14.58

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Worum es heute geht, haben meine beiden Vorrednerinnen schon sehr ausführlich dargelegt. Wie gesagt: Es war einfach sehr, sehr wichtig – nicht nur aufgrund der Pande­mie, sondern generell, weil sich eben die Arbeitswelt im jetzigen Jahrhundert wandelt –, dass zumindest gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Warum sind ge­setzliche Rahmenbedingungen überhaupt notwendig und erforderlich? Damit jene Ar­beitnehmer, denen eben während der Ausübung ihrer Arbeit Unrecht widerfährt, in unse­rem Rechtsstaat überhaupt einmal die Möglichkeit haben, sich irgendwo zu beschweren und ein Recht einzufordern. Deswegen ist es immer so wichtig, dass es rechtliche Rah­menbedingungen gibt. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Besonders wichtig finde ich – und das wird wahrscheinlich die längste Verhandlungszeit in Anspruch genommen haben –, dass man sich gemeinsam mit der AUVA durchgerun­gen hat – die Sozialpartner, vor allem jene der Arbeitnehmer, werden sich sicherlich be­sonders dafür eingesetzt haben –, dass ein Unfall nicht wie bisher als Freizeitunfall, sondern in dem Fall als ein Arbeitsunfall gewertet wird; es heißt jetzt Dienstunfall. Warum ist das so wichtig? – In erster Linie deshalb, weil ich unterschiedliche Entgeltansprüche habe. Es macht einen Unterschied, ob ich einen Freizeitunfall oder einen Arbeitsunfall erleide. Sollten Folgeerkrankungen entstehen, macht es später einen wesentlichen Un­terschied, ob ich aufgrund eines Arbeitsunfalles eine Folgeerkrankung oder womöglich eine chronische Erkrankung habe oder aufgrund eines Freizeitunfalles. Das war eine ganz wichtige Definition, und ich finde es echt super und richtig, dass es gelungen ist, diese Definition in dieses Gesetz hineinzunehmen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Wir sehen, Österreich ist ein Land, das sehr viele Dinge gut meint, wir merken aber auch, es gibt sehr viele Begrifflichkeiten. Das sieht man auch daran, dass es für die Änderung eines Punktes fast 17 Gesetze braucht, die diesbezüglich angepasst und geändert wer­den müssen.

Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, haben wir schon gehört, muss geändert werden. Es muss ein Arbeitsort als Arbeitsort definiert werden. Ich denke mir nur: Ich hoffe, dass es im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz auch irgendwie abgedeckt wird, wenn man zum Bei­spiel mit dem Laptop des Arbeitgebers spazieren geht. Das wollte ich nur einmal so nebenbei bemerkt haben, dass das vielleicht auch sehr wichtig wäre.

Man muss aber auch aufpassen – und da bin ich bei Frau Kollegin Schumann –, dass es dann nicht unter Umständen dazu kommt, vor allem in sehr streng geführten Be­trieben oder in Gemeinden, die aufgrund der Pandemie Schwierigkeiten mit den finan­ziellen, budgetären Mitteln haben, dass man dann irgendwann hergeht und sagt: Na brauchen wir jetzt überhaupt so viel externe Kinderbetreuung? Lässt sich das nicht viel­leicht eh ganz klass irgendwie anders machen?

Ich bin da ganz bei Ihnen (in Richtung Bundesrätin Schumann): Das ist eine ganz, ganz wichtige Sache. Das muss man wirklich ernsthaft beobachten, und man muss jetzt schon allen Frauen sagen: Bitte, wenn ihr das Empfinden habt, dass das in die falsche Richtung geht, schreit rechtzeitig auf und wehrt euch, damit es dann nicht ein geduldetes Recht wird. Österreich ist nämlich schon auch ein Land, in dem Dinge, wenn man sich nicht schnell genug wehrt, dann irgendwie Usus werden, und dann redet man nicht mehr darüber und dann pickt es einfach. Ich finde, da müssen wir alle wirklich darauf achten und darauf schauen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Es ist aber auch wieder einmal typisch Österreich: Wir machen jetzt ein Gesetz und man trennt trotzdem. Es gibt jetzt einmal das Homeofficepaket als Ganzes, aber – es wurde von der Kollegin schon erwähnt – bei der steuerrechtlichen Seite wird wieder ein Unter­schied gemacht: Bin ich jetzt im Homeoffice aufgrund der Pandemie oder ist es dann Homeoffice ohne Pandemie? Worum geht es mir? – Um das Pendlerpauschale. (Bun­desminister Kocher schüttelt den Kopf.) Das ist eine steuerliche Geschichte. Ich weiß, das ist nicht Ihr Aufgabengebiet (in Richtung Bundesminister Kocher), ich denke mir aber: Erstens einmal ist das von der Bearbeitung her – ich kann Ihnen das aus eigener Erfahrung sagen – mordskompliziert. Ist der Staat wirklich so arm, dass er jetzt den Men­schen, wenn sie ein paar Tage Homeoffice haben, das Pendlerpauschale wegnehmen muss? Also das verstehe ich momentan nicht. Seien Sie mir nicht bös! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Ich würde Sie bitten, dass Sie diesbezüglich vielleicht doch Herrn Finanzminister Blümel, sofern er dann überhaupt noch Finanzminister ist – aber es kann ja sein –, fragen, ob diese Regelung wirklich notwendig ist.

Wie gesagt, wir haben jetzt ein Gesetz für eine neue Form der Arbeitsausübung, und man macht auch Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmer. Deshalb finde ich es eigentlich sehr befremdlich, wenn sich dann gerade der österreichische Staat, wenn er Aufträge an Firmen verteilt, überhaupt nicht darum schert, wie dort die Arbeitsbedingungen sind, nicht nachfragt, nicht nachschaut, sondern es nur wichtig ist, dass die Freunde die richtigen sind und man unter Umständen sagen kann: Ich habe ein bissel Geld gespart. Genau so einen Fall gibt es jetzt bei uns in Österreich, und zwar geht es um die Hygiene Austria. Aus diesem Grund stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rolle des Arbeitsministeriums in der Causa ‚Hygiene Austria‘“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Bundesrat einen Bericht zuzu­leiten, der folgenden Inhalt umfassen soll:

o          Eine Aufstellung über sämtliche Überprüfungsschritte des Arbeitsinspektorats bei           der Firma ‚Hygiene Austria‘,

o          eine Dokumentation sämtlicher Kommunikationsvorgänge innerhalb des Bun­      desministeriums für Arbeit im Zusammenhang mit Überprüfungsschritte des Ar­ beitsinspektorats bei der Firma ‚Hygiene Austria‘, e

o          eine Dokumentation sämtlicher Kommunikationsvorgänge des Bundesminis­        teriums für Arbeit, insbesondere des Ministerbüros und des Generalsekretariats        mit dem Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit Überprüfungsschritte des        Arbeitsinspektorats bei der Firma ‚Hygiene Austria‘,

o          eine Dokumentation sämtlicher Kommunikationsvorgänge des Bundesministe­     riums für Arbeit, insbesondere des Ministerbüros und des Generalsekretariats mit der Firma ‚Hygiene Austria‘ im Zusammenhang mit Überprüfungsschritte des Ar­    beitsinspektorats bei der Firma ‚Hygiene Austria‘ und

o          eine Dokumentation sämtlicher Kommunikationsvorgänge des Bundesministe­     riums für Arbeit, insbesondere des Ministerbüros und des Generalsekretariats mit der Firma ‚Schütze Positionierung GmbH‘ im Zusammenhang mit Überprüfungs­          schritte des Arbeitsinspektorats bei der Firma ‚Hygiene Austria‘“

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Ich ersuche um Annahme. (Beifall bei der FPÖ sowie der BundesrätInnen Grimling, Schachner und Schumann.)

15.05

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rol­le des Arbeitsministeriums in der Causa ‚Hygiene Austria‘“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Bitte schön, Herr Bun­desrat.