17.07

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Doktor bin ich noch nicht, aber wer weiß! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe die­se Debatte jetzt sehr interessiert und gespannt verfolgt.

Ich finde das schon interessant – ich feiere dieses Jahr das 20-jährige Jubiläum, dass ich in der Politik bin, ich habe schon alle Regierungen erlebt, auf Wiener Ebene, auf Bundesebene –, wenn sich dann alle Parteien sozusagen vorspielen: Wir sind die Sauberen und ihr seid die Unsauberen. – Ich finde, das ist schon ein bisschen eine Ver­kennung der Situation und auch eine gewisse Unkultur, die sich in Österreich breitge­macht hat. (Bundesrat Steiner: Na mit euch in der Regierung!) – Ja, ich komme noch dazu, welche Maßnahmen man setzen kann. Ich glaube, das interessiert die Leute viel mehr, als wenn da gegenseitig mit Schlamm hin und hergeworfen wird. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Bin ja gespannt, ob ihr da Maßnahmen macht!)

Ich möchte vorab schon eines betonen: Für die Aufklärung von Korruption ist eine unab­hängige Justiz zuständig (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), für die politische Verantwortung ist ein Untersuchungsausschuss im Nationalrat zuständig, und wir hier im Bundesrat sind für Gesetze zuständig, die Transparenz schaffen, die Korruption ver­hindern, die Informationsfreiheit und dergleichen schaffen. Ich möchte mich – das halte ich für wichtig, da Menschen zuhören und zuschauen – schon viel mehr darauf kon­zentrieren, welche Maßnahmen man ergreifen kann.

Zu dieser politischen Kultur, die ich in Österreich kennengelernt habe: Da ich ja das 20-Jahres-Jubiläum feiere, erinnere ich mich zurück. Ich kam 2001 in die Politik. Damals wurde Wien noch von der SPÖ absolut regiert. Ich habe die Politik kennengelernt und kam in einen Ausschuss, und dort musste ich feststellen, dass es ganz normal ist, dass eine Ausschussvorsitzende, eine Gemeinderätin der SPÖ, einen Subventionsantrag ei­nes Vereins unterzeichnet, deren Präsidentin sie ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Grim­ling.) – Das war so.

Ich kann mich gut erinnern, ich war Mitglied des Kulturausschusses im Wiener Gemein­derat, es kamen Unternehmer und Unternehmerinnen das waren Plakatierer und Pla­katiererinnen zu mir, die zu mir gesagt haben: In Wien gibt es plötzlich von heute auf morgen eine neue Regelung, wir dürfen unser Gewerbe nicht mehr ausüben. – Da habe ich mir gedacht: Hm, was ist denn da passiert? – Dann habe ich mir das angeschaut: Die durften nicht mehr plakatieren, weil man einem Unternehmen das Monopol für Kul­turplakate gegeben hat. Der Betreiber dieses Unternehmens war ganz zufällig der Trau­zeuge eines sehr mächtigen Mannes in der Wiener SPÖ, und die waren wiederum Sub­unternehmer eines Großunternehmens, das früher ein ausgegliedertes Magistratsunter­nehmen war, dessen Chef ein Sozialdemokrat war.

Was ich damit nur sagen will: Das ist eine politische Unkultur. (Bundesrätin Grimling: Ja!) Es ist tatsächlich eine wichtige Debatte, und irgendwie ist immer verabsäumt wor­den, sie sauber und sachlich zu führen (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), weil immer geschrien und gerufen wird – so wie Sie es jetzt gerade tun, Frau Kollegin Grim­ling (Bundesrat Ofner: Ja, so wie ihr in Wien, oder?) –, weil sie nicht sachlich geführt wird.

Wissen Sie, das gefällt mir an den USA so gut. Da kommt ein neuer Präsident, und es ist völlig klar: Da sind Jobs in der Administration, das ist die Administration, und dort ist die Beamtenebene, das ist die unabhängige Ebene, das sind keine Politjobs. Das müs­sen wir erreichen, daran müssen wir noch viel mehr arbeiten.

Es gibt einfach in jeder Partei, in jeder Kommune die Situation: Wenn man den öffent­lichen Verkehr ausbauen will, hat man bei den öffentlichen Verkehrsmitteln jemanden sitzen, dem man vertraut. Das ist doch völlig normal.

Weil aber diese Debatte nicht geführt wird, nicht ganz genau gesagt wird: Da bestellen wir nach ganz transparenten Regeln!, weil das eben nicht gemacht wird, gibt es immer wieder diese Vorwürfe und diese Diskussionen. Wenn wir da heraus wollen, müssen wir dafür etwas tun. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist mir das Wichtigste. Wir haben immer Schritte gefordert, um genau das zu tun. Es passiert jetzt, und das ist mir wichtig zu sagen. Es ist jetzt in Begutachtung. (Bundesrat Spanring: Nichts passiert!) – Dann schauen Sie einmal auf die Website des Parlaments und schauen Sie sich den Be­gutachtungsentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz an! (Bundesrat Spanring: In Wahr­heit sind die Grünen die ...! Die Schwarzen waren eh immer schon die Schwarzen!)

Dieses Informationsfreiheitsgesetz gilt im Übrigen auch für alle vom Rechnungshof zu prüfenden Unternehmen, auch für die Öbag. Dieses Informationsfreiheitsgesetz hat die­se Regierung erarbeitet (Bundesrätin Schumann: Ja, ja!), und es bedeutet die Ab­schaffung des Amtsgeheimnisses. Ja, SPÖ, das habt ihr nie geschafft, als ihr in der Regierung wart, das wissen wir. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Es bedeutet die Schaf­fung eines Grundrechts auf Zugang zu Information, es bedeutet: Informationen von all­gemeinem Interesse sind für jedermann zugänglich. (Zwischenruf der Bundesrätin Schu­mann.) Es bedeutet die Schaffung eines zentralen Informationsregisters.

Wir haben ein ganzes Kapitel zum Thema Open Data ausgearbeitet. Das hat es jahre­lang nicht gegeben. Immer wieder wurde es gefordert, doch niemand hat es umgesetzt. Wir machen das (Bundesrätin Schumann: Ja ...!), und das ist das, was wir als gesetz­gebende Körperschaft machen können. Wie schaffen wir Rahmenbedingungen, um größtmögliche Transparenz zu erreichen? Größtmögliche Transparenz ist immer noch das beste Mittel für eine Demokratie. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Dass wir das geschafft haben, Herr Kollege Steiner, hat schon auch seinen historischen Hintergrund. Ich meine, wir Grüne sind gerade erst in den Nationalrat zurückgekehrt, im Bundesrat waren wir ja zum Glück noch länger, und die wirklich hässliche Fratze der Korruption sahen wir in einem Video aus Ibiza. (Widerspruch bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring: Geh bitte!) – Ja, ich wusste schon, dass ihr euch jetzt aufpudelt. Diese häss­liche Fratze, die da zu sehen war, motiviert mich umso mehr, hier zu stehen und eine Regierung zu verteidigen, die zum allerersten Mal einen Bundesstaatsanwalt schafft, eine unabhängige Justiz verteidigt und ein Informationsfreiheitsgesetz schafft. Keine ein­zige Regierung hat das vorher geschafft.

Das kann ich den Leuten versprechen, die jetzt zuschauen: Das, meine Damen und Herren, ist Korruptionsbekämpfung, nicht das gegenseitige Madigmachen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Und die ÖVP klatscht noch! Die hässlichste Fratze sind die Grünen da herinnen! – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

17.14

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.