14.16

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause via Livestream! Zu den genannten Tagesordnungspunkten kann vonseiten der Sozialdemo­kraten festgehalten werden: Inhalt der Einigung sind die gleichen Zutrittsrechte für Geimpfte, Getestete und Genesene. Uns erscheint es sinnvoll, dass geimpfte Menschen gleich behandelt werden wie Menschen, die getestet sind oder die Krankheit bereits überstanden haben. Wir Sozialdemokraten sind natürlich gerne bereit, der Regierung aus der Patsche zu helfen, weil es nicht sein soll, dass sich bereits geimpfte Menschen in Teststraßen anstellen müssen und dort die notwendigen Ressourcen unnötig blockie­ren.

Es ist aber auch festzuhalten, dass es heute in keinster Weise um den grünen Pass geht. Es wurde zwar in den Medien laufend berichtet, die SPÖ stimme heute dem grünen Pass zu, das entspricht jedoch in keinster Art und Weise der Realität. Bis zu dieser Beschluss­fassung sind noch viele Hausaufgaben zu erfüllen, das wird für die Gesetzgebung noch eine große Herausforderung. Jetzt ist die Bundesregierung in der Verantwortung, so schnell wie möglich die Grundlagen dafür zu schaffen, dass es eine bundesweit einheitliche Lösung für die Test- und Nachweisdokumentation gibt und diese auch ordentlich und praktikabel funktioniert.

Es soll die Grundlage dafür geschaffen werden, dass Reisen und unser tägliches Leben miteinander leichter möglich werden. Notwendig wird es auch sein, dass es eine kluge europaweite Lösung gibt, die kostenfrei und leicht zugänglich ist und für die Bürgerinnen und Bürger sowohl in digitaler Form als auch in Papierform zur Verfügung steht. Die Praxis hat in den letzten Monaten gezeigt, dass viele Menschen mit einer rein digitalen Lösung komplett überfordert waren. Nicht nur die ältere Generation, auch andere Bevöl­kerungsteile sind vom digitalen Zeitalter noch weit entfernt, und diese dürfen wir da nicht alleine lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gut ist auch, dass die Voraussetzungen für notwendige Berufsgruppentestungen für die ArbeitnehmerInnen geschaffen wurden, um diese besser schützen zu können. Daher werden wir dieser Verordnung die Zustimmung erteilen.

Neben den geplanten Öffnungsschritten ist mir ein Punkt besonders aufgefallen. Laut Bundesministerin Köstinger soll es nun zukünftig auch Kindern möglich sein, mittels negativen Schultests ein Gasthaus zu besuchen. Alles recht und schön, aber da habe ich ein großes Problem, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Wenn es um die Gast­wirtschaft geht, ist auf einmal vieles möglich, aber als es darum gegangen ist, dass die Schultests für die sportlichen Tätigkeiten der Kinder am Nachmittag in Vereinen aner­kannt worden wären, war das ein Ding der Unmöglichkeit. Gasthäuser sind erlaubt, Sportstätten nicht. – Das kann nicht sein! (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Diese Doppelmoral muss man uns einmal erklären. Apropos Kinder und Jugendliche – sie wurden heute ja schon mehrfach angesprochen –: Vergessen wir bitte unsere Kleinkinder nicht! Auch für sie gilt in Zukunft das bekannte Motto: testen, testen, testen. Die aktuellen Zahlen sprechen für sich: Die positiven Bestätigungen für die Altersgruppe null bis fünf steigen rapide an – auch nachweislich in der Modellregion Vorarlberg. Schaffen Sie so rasch wie möglich auch Testungen für diese Altersgruppe mittels Spuck- oder Lollipoptests in den Kinderbetreuungseinrichtungen! Es kann nicht sein, dass die Gemeinden diesbezüglich wieder selbst die Initiative ergreifen müssen, wie zum Beispiel die Gemeinde Traiskirchen auf Initiative von Bürgermeister Babler, die dieses Modell schon sehr erfolgreich praktiziert und somit auch die Infektionszahlen hintanhalten kann.

Es tun sich dabei noch viele Fragen auf: Wen interessieren die Covid-Langzeitfolgen bei Kindern und Jugendlichen? Wie sieht es mit der Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen aus, mit Schutzmaßnahmen und den Langzeitfolgen aufgrund der Covid-Maßnahmen? Seit mehr als einem Jahr tragen Kinder und Jugendliche diese Maß­nahmen mit. Sie werden in ihrem Lebensalltag massiv eingeschränkt, werden auch noch als verlorene Generation – lost generation – sowie als Gefährderinnen und Gefährder der älteren Generation bezeichnet und vieles mehr.

Doch was unternimmt diese Bundesregierung zum Schutz dieser Kinder und Jugend­lichen? Aus welcher Perspektive betrachtet die Bundesregierung Kinder und Jugend­liche? Wie nimmt sie Kinder und Jugendliche eigentlich wahr – ihre Bedürfnisse, ihre Empfindungen, ihre Erfahrungen, ihre Lebensrealitäten? Hört mensch aktuell Kindern oder Jugendlichen zu?

Spricht man mit ihnen, lässt sich die zentrale Aussage so zusammenfassen: Wir werden nicht als Kinder oder Jugendliche wahrgenommen, sondern wir kommen zuerst nur als Schülerinnen oder Schüler vor. Das Einzige, worum es für uns jetzt geht, ist, dass wir ab Mitte Mai wieder in die Schule gehen können und mit Tests und Schularbeiten überhäuft werden. Niemand fragt uns. Ist die Schule unser einziger Lebensinhalt? Noch dazu bedeutet die Schulöffnung nun, gemeinsam mit allen SchulkollegInnen auf engstem Raum im Unterricht durchgehend Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Masken zu tragen – manche 4 Stunden, manche 8 Stunden am Tag.

In einem Jahr Pandemie war es nicht möglich, etwa Klassenräume mit geeigneten Luftreinigungsgeräten auszustatten, obwohl mittlerweile nachgewiesen ist, dass damit 374 Infektionen in Kindergärten oder Schulen hätten verhindert werden können. Da wären die 210 Millionen Euro, die von der Bundesregierung für PR-Maßnahmen verwen­det wurden, besser investiert gewesen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Ofner und Spanring.)

Nun kehren die Kinder und Jugendlichen Mitte Mai wieder bewusst völlig schutzlos in die Klassenräume zurück, obwohl bekannt ist, dass das Infektionsgeschehen bei ihnen am höchsten ist und sie nicht durch Impfungen geschützt werden. Freizeit und Ausgleich sind für sie jedoch mit massiven Auflagen verbunden oder gar untersagt. Chronische Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen – um nur einige zu nennen – sind die Nebenaspekte dieser Maßnahmen.

Wie werden Jugendliche, welche an Long Covid leiden, unterstützt oder entlastet? Wie sieht die Forschungslage dazu aus? Gibt es Handlungsempfehlungen für Ärztinnen und Ärzte, Pädagogen und Fachkräfte im Kontext von Jugendlichen, Kindern und Familie? Gibt es Behandlungszugänge und die Berücksichtigung bei Leistungsnachweisen? Oder sind solche Maßnahmen geplant?

Sie sehen, Herr Bundesminister, es besteht auch da massiver Handlungsbedarf. Ich bitte Sie: Lassen Sie unsere Kinder und Jugendlichen nicht im Stich! Sie haben ja bereits bei Ihrer Antrittsrede darauf hingewiesen, als Vater von zwei Töchtern sehr viel Verständnis für diese Situation aufzubringen. Wir hoffen da auf Ihre Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24

Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächster Redner ist Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.