15.47

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben ein Thema, das sich in einem großen Spannungsfeld bewegt: zwischen der Religionsfreiheit auf der einen Seite und dem Tierwohl auf der anderen Seite. Die Religionsfreiheit ist im Staats­grundgesetz verankert und das Tierwohl beziehungsweise der Tierschutz seit 2013 auch im Bundes-Verfassungsgesetz.

Geschätzte Damen und Herren und vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei! Ich gehe davon aus, dass die Antragsteller nicht die Religionsfrei­heit unserer Mitbürger einschränken wollen. Ich gehe davon aus, dass es Ihnen um ein echtes Bemühen um einen verstärkten Tierschutz geht. (Bundesrat Steiner: Ja! – Bun­desrätin Steiner-Wieser: Ja, klar!)

Frau Kollegin Lancaster hat auch darauf hingewiesen, dass das Tierschutzvolksbegeh­ren momentan läuft (Bundesrätin Steiner-Wieser: Nein, am 25.1. war die letzte Eintra­gung! – Bundesrat Steiner: Das ist schon erledigt!)  die Eintragung, ja –, und aus der Perspektive eines aktiven Bauern empfinde ich das auch als sehr gut, wenn wir uns stärker in Richtung Tierschutz entwickeln. Ich fordere und wünsche mir aber von der Gesellschaft mehr, und ich finde, dass es zu wenig ist – das haben Sie, Kollegin Steiner-Wieser, auch gesagt –, eine Unterschrift zu leisten und sich dann mit diesem Thema nicht zu beschäftigen.

Wir als österreichische Landwirtschaft sind bereit zu mehr Tierschutz, die Frau Bundes­ministerin hat ein Tierwohlgesetz auf den Weg gebracht. Wir sind bereit, mehr Tierwohl zu produzieren, allerdings erwarten wir dann auch von den Konsumenten, dass diese Produkte auch gekauft werden.

Österreich hat eines der strengsten, eines der besten Tierschutzgesetze, das interna­tional hohe Anerkennung genießt – wir waren und sind in diesem Bereich ein wichtiges Vorreiterland –, und ich darf dafür einige Beispiele bringen: Wir haben ab 2008 als eines der ersten Länder die Käfighaltung für Legehennen in Österreich – in Europa ab 2015 – verboten, mit dem Ergebnis, dass Käfighaltung für Legehennen bei uns nicht mehr mög­lich war, obwohl diese Käfige besser waren als in anderen Ländern. Darauf möchte ich hinweisen. (Bundesrat Steiner: ... Argument wieder ...!) Was ist passiert?  Die Produk­tion von Eiern in Österreich ist von einer 85 Prozent der Inlandsversorgung auf 60 Pro­zent zurückgegangen, das heißt, wir haben das Problem exportiert und die Produkte importiert. (Bundesrat Steiner: Das ist ja nicht zu vergleichen!)

Die gleiche Situation haben wir bei der Putenproduktion: Wir haben im Stall die Fläche pro Pute vergrößert, um ein höheres Tierwohl zu erreichen und den Tieren mehr Platz, mehr Raum, mehr Entfaltungsmöglichkeit zu geben. Ergebnis: Die Inlandsproduktion ist gesunken, der Import gestiegen; wir haben das Problem exportiert, die Produkte impor­tiert. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Wir haben ein strengeres Pflanzenschutzmittelgesetz mit dem Ziel, Insekten und Bie­nen zu schützen, auf den Weg gebracht. – Sehr gut. Tatsache ist, dass die Zahl der Bienenvölker von 2000 bis 2019 um 7 Prozent und die der Imker um 18 Prozent gestie­gen ist, vice versa dafür die Rübenfläche von 50 000 Hektar auf 26 000 Hektar gesunken ist, eine Zuckerfabrik in Gefahr war und wir europaweit mittlerweile 15 Prozent unseres Zuckerbedarfes importieren müssen! Bedenken Sie das bitte auch vor dem Hintergrund einer Pandemie!

Geschätzte Damen und Herren! Österreich hat das Schächten sehr achtsam geregelt, sodass bei einer Schlachtung oder bei einer Schächtung zeitgleich eine Betäubung statt­findet, unter Aufsicht eines Tierarztes und in einer behördlich genehmigten Schlachtein­richtung. Mehr lässt sich da fast nicht mehr tun. Wenn wir wieder entsprechend eingrei­fen, wenn wir das Schächten in Österreich verbieten, dann ist es wieder genau so, dass wir ein Problem exportieren und ein Produkt importieren. Wir verlagern dann das Schächten nach Belgien, nach Dänemark, nach Ungarn, nach Tschechien und in die Slowakei. (Beifall bei der ÖVP.)

Ob das mehr Tierwohl brächte (Bundesrat Steiner: Sinnerfassend lesen! Sie haben den Inhalt nicht verstanden!), frage ich hier in den Raum?! Es wäre aber damit verbunden, dass Arbeitsplätze in Österreich verloren gingen. In meiner Region, in Baden, befindet sich ein Betrieb, der vom Schächten leben kann. Diese Arbeitsplätze wären gefährdet – es geht da nicht nur um einen Randbereich. Wir reden von 10 Prozent der tierischen Produktion in Österreich, bei der die Tiere durch Schächten geschlachtet werden.

Ich versuche nur, da ein bisschen abzuwägen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, versuchen Sie doch, auch die Landwirtschaft und die Bauern zu verstehen! Es nützt nichts, wenn wir Probleme exportieren und agrarische Produkte im­portieren. Es geht um die Interessen der Landwirtschaft, und es wäre auch gut, wenn Sie sich dafür wieder stärker einsetzen. (Bundesrat Steiner: So ein ...! Du hast den An­trag nicht verstanden, Herr Kollege!) Sie haben sich einmal sehr stark für die Landwirt­schaft eingesetzt, das kann ich momentan nicht mehr sehen.

Ich danke vor allem allen Interessenvertretern, die uns da immer wieder unterstützen, und gratuliere den Kollegen in der Steiermark und in Oberösterreich, die die Landwirt­schaftskammerwahlen durchgeführt haben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich darf Sie auch einladen, sich wieder stärker einzubringen! In meinem Heimatbezirk ist der Bun­desagrarsprecher der Freiheitlichen Partei am 1. März vergangenen Jahres als Kam­merrat gewählt worden. Er und seine beiden Kollegen waren bei den ersten zwei Sitzun­gen noch nicht anwesend und sind immer noch nicht angelobt. Sich wählen zu lassen und dann nicht mitzuarbeiten, das ist auch keine Interessenvertretung unserer Bauern.

Ich bitte Sie also, liebe Politiker, sich stärker für die Bauern und nicht gegen die Bauern einzusetzen. Somit werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei BundesrätInnen der Grünen.)

15.54

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen dieses.