15.43

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Frau Vorsitzende! Nur ein paar Anmerkungen zu den Themen der Tagesordnung und vielleicht auch zu dem, was darüber hinaus gesagt wurde. Die Bezü­geregelung, die mit in Diskussion steht, ist auf parlamentarischer Ebene ausverhandelt worden; das wissen Sie ja. Ich möchte nur der Vollständigkeit halber –nicht nur für mich selber, sondern auch für die Regierungskollegen – darauf hinweisen, dass wir im Ergeb­nis natürlich null Problem damit haben, falls das etwa irgendwo anders dargestellt wer­den sollte.

Bei der Gelegenheit möchte ich zusätzlich daran erinnern, dass es erst im Mai dieses Jahres so war, dass jedes Mitglied der Bundesregierung insoweit auf ein ganzes Monats­gehalt verzichtet hat, als eine mindestens das Nettogehalt umfassende Summe jeweils an Institutionen gespendet wurde, die entsprechend ausgewählt wurden. Das kann man ja auch in öffentlichen Quellen nachlesen – nur für den Fall, dass man sich da irgendwel­che Sorgen machen sollte. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es wurden die Wirtschaftshilfen angesprochen, die ich nicht ganz in Zusammenhang mit den diskutierten Tagesordnungspunkten bringen kann. Aber es ist dann halt von Vertre­tern auf der Regierungsbank nicht einfach nur hinzunehmen, wenn alles Mögliche be­hauptet wird, aber ziemlich sicher an allem vorbei, wie es wirklich läuft. Ich denke, bei diesen Hilfen kann man viel darüber diskutieren, wie schnell und wie gut sie gegriffen haben, jedenfalls haben wir mittlerweile nicht nur hohe Zufriedenheit, sondern wir haben auch hohe und höchste Auszahlungsbeträge.

Jetzt weiß ich schon, dass es nicht immer angezeigt ist, europäische Vergleiche anzu­stellen, obwohl alle in einer ähnlichen Situation sind, aber wagen Sie, bitte schön, den Blick über die Grenzen! Sowohl dem Umfang als auch der Geschwindigkeit nach zählen wir mittlerweile zumindest teilweise zu den Schnellsten und vergeben die höchsten Aus­zahlungsbeträge an die jeweiligen Zielgruppen, die sie auch wirklich brauchen; das ist ja auch gar nicht der Punkt. Da könnte man jetzt alle Maßnahmen anführen, das kann man aber im Protokoll nachlesen. Also das ginge vom Härtefallfonds bis hin zur Maßnahme des Umsatzersatzes, die zuletzt noch erwähnt wurde. Die wird jetzt, wie das richtig be­richtet wurde, über das Finanzamt, also nicht über das Ministerium, sondern über das Finanzonline-System abgewickelt.

Ich möchte schon darauf hinweisen und den Finanzminister an dieser Stelle nicht nur in Schutz nehmen, sondern auch ausdrücklich dafür loben, dass wir damit die Situation in Österreich genutzt haben, nämlich dass Finanzonline bei uns schon länger existiert. Die Bundesrepublik hat das haarscharf gleiche Instrument zwar früher öffentlich ausgelobt, aber die haben noch immer keinen Pfennig ausbezahlt, weil sie das entsprechende Sys­tem noch gar nicht haben, weil sie nämlich föderal organisiert sind und zuerst einmal eine bundesweite IT hinbringen müssen. Vielleicht haben sie ein solches System jetzt gerade.

Ich sage das nur deshalb dazu, weil ich ja wirklich für jede Debatte offen bin. Ich werde mich heute hüten, ich habe da ja das letzte Mal das parlamentarische Gremium Bun­desrat sicher bis an die Grenze strapaziert, das habe ich heute nicht vor, es muss aber auch irgendwer das einmal sagen. Ich liebe diese Debatten an sich und es ist nicht immer Aufgabe der Regierungsbank, aber: Wenn zu 90 Prozent an der Wirklichkeit vorbei debattiert wird, dann möchte man halt versuchen, das wenigstens ein bisschen ins Lot zu bringen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Und wer bestimmt das Lot?)

Ja, diese Debatte habe ich mit dem Regierungspartner auch öfter. Das ist eine sehr produktive philosophische Frage. Wir leben in einer Wirklichkeit, andere auch. Ja, das ist dann halt die dritte Welt; ob das die beste ist, ist eine andere Frage. Ich meine, es gibt ohnehin nur eine Welt, die wir gemeinsam verbessern wollen und sollen, und genau das hätten wir ja auch vor. Da passen dann auch all die Maßnahmen im sozialen Bereich hinein. Es ist ja auch der Herr Sozialminister hier, ich brauche mich da also nicht lange auszubreiten.

Man kann einzelne Maßnahmen im Pensionsbereich so oder so sehen. Es soll halt nicht unerwähnt bleiben, dass wir mit der generellen Pensionserhöhung – neben den Adaptie­rungen, die es gegeben hat – jetzt auf 1 000 Euro Mindestpension gekommen sind. Das waren an dieser Stelle 3,6 Prozent Erhöhung. So etwas kommt nicht immer vor. Das haben wir bei vielen Bundeskanzlern, die noch nie Grüne waren, selten gesehen, muss ich sagen.

Das betrifft in der Fortfolge auch die Erhöhung der Mindestsicherung, die von dieser Seite (in Richtung SPÖ weisend) so häufig eingefordert wird. Das war auch nicht allen recht – das darf man auch so oder so sehen. Es ist jedenfalls gekommen und damit auch eine Erhöhung der Mindestsicherung für die Kinder. Das sage ich nur für den Fall, dass Sie das in Ihren nächsten Reden vielleicht doch beherzigen wollen, um da insgesamt abzuwägen.

Ja, es stimmt: Die Hacklerregelung ist weg, dafür ist etwas anderes da. Ich will mich da nicht lange aufhalten. Die Überlegung zur Zielsteuerung ist da genau die gleiche gewe­sen, nämlich tendenziell, und das tritt auch ein, Frauen stärker zu fördern und befördern. Man kann sagen, es ist noch zu wenig, okay, aber tendenziell ist in diese Richtung zu arbeiten. Das gilt auch für den Austausch der Hacklerregelung, für die wir, wie wir mei­nen, einen besseren Ersatz gefunden haben.

Ich akzeptiere, dass die Bezeichnung FrühstarterInnenbonus aus Ihrer Sicht nicht glück­lich gewählt ist – wie auch immer. Die Namensgebung, heutzutage das Wording, ist ein eigenes Problem in der Politik, okay. Reden Sie aber nicht weg, dass die Frauen davon sehr viel mehr profitieren als von der alten Regelung, von der Sie beklagen, dass sie zu Grabe getragen worden ist. Ja, sie ist weg. Wir haben entschlossen gehandelt. Das war dieser Regierung von Anfang an klar aufgrund dessen, dass wir mit ähnlich hohen Beträ­gen die Frauen besserstellen wollten, und das ist auch gelungen. Das können Sie mit Volks­schulmathematik nachvollziehen, wenn Sie guten Willens sind. Das darf ja sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schumann und Grimling.)

Man darf es auch anders wollen, ich akzeptiere das ja. Ich akzeptiere natürlich, dass über die Arbeitslosenversicherung verschiedene Vorstellungen existieren, aber ich weiß gar nicht immer, was da am Schluss das Beste ist.

Wir werden auch überhaupt über eine Reform nachdenken. (Bundesrätin Schumann: Oje!) – Ja, ja, das schadet ja nicht! Nehmen Sie aber zur Kenntnis, dass 900 Euro für Arbeitslose, die geringe Arbeitslosenbezüge bekommen, auch schon viel Geld ist, denn sonst – wenn wir nämlich meinen, 900 Euro sind nichts mehr wert, gerade für diese – müssten wir uns ja dem Vorwurf aussetzen, dass wir abgehoben sind. Und wenn Sie nachrechnen, werden Sie sehen, dass es gar nicht so wenige sind, die jedenfalls für diese sechs Monate eine Erhöhung auf 70 Prozent erfahren haben. Auch das kann man so oder so sehen, wir waren uns dabei auch nicht immer einig. Ich möchte nur haben, dass Sie es zur Kenntnis nehmen – und nicht nur, weil Advent ist. Sie fordern ja immer die politische Redlichkeit ein. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Tun wir eh!)

Ja, natürlich kann man das so sehen oder hören, dass täglich das Murmeltier grüßt. Wissen Sie, das ist schon klar, denn es kommt auch täglich das Virus. Das ist nicht weg! Deshalb gibt es auch Maßnahmen, die nachgeschärft werden, im Übrigen auch wieder gelockert werden. Ja, da passieren Fehler, das ist völlig logisch, auch in anderen Län­dern, aber das ist nicht weg. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Und das Virus grüßt nicht, das Virus ist heimtückisch, weil es die meisten gar nicht bemerken. Ungegrüßt rennen Sie damit herum und geben es ungegrüßt anderen weiter. Das ist das Problem dieser Pandemie. So schaut es aus!

Manche bekommen leichte Symptome – okay, die können wir vielleicht herausfischen ‑, manche schwere. Das ist alles nicht lustig! Es gibt immer mehr Leid, und immer mehr Menschen fallen diesem heimtückischen Virus zum Opfer.

So, jetzt kann man sagen, daran ist auch noch die Politik schuld. Na ja, das ist schwierig. Es ist für mich nämlich immer dann von Interesse, wenn diejenigen im Nachhinein sagen, es hätte mehr gemacht gehört, die vorher gemeint haben, es gehe zu wenig schnell auf. Das habe ich mir schon im Notizbuch vermerkt! Insgesamt kann man das immer bewer­ten und abwägen. Ich will ja dem Gesundheitsminister nicht vorgreifen, mir geht es nur darum, wie die Gesamtkoordinierung in der Regierung läuft.

Weil wir in einem föderalen Gremium sind: Ja, das mit den Alten- und Pflegeheimen ist sicher nicht leicht. Das ist sicher nicht leicht. Nur, ich nehme – damit er es nicht immer selber tun muss – den Bundesminister nicht nur ausdrücklich in Schutz, sondern möchte auch sagen, er hat diesbezüglich schon vor Monaten Vorgaben gemacht. Ganz am An­fang waren es entsprechende Richtlinien, mittlerweile sind es in den Verordnungen nachgeschärfte – gerade was die Testungen betrifft – Vorgaben. Wir hätten aber schon zunächst und zuvor – und so viel Kritik bringe ich hier schon an – die Hoffnung gehabt, dass es auch dort entlang funktioniert, wo bei den Pflegeheimen und Altenheimen die eigentliche Zuständigkeit ist, und das ist zu 99 Prozent Länderkompetenz. Das wollen wir nicht ganz vergessen, gerade in solch einem Gremium.

Und siehe da – mich beschäftigt das auch immer mehr –: Verschiedene Bundesländer haben ganz unterschiedliche Entwicklungen betreffend die Zahlen. Leider, leider, leider schaut es in meinem Heimatbundesland ganz schlecht aus. Dem wird man durchaus nachgehen dürfen, weil es schon auffällig ist, dass man in manchen Bundesländern eine exorbitant höhere Infektionsrate hat, und im Übrigen in solch einem Alter dann halt auch tragischerweise – man muss es aussprechen dürfen – auch eine höhere Todesrate. Und das korreliert auch, das sehen Sie, wenn Sie sich die Zahlen anschauen.

Wir sind ja bereit, das aufzunehmen. Ich habe es jetzt nicht deshalb aufgegriffen, um Gesundheitsminister zu spielen, der ja ohnehin anwesend ist, sondern um dafür zu wer­ben, dass wir miteinander viel zu tun haben und dass wir dabei auch noch besser werden können, hundertprozentig auch in der Abstimmung. Ich habe es erwähnt und wollte dem nicht vorgreifen.

Ich bin seit den letzten zwei, drei Konferenzen mit den Landeshauptleuten wirklich sehr, sehr zuversichtlich, dass wir wieder gemeinsam in die gleiche Richtung marschieren, im Übrigen mit dem neuen Konzept: erstens: Zahlen runterdrücken, sprich Lockdown – ja, das ist einer –, zweitens: testen – einerseits Berufsgruppen, insbesondere jene, die sehr viel Nähe und Kontakt zu anderen haben, dann regional testen – und auch wieder re­gional Maßnahmen ergreifen, insbesondere das Testen, Tracen und Absondern, das dann wieder gehen wird, wenn die Zahlen weit genug unten sind. Davor ist es eine Illu­sion, das muss man so sagen.

Das darf man kritisieren, aber wir wollen es dorthin bringen. Dann kann man wieder einen Zwischenstart im neuen Jahr machen. Und ich bin da – die Vorvorrednerin hat es, glaube ich, angesprochen – tatsächlich zuversichtlich und hoffnungsvoll. Das darf man aber nur sein, wenn wir entschlossen dranbleiben. Ja, und sie hat recht: am besten dann doch gemeinsam! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.54

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bun­desminister Rudolf Anschober zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.