei meiner Rede zu einer der vorangehenden Debatten. Zu den drei nunmehr zur Debatte stehenden Tagesordnungspunkten möchte ich festhalten, dass die sozialdemokratische Bundesratsfraktion den Tagesordnungs­punkten 25 und 27 nicht die Zustimmung erteilen wird.

Dem TOP 26 stimmen wir jedoch zu. Kernbereich dieser Gesetzesvorlage sind zusam­mengefasst mehr Berechtigte der Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe für Covid-19-Testungen und -Impfungen, FFP2-Gratismasken für über 65-Jährige und erweiterte Be­fugnisse für die Exekutive bei Kontrolltätigkeiten der Coronaauflagen.

Nur ganz kurz zu den bereits durchgeführten Massentestungen in den Bundesländern: Ich möchte es hier nicht verabsäumen, den Dank an alle Beteiligten auszusprechen, egal, ob auf Landes- oder Gemeindeebene. Alle haben dabei bewiesen, dass man in kürzester Zeit und unter Bedingungen, die sich täglich bis zum Testtag geändert haben – beziehungsweise es bestehen ja bis heute noch gar keine klaren Regelungen –, vor Ort beste Bedingungen schaffen kann, sodass diese Testungen ein voller Erfolg hätten wer­den können. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein besonderer Dank gilt den Tausenden freiwilligen Einsatzkräften der Hilfsorganisa­tionen, dem medizinischen Personal, den Feuerwehren, dem Bundesheer, den Landes­bediensteten und schlussendlich allen Gemeindebediensteten und Bürgermeisterkolle­gen für die ausgezeichnete Arbeit in den Teststraßen. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundes­rätInnen von ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Ofner.)

Da gestern hier im Hohen Haus im Zuge der Verhandlung des E-Government- und des Passgesetzes über die Digitalisierung für jeden gesprochen wurde und die Frau Bundes­minister und auch Kollegin Schwarz-Fuchs uns erklärt haben, auch für Ältere müssten eben Schritte ins digitale Zeitalter gesetzt werden, stellt sich die Frage: Wie schaut es da in der Realität aus? Diese haben wir jetzt bei den Massentests genau gesehen. Ge­rade unsere älteren Mitbürger sind da mit der Digitalisierung massiv überfordert gewe­sen. Ich war selbst drei Tage mit 140 Helfern in unserer Teststraße tätig. Schon bei der Anmeldung im Vorfeld hat ein Großteil der Bevölkerung ein Problem gehabt, da haben wir dann telefoniert oder mit Handzetteln bei der Anmeldung natürlich ausgeholfen.

Dann ging das Problem mit der Befundung los, und zwar mit der Befundübermittlung, denn SMS war nicht SMS. Dazu kam am Samstag noch ein halber Tag Ausfall des Sys­tems, an dem keine SMS übermittelt werden konnten.

Diese SMS waren ein Link ins Netz. Viele unseren älteren Mitbürger haben noch alte Handys ohne Internet – wieder Verunsicherung; und ja: Es gibt im ländlichen Raum noch viele Mitbürger, die nur einen Festnetzanschluss haben. Diese haben wir nach Vorliegen der Ergebnisse eben angerufen. Es sind aber nicht nur die Älteren, die dieses Problem haben. Armut ist gerade da greifbar geworden, denn neue Handys kosten oft so viel, wie manchen im Monat zum Leben bleibt.

Damit möchte ich nur zum Ausdruck bringen: Nicht alles darf nur noch digital sein; als Zusatz ja, aber es muss auch analog noch möglich sein, miteinander zu kommunizieren. Lassen wir nicht die allein, die es sich nicht leisten können oder technisch noch nicht so weit sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zurück zur Gesetzesvorlage: Bei der Änderung des Sanitätergesetzes hat man die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen, für die geplanten bevorstehenden Massenimpfungen gegen Covid-19, etwas erleichtert. Leider hat man es da verabsäumt, den Personenkreis, den man vielleicht noch brauchen wird, um die Apothekerinnen und Apotheker zu erweitern. Wie wir heute vernommen haben, finden diese Impfungen EU-weit ab 27.12. statt.

Die Gesetzeswerdung beim § 28 hat im Vorfeld viel Aufregung verursacht. Was war da geplant? – Kontrollen der Polizei im Privatraum, in unser aller Wohnungen und Häusern. Dies ist aus unserer Sicht ein absolutes No-Go. Einem solchen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte wird die SPÖ niemals zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gott sei Dank hat die Regierung auf den Druck der Opposition reagiert und dieses Vor­haben zurückgezogen. Ja, es ist richtig, dass der grüne Abgeordnete Schallmeiner diese geplante Maßnahme mit Schalmeientönen noch schönreden wollte, mit der Begründung, dass dies so nicht beabsichtigt war. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Formulierung ist aber beileibe nicht vom Himmel in die Gesetzesvorlage gefallen. Somit lautet der Ge­setzestext nunmehr explizit: „Der private Wohnbereich darf nicht betreten werden“, und dies ist gut so. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ofner.)

Nun zu den privaten Treffen: Eigentlich gilt, dass sich in Innenräumen nur sechs Erwach­sene und sechs Kinder aus zwei Haushalten treffen dürfen. Auch in der eigenen Woh­nung? – Nein. Streng genommen ist der private Wohnbereich nicht geregelt. Allerdings empfiehlt die Regierung dringend, sich auch dort an sämtliche Vorschriften zu halten.

Am 24. und 25. Dezember ändert sich das. Erstens dürfen sich insgesamt zehn Perso­nen aus zehn Haushalten treffen, Kinder inklusive. Zweitens: Diese Regelung gilt auch für den privaten Wohnbereich sowie für den erweiterten Wohnbereich: Keller, Garagen, Scheunen.

Nach dem 25. Dezember gilt wieder die Sechs-plus-sechs-Regelung. – Ihr kennt euch jetzt sicher aus!

Nun zur Einreiseverordnung: Positiv ist, dass diese Bestimmungen nun gerade noch rechtzeitig vor den Reisebewegungen rund um die Weihnachtsfeiertage vorliegen, damit die Reisenden wissen, unter welchen Voraussetzungen sie die Reise antreten können. Eines darf nämlich diesmal im Dezember sicher nicht passieren: ein Chaos im Grenz­management beim Einreisen, wie es im Sommer dieses Jahres an den Grenzen zu Slo­wenien passiert ist. Wartezeiten von bis zu 12 Stunden trafen die Reisenden, aber auch die Grenzbehörden auf beiden Seiten der Grenze völlig unvorbereitet, und dann erfolgte die Schuldzuweisung an die Länder beziehungsweise Bezirksverwaltungsbehörden.

Übrigens wissen die Einsatzkräfte vor Ort noch nicht, was am Wochenende zu tun sein wird. Dass nunmehr nach einem Zeitraum von mehr als einem halben Jahr bei der Grenzabfertigung jetzt auch international bereits seit Längerem in Verwendung stehende QR-Codes zur Verwendung gebracht werden, ist keine Glanzleistung dieser Bundesre­gierung – aber besser jetzt als gar nicht.

Der Antrag ist leider auch diesmal verspätet eingebracht worden. Das liegt aber wahr­scheinlich daran, dass am 24. Dezember noch für die Regierung überraschend vorver­legte Weihnachten stattfinden. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es ist gut, dass die Exekutive die Kontrolltätigkeit an den Grenzen nun auf einer gesetzlich geregelten Basis durchfüh­ren kann.

Eines ist klar: Es müssen auch die Gesundheitsdienste der Bezirksverwaltungsbehörden entlastet werden, denn diese sind an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangt. Doch möchte ich schon anmerken, dass auch die Exekutive mit der derzeitigen Tätigkeit an der Grenze an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen ist. Die Polizei erfüllt die ihr übertragenen Aufgaben mit größtem Einsatz und leistet grandiose Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Was aber will man der Polizei noch alles umhängen? Wie sieht bei uns der Alltag in einer Polizeiinspektion neben der täglichen Routinearbeit aus? – Schon jetzt umfasst er die Grenzsicherung gemeinsam mit dem Bundesheer, die Auslieferung der Quarantänebe­scheide an die Betroffenen, die Kontrolle der Quarantäneauflagen. Dazu kommen perso­nelle Ausdünnung und Unterbesetzung schon seit Jahren. Derzeit erschwert auch noch Covid die Situation, denn das Virus macht auch vor den Polizistinnen und Polizisten nicht Halt. Nur zwei Beispiele aus der Praxis: Die Polizeiinspektion meiner Nachbargemeinde: geschlossen aufgrund massiver Covid-Erkrankungen; die Polizeiinspektion in meiner Stadt: aufgrund der Covid-bedingten Krankenstände derzeit auf die Hälfte reduziert und damit massiv unterbesetzt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, unsere täglich im Einsatz stehenden Kräfte ste­hen vor dem Kollaps. Wir haben das System bereits an die Wand gefahren. Jetzt der Polizei diese alleinige Kontrolle umzuhängen, geht einfach nicht mehr! Es ist dringend erforderlich, die Assistenz des Bundesheeres heranzuziehen, denn wir können es uns wie gesagt nicht leisten, wieder Schwangere und Familien – diesmal nicht bei 30 Grad plus, sondern bei Minusgraden – im Schnee und Regen stehen zu lassen. Eines ist fix: Der 24. Dezember lässt sich nicht verschieben.

In diesem Sinne frohe Weihnachten, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Herr Bun­desminister – wollte ich eigentlich sagen. Die Pleiten- und Pannenserie dieser Regierung geht aber weiter und wir sehen uns nächste Woche zum dritten Mal in diesem Monat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte.