13.27

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Werte Kollegen! Verehrte Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen und via Live­stream! In der heutigen Debatte über die vorliegende Novelle zum Ziviltechnikergesetz offenbart sich eines wieder einmal ganz klar: Sobald in irgendeinem Bereich Transpa­renz und Unabhängigkeit bewahrt werden sollen, ist das der ÖVP ein wirklicher Dorn im Auge. Nicht anders ist es zu deuten, wenn seitens der Regierungsparteien unter dem Deckmantel der Umsetzung des EuGH-Urteils ein wahrer Angriff auf den freien Beruf der Ziviltechniker erfolgt, denn gerade die Ziviltechniker haben in Bezug auf die Auftrag­geber ein besonderes Vertrauensverhältnis, und daher müssen auch Transparenz und Unabhängigkeit entsprechend gewährleistet sein.

Die Regierungsparteien nehmen dieses EuGH-Urteil aber wie gesagt zum Anlass, die notwendigen Anpassungen im Ziviltechnikergesetz überzuerfüllen und damit natürlich ein sogenanntes Gold Plating zu betreiben. Sie gefährden damit nicht nur die Unab­hängigkeit und Unparteilichkeit von Ziviltechnikern, sondern vor allem die Interessen der Dienstleistungsempfänger.

Was ist geplant? – Mit dieser Novelle können sich nunmehr interdisziplinäre Ziviltechni­kergesellschaften mit bis zu 50 Prozent der Anteile an Ziviltechnikergesellschaften be­teiligen. Das bedeutet natürlich, dass Interessenkonflikte vorprogrammiert sind, es kön­nen Pattstellungen mit 50 : 50 entstehen. Zudem wird nunmehr auch die Möglichkeit ein­geräumt, wie es Kollege Zaggl schon gesagt hat, dass sich beispielsweise finanzstarke Baukonzerne in solchen interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern zusammen­schließen und damit aufgrund des Preiswettbewerbs der Verdrängung der eigentlichen Ziviltechniker am Markt Tür und Tor geöffnet ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, dass solche Gesellschaften dann natürlich vermehrt ihre eigenen Interessen verfolgen werden, anstatt jene des Bauherrn zu gewährleisten, wird schlussendlich auch finanzielle Auswirkungen haben, vor allem auch für die öffentliche Hand.

Viele dieser Kritikpunkte hat die Kammer der Ziviltechniker natürlich auch aufgezeigt und entsprechend schriftlich dargelegt. So wie immer, wenn es Kritik an der Vorgehensweise der Regierung gibt, hat die Regierung aber auch da gezeigt, wie sie damit umgeht. Unser Kollege im Nationalrat Angerer hat das in der letzten Nationalratssitzung auch aufge­zeigt: Da hat doch tatsächlich ein Beamter aus dem Wirtschaftsministerium als zu­ständige Aufsichtsbehörde die Abberufung jenes Vertreters der Kammer gefordert, der verständliche Kritik darüber zum Ausdruck gebracht hat, dass man anscheinend den freien Beruf des Ziviltechnikers abschaffen möchte. Und nichts anderes ist es ja. (Prä­sident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich beispielsweise als Gemeinde ein Gutachten erstellen lasse, dann möchte ich davon ausgehen können, dass dieses unabhängig erstellt wurde und nicht im Hinter­grund ein Konzern die Finger im Spiel hat, der eventuell in Folge auch noch einen Auftrag lukrieren will und das Gutachten daher dementsprechend ausfällt. Es wird ja wohl hof­fentlich jedem einleuchten, dass es wahrscheinlich nachrangige Priorität haben wird, dass sich im Falle einer Beteiligung ein Ziviltechniker in einem solchem Fall unabhängig verhalten kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher sprechen wir uns natürlich ganz klar gegen diese Beteiligungen mit 50 Prozent am Gesellschaftsvermögen durch berufsfremde beziehungsweise durch interdisziplinäre Ziviltechnikergesellschaften an den eigentlichen Ziviltechnikergesellschaften aus, eben­so dagegen, dass die Möglichkeit eingeräumt wird, dass Beurkundungen auch von sol­chen interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften erfolgen können, denn auch damit wären die Unabhängigkeit und die Transparenz gefährdet – wenn man beispielsweise von einer solchen interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaft ein Prüfgutachten für Kfz-Typisierungen erstellen lässt und im Hintergrund mit 50-prozentiger Beteiligung der Kfz-Hersteller sitzt.

Das ist ungefähr der gleiche Humbug und vor allem die gleiche Vorgehensweise, wie sie sich bei der Ausschreibung dargestellt hat, die Herr Schmid für sich selber ausge­schrieben hat (Heiterkeit bei der FPÖ), um sich dann bestellen zu lassen – aber das ist eben die Vorgehensweise dieser Regierung. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Bader: Das ist die Unwahrheit!)

Auch da sieht man natürlich ganz klar, dass es dieser ÖVP wieder nur um eine Klien­telpolitik für ein paar Konzerne geht (Zwischenruf bei der ÖVP), die Grünen sind wieder einmal die willfährigen Erfüllungsgehilfen, und beiden macht es nichts aus, wenn das auf Kosten eines gesamten Berufsstandes geht, der noch dazu sehr geschätzt ist. (Zwi­schenruf des Bundesrates Steiner.)

Aus den genannten Gründen werden wir dieser Gesetzesnovelle natürlich keinesfalls unsere Zustimmung geben.

Ich bringe dazu folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung des Erhalts der Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit sowie Objektivität der Ziviltechniker“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der sichergestellt wird, dass an Ziviltechnikergesellschaften bzw. an interdiszi­plinären Gesellschaften Ziviltechniker mit mehr als 50 % beteiligt sein müssen, und dass Siegelführung bzw. Urkundentätigkeit ausschließlich Ziviltechnikern bzw. Ziviltechniker­gesellschaften vorbehalten wird.“

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Meine Damen und Herren, hinsichtlich des Berufsausbildungsgesetzes, das die Kurz­arbeit für Lehrlinge ermöglicht, werden wir selbstverständlich eine Fristverlängerung un­terstützen, weil damit auch der Erhalt der Lehrstellen von rund 5 000 Lehrlingen geför­dert wird, die davon betroffen sind und die die Kurzarbeit in Anspruch nehmen. Das findet unsere Zustimmung.

Auch die Berufsfreiheit als Grundrecht und damit die unternehmerische Freiheit mit ihren Grundprinzipien ist für uns wesentlich. Daher werden wir auch dem Verhältnismäßig­keitsprüfungs-Gesetz unsere Zustimmung geben. Wir befürchten in diesem Zusammen­hang lediglich, dass die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf den Verwaltungsaufwand lei­der alles andere als angemessen sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)

13.35

Präsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Josef Ofner, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Sicherung des Er­halts der Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit sowie Objektivität der Ziviltechniker“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsvorsitzender Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat.