Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bun­desminister!

1918/M-BR/2021

„Haben Sie mit Pharmaunternehmen, die Medikamente zur Behandlung von Covid-19 herstellen, Kontakt aufgenommen, um einen Vorrat an Medikamenten zu sichern, die für Menschen zur Behandlung verwendet werden können, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können/dürfen?“

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzte Frau Bundesrätin, das Gesundheitsministerium hat generell bereits frühzeitig eine ausreichende Bevorratung des bis dato einzigen in der EU für die Behandlung von Covid-19-Patienten zugelassenen Arzneimittels – Sie kennen es, das ist Remdesivir – sichergestellt und eine bedarfsgerechte Verteilung auf die Bundeslän­der organisiert. Gleichzeitig wird über die zuständige Fachabteilung der Ages eine lau­fende Bewertung der entsprechenden Angebote durchgeführt. Drittens haben wir einen laufenden Fachdialog mit den Vertretern und Vertreterinnen der intensivmedizinischen Abteilungen und den Spezialistinnen und Spezialisten im Impfbereich, um entsprechen­de Bedarfe zu klären. Wenn es für Medikamente, die in Entwicklung oder bereits vorlie­gend sind, Bedarfsmeldungen gibt, dann werden die auch realisiert. Es gibt in Österreich auch eine laufende Analyse und Bewertung neuer Medikamente, die auf dem Markt ent­stehen.

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Wird von der Frau Bundesrätin eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister, das heißt, es gibt diese Medikamente, wie Sie sagen. Meine Frage ist: Wie wird es funktio­nieren, dass jene Menschen, die zum Beispiel diese Medikamente dringend bräuchten, aber unter Umständen – was man bei dem Chaos ein bisschen voraussetzen kann – die behandelnden Ärzte oder das Spital diese nicht zur Verfügung haben, diese Medikamen­te wirklich bekommen?

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Das Erste ist eben, wie bereits gesagt, die Fachbewertung der Angebote. Das läuft auf europäischer Ebene beziehungsweise über unsere Bundesagentur im Rahmen der Ages. Frau Kollegin Wirthumer-Hoche ist die Chefin und macht das sehr, sehr professionell und verantwortungsbewusst. Zweitens machen wir den laufenden Be­wertungsprozess, was – wie soll ich sagen? – das Potenzial von bestimmten Medika­menten betrifft, durch ein eigenes Fachinstitut. Erst dann, wenn es aufgrund direkter Empfehlungen zur entsprechenden Zulassung kommt, kann in die Verteilung und in den Informationsprozess, den Sie angesprochen haben, gegangen werden. Dieser muss allerdings der letzte Punkt in der Kette sein. Wir haben – das muss man ganz offen sagen – im Bereich von Covid aufgrund des Vorhandenseins oder besser gesagt Nicht­vorhandenseins von Präparaten noch große Probleme, was die medikamentöse Versor­gung betrifft.

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Ing. Judith Ringer zu Wort ge­meldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Ing. Judith Ringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister, was unternehmen Sie zur Sicherung und Verbesserung der Arzneimittelversor­gung in Österreich, zum Beispiel durch Reform des Erstattungscodex, damit auch hoch­wirksame und innovative Medikamente den Patienten und Patientinnen zur Verfügung stehen, damit der Pharmaforschungs-, -produktions- und ‑beschäftigungsstandort Öster­reich gesichert und damit die finanzielle Leistungsfähigkeit der Krankenversicherung be­rücksichtigt wird?

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, wir haben ja im Rahmen der Covid-Krise auch sehr elementar gemerkt, dass wir in bestimmten Bereichen von der entsprechen­den Versorgungssituation sehr abhängig sind. Das waren etwa die Schutzbekleidungen, das haben wir mittlerweile korrigiert, indem es eine starke österreichische Eigenpro­duktion gibt, und auch insgesamt hat sich der Weltmarkt in dem Bereich wieder einge­pendelt. Im Bereich der Arzneimittelversorgung hat sich in den letzten Jahren und Jahr­zehnten eine unglaubliche Abhängigkeit vom asiatischen Produktionsbereich entwickelt. Wir merken, dass Europa da immer schlechter ausgestattet ist, auch was die elemen­tarsten Versorgungsbereiche betrifft – Antibiotikaversorgung als ein Stichwort.

Wir haben deswegen zwei Schritte realisiert und uns in der Bundesregierung auch darauf verständigt: einerseits das gezielte Arbeiten mit den betroffenen Produktionsunterneh­men daran, dass österreichische Produktionen aufrechterhalten werden. Wir beide ken­nen ein Beispiel aus Tirol, bei dem es ganz entscheidend war, dass wir es geschafft haben, dass die Produktion langfristig erhalten bleibt, denn das ist die einzige europäi­sche Produktion für bestimmte Bereiche der Antibiotika.

Zweitens wird im Augenblick gerade auf europäischer Ebene eine neue europäische Arzneimittelversorgungsstrategie erarbeitet, an der wir mitarbeiten, in die wir integriert sind und die den Industriestandort Europa im Bereich der Medikamenten- und Arznei­mittelproduktion absichern soll. Das ist gerade in Erarbeitung und, wie ich hoffe, sehr rasch in Umsetzung, denn es wird Zeit brauchen, diese Prozesse umzustellen und Eu­ropa wieder als Produktionsstandort zu attraktivieren, und das ist alles andere als ein­fach.

Der dritte Bereich ist, dass wir versucht haben, die Transparenz zu erhöhen. Deswegen trat am 1. April 2020 die Verordnung zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in Kraft. Zulassungsinhaber beziehungsweise befugte Vertreterinnen und Vertreter des Zulassungsinhabers sind nun verpflichtet, jede Einschränkung der Vertriebsfähigkeit für verschreibungspflichtige Humanarzneimittelspezialitäten über das eService Zulassung und Lifecycle zu melden. Weiters wurde zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung vonseiten des Gesundheitsministeriums im Sommer 2020 ein Projekt zur Stärkung des Pharmastandortes Österreich initiiert. Aufgrund der großen Bedeutung auch für die Europäische Union wird dieses Projekt als gemeinsames Vorhaben mit der Europäi­schen Kommission umgesetzt und von dieser auch maßgeblich mitunterstützt.

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag.a Bettina Anna Lancaster zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minister, meine Fra­ge, die ich ursprünglich stellen wollte, wurde bereits von meiner Vorrednerin, Frau Bun­desrätin Ringer, gestellt. Jetzt möchte ich die Zusatzfrage anders formulieren und Sie fragen: Wie gewährleisten Sie, dass die Medizinprodukte, die nach Europa und Öster­reich eingeführt werden, den arbeitsrechtlichen Standards, den umwelttechnischen Standards entsprechen, damit wir auch einen fairen Wettbewerb haben?

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Genau das, sehr geehrte Frau Bundesrätin, ist ja ein Teil der Marktzulas­sungsentscheidungen der EMA auf europäischer Ebene. Wir erleben das jetzt bei den Impfstoffen in einer etwas schwierigen, angespannten Situation, aber das gilt auch für andere medikamentöse und arzneimittelrechtliche Bereiche. Das ist eine Gesamtbewer­tung und Gesamtbeurteilung, die dafür sorgen soll, dass der europäische Konsument, der europäische Patient – und natürlich auch die Patientin und die Konsumentin – ent­sprechend gut geschützt sind.

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Danke schön.

Zu einer abschließenden Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Adi Gross zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Bundesminister, eines der diskutierten oder vorhandenen Medikamente ist das Produkt Veklury respektive Remdesivir. Können Sie sagen, wie die Verteilung konkret erfolgt oder weiterhin erfolgen soll? Wer bekommt dieses Medikament und so weiter?

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Die Medikamente, die es in dem Zusammenhang gibt, sind ja dadurch bekannt geworden, dass sie bei einem ehemaligen amerikanischen Präsidenten zur Anwendung gebracht wurden. Die innerstaatliche Verteilung erfolgt beim genannten Medikament Remdesivir nach einem vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswe­sen – das ist die Ages-Behörde, von der ich jüngst gesprochen habe – ausgearbeiteten Verteilungsschlüssel, welcher insbesondere die Hospitalisierungszahlen der einzelnen Bundesländer berücksichtigte.

Die Bedarfserhebung wurde im Auftrag des Gesundheitsministeriums durch dieses Bun­desamt für Sicherheit im Gesundheitswesen in Kooperation mit den Krankenanstalten, den Apotheken, den Bundesländern sowie weiteren relevanten Stakeholdern durchge­führt.

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, 1916/M-BR/2021.

Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Heike Eder, um die Verlesung der Anfrage.